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Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen
Autoren: Burkhard Rüth
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geschafft!
    ***
     
    Augsburg
     
    Eine ausgeprägte Südwestströmung führte seit Tagen schwüle Hitze heran, die das alltägliche Leben zum Stillstand zu bringen schien. Selten war es mitten in der Stadt so ruhig. In der obersten Etage staute sich die Hitze wie in einem Treibhaus.
    Hier hatte sich Arthur Achatz eine komfortable Drei-Zimmer-Wohnung gemietet. Ruhelos lief er in seiner Wohnhalle umher. Zu viele düstere Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Mittlerweile hatte er keine Zweifel mehr daran, dass er ungewollt in kriminelle Machenschaften verwickelt worden war, die außer ihm scheinbar niemandem aufgefallen waren. Und wenn er mit seinen Vermutungen richtiglag, welche Lawine hatte er dann mit seinen Recherchen und seinem letzten Telefonat mit Sabrina losgetreten? Was würde das für ihn persönlich bedeuten, für seine Allianz mit der SSP?
    Achatz klebte das Hemd schweißnass am Körper, und sein Blick wanderte über die großen Fensterflächen, ohne dass er etwas wahrnahm. Normalerweise genoss er den herrlichen Ausblick auf die Altstadt, über den Rathausplatz mit seinen Cafés und dem Augustusbrunnen und weiter zum Perlachturm und dem beeindruckenden Renaissancebau des Rathauses. An heißen Tagen wie diesem saß er manchmal auf seinem Balkon, trank einen Weißwein und sinnierte darüber, wie sehr sich sein Leben in den letzen Jahren verändert hatte.
    Doch gerade hatte er weder Sinn für die urbanen Schönheiten der Altstadt noch für schicksalhafte Entwicklungen. Stattdessen zweifelte er an sich selbst. War das Ganze vielleicht doch bloß ein Hirngespinst, eine Ausgeburt seiner Phantasie? Ein Teil von ihm konnte gar nicht glauben, dass im beschaulichen Südtirol tatsächlich so ein Verbrechen möglich war. Aber wenn er ehrlich zu sich selbst war, konnte er die Hinweise darauf nicht übersehen.
    Getrieben von Neugier und seinem konsequenten Gerechtigkeitssinn hatte Achatz vor einiger Zeit begonnen, eigene Ermittlungen anzustellen. Und deren Ergebnisse deuteten darauf hin, dass ihm seine Phantasie keineswegs einen Streich spielte. Sein Spürsinn und seine Fähigkeit, Bilanzen zu lesen, täuschten ihn nicht.
    Er war achtundfünfzig Jahre alt und seit mehr als dreißig Jahren im Beratungsgeschäft. Lange Zeit war er Partner bei der KOMPAG gewesen, einem der führenden international agierenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen mit vierundzwanzig Standorten allein in Deutschland. Achatz war stolz darauf, es in diesem hart umkämpften Umfeld so weit gebracht zu haben, aber ungeachtet seines Erfolges hatte er nach einem Herzinfarkt vor fünf Jahren der KOMPAG den Rücken gekehrt.
    Ständig war er unterwegs gewesen und von einem Mandanten zum nächsten gereist. Sein Zuhause waren Flughäfen, Hotels und Besprechungsräume. Seine Ernährung? Das typische Nebenbei-Essen eines Managers, Kekse, Sandwiches mit extra viel Mayonnaise, dazu immer wieder ein Geschäftsdinner. Eine Beleidigung für seinen fürsorglichen Hausarzt. Zudem war er von jeher fast krankhaft ehrgeizig, gönnte sich kaum je einen Moment des Innehaltens. Nach dem Unfalltod seiner Frau Maria und seines Sohnes Johannes auf der regennassen A 8 am Irschenberg im November 2001 hatte er sich nur noch tiefer in seine Unternehmenspläne vergraben, zuletzt hatte er gar nichts anderes mehr gekannt als die KOMPAG.
    Als er seine Partnerschaft aufgab und sich selbstständig machte, wusste er eigentlich gar nicht, wie er zurechtkommen sollte. Bereits der erste Anruf bei einem seiner früheren Kunden, der Holzküferei Küfex GmbH, brachte ihm jedoch einen lukrativen Auftrag. Die Küfex wollte sich in Südtirol niederlassen, wo sie bereits ein lokales Beratungsunternehmen aus Bozen beauftragt hatte, die SSP – South Tyrol Strategy Partner. Sie war froh, zusätzlich auf einen vertrauten Berater zurückgreifen zu können, und das war sein Glück. Inzwischen waren die SSP und er ein in Südtirol etabliertes Team, das ausländischen Unternehmen half, in der nördlichsten Provinz Italiens Fuß zu fassen. Und die Kunden kamen schon längst von alleine.
    Achatz’ Zusammenarbeit mit den einzelnen Beratern der SSP funktionierte reibungslos, auch wenn er nicht für jeden dieselben Sympathien empfand. Dieser Franz Junghans! Was für ein selbstverliebter, oberflächlicher Schönling, kam sich vor wie Terence Hill. Äußerlich bestand sogar eine gewisse Ähnlichkeit. Immerhin war er ein kompetenter Berater, den die Kunden akzeptierten, und er hatte einen
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