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Das Midas-Kartell

Das Midas-Kartell

Titel: Das Midas-Kartell
Autoren: Simon Mockler
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und er könnte hier endlich weg. Ein Stoß in den Rücken, und er fiel mit den Knien in den Schlamm.
    Â»Antworte. Wie heißt er?«
    Daniel bekam kein Wort heraus. Stattdessen stand er mit bebenden Schultern langsam auf. Auf seiner Pyjamahose wuchs ein dunkler Fleck, und um seine Füße bildete sich eine kleine Pfütze.
    Durch die Menge ging Bewegung. Ein großer Junge bahnte sich einen Weg hindurch nach vorn. Markus Cartright hatte genug gesehen. Normalerweise nahm er an diesen kindischen Ritualen nicht teil, und jetzt wusste er auch wieder, warum. » Verdammt noch mal« , murmelte er und packte das Plüschtier, um es dem Kleinen zurückzugeben.
    Â»Das reicht«, sagte er laut.
    In der eintretenden Stille sah Daniel den Jungen an, der eingegriffen hatte. Jeder in der Schule wusste, wer er war. Daniel hatte seine Klassenkameraden über ihn reden hören und wusste: Cartright ist einer, der immer Ärger macht; er besäuft sich im Pub und zettelt Prügeleien an. Sein Vater ist irgendeine Art von Gangster. Dass der noch nicht im Knast sitzt, liegt einzig und allein daran, dass er die Polizei besticht .
    Â»Alles klar bei dir?«, erkundigte sich Markus an Daniel gewandt. Daniel nickte. Markus’ Augen schimmerten sonderbar grünlich.
    Â»Das hättest du nicht tun dürfen, Cartright.« Die drei Churchills traten näher.
    Â»Du weißt doch, welche Strafe …« Ehe Churchill eins den Satz beenden konnte, hatte Markus ihm die Maske vom Gesicht gerissen, ihn an den Haaren gepackt und ihm seine Zigarette auf der Wange ausgedrückt. Ein scharfer Schrei erfüllte die Luft. Markus verdrehte dem Jungen den Arm hinter dem Rücken und stieß ihn mit dem Kopf voran in das tiefe Ende des Pools, wo er mit einem dumpfen Schlag aufkam und erstickt aufschluchzte. Die beiden anderen wichen zurück und zogen ihre Masken ab. »Komm schon, Markus«, versuchten sie, ihn zu beschwichtigen, »das ist doch nur ein Spiel. Wir machen das jedes Jahr.« Rasche, gezielte Hiebe in Gesicht und Nieren folgten, dann lagen beide am Boden. Mit seltsam konzentrierter Miene trat Markus zu, immer und immer wieder.
    Daniel wollte wegsehen, konnte aber nicht. Es bereitete ihm beinahe selbst ein schlechtes Gewissen, wie Markus die beiden attackierte. Irgendwann drehte sich sein Retter zu ihm um und hielt mitten im Treten inne, als er Daniels Blick auffing. Mit einem tiefen Atemzug stemmte er die Hände in die Hüften.
    Â»Ach, was soll’s? Ist sowieso Kraftverschwendung«, sagte er und spuckte auf den Boden. Dann bückte er sich und hob das zerrissene Comic-Heft auf, wischte es ab und reichte es Daniel. Auf dem durchnässten Cover kämpfte Superman gegen Lex Luthor. Ob Markus zu den Guten oder zu den Bösen gehörte, war schwer zu sagen. Es konnte durchaus sein, dass er sich nur eingemischt hatte, weil er sich prügeln wollte.
    Â»Wenn du wieder mal in Schwierigkeiten steckst, kommst du gleich zu mir, okay?«, sagte Markus im Vorbeigehen.
    Daniel Wiseman nickte, den Blick auf die beiden Jungen am Boden gerichtet. Es sollten achtzehn Jahre vergehen, bevor er auf das Angebot zurückkam.

1
    Guatemala City
Juli 2005
    Die Straßenlaternen flackerten, während mitsamt der tief stehenden Sonne das letzte Tageslicht aus der Stadt verschwand. Die Glockentürme des alten Kolonialviertels hoben sich gegen das Porzellanblau des Himmels ab, ein Blau, wie man es nur in Städten hoch über dem Meeresspiegel zu sehen bekam. Danny Wiseman wandte den Blick vom Schlafzimmerfenster ab und betrachtete sich in dem verschmierten Spiegel über der Spüle. Sein dreißigster Geburtstag. Allein, hier in dieser Stadt. Er schüttelte den Kopf. Es fühlte sich mehr wie der fünfzigste an. Ausgemergelte Züge mit grauen Tränensäcken unter geröteten Augen blickten ihm entgegen. Schwere, müde Glieder. Den Babyspeck, der ihn durch seine Schulzeit begleitet hatte, hatte er mit nächtlichen Überstunden und durch frühmorgendliches Training im Fitnessstudio längst weggearbeitet. Außerdem hatte ihm seine Karriere wenig Zeit für gemütliche Restaurantbesuche gelassen.
    Er kehrte zum Schreibtisch zurück und schob sich auf dem glatten Deckel der Gideon-Bibel eine Kokain-Line zurecht, die dritte an diesem Abend. Den Kopf über dem Buch sog er das weiße Pulver durch eine zusammengerollte Fünfzigdollarnote ein. Ein Stich, gefolgt von
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