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Das Meer in Gold und Grau

Das Meer in Gold und Grau

Titel: Das Meer in Gold und Grau
Autoren: Veronika Peters
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durchgekämpft hatte, war Ruth nicht mehr da.
    Manu und Klaus-Dieter machten noch gut eine halbe Stunde weiter, bis nach drei umjubelten Zugaben das Buffet in den unteren Räumen eröffnet wurde und die Massen sich Richtung Kajüte bewegten. Das Palau platzte aus allen Nähten, die Kasse konnte die Scheine kaum fassen, und Manu setzte dem Ganzen die Krone auf, als sie um Mitternacht noch mal ans Klavier trat, um, wie sie ausrief, »die heitere Muse auch noch zu bemühen«.
    Manu gab alles, und Sergej sagte: »Macht sie Liebe mit Klavier.«
    Die Tante blieb verschwunden.
    Â»Hast du Ruth gesehen?«, fragte ich zwischendurch Elisabeth, deren Wangen glühten.
    Â»Keine Ahnung. Wahrscheinlich in der Küche«, antwortete Elisabeth und versicherte strahlend, sie werde morgen garantiert einen Rollstuhl brauchen, weil ihre Füßen demnächst explodieren würden.

    Â»Mach mal eine Pause!«
    Â»Mach selber Pause!«
    In der Küche waren nur Ania und Olga, die mich mit russischen Flüchen hinausscheuchte.
    Ruth tauchte erst am nächsten Morgen wieder auf. Saß wie gewöhnlich beim Frühstück und gratulierte kurz angebunden zu dem gelungenen Abend, bevor sie sich wieder ihrer Zeitungslektüre zuwandte. Irritiert starrte Manu auf die Titelseite des Tagblatts, hinter dem die Tante sich verschanzt hatte, und schüttelte ungehalten den Kopf, als ich ihr zuflüsterte: »Lass sie einfach.«
    Dass ich keine Zeit hatte, um eine Strandwanderung mit ihr zu machen, sie stattdessen lesend in ihrem Zimmer saß, während ich mit den anderen das Palau aufräumte, schien Manu nicht allzu viel auszumachen. Erst als sie eine Runde durchs Haus machte, um nach mir zu sehen, und mitbekam, wie die Tante einen ihrer Ausfälle wegen irgendeiner Lappalie hatte, regte Manu sich auf.
    Â»Wie redet sie mit dir?«
    Â»Sie ist alt, und sie meint es nicht so.«
    Â»Selbst wenn sie hundert wäre, sie kann höflich sein!«
    Â»Ist sie, auf ihre Art. Lern sie kennen, du wirst sie mögen.«
    Â»Lieber nicht.«
    Â»Du hast sie gestern zum Weinen gebracht.«
    Â»Was hab ich?«
    Â»Mit dem ersten Liederzyklus.«
    Â»Oh!«
    Manu musste am Dienstagabend bereits wieder auf der Bühne stehen und verabschiedete sich mit dem Versprechen, spätestens im Frühling wiederzukommen, mit einem neuen kleinen Liederprogramm.

    Â»Vergessen Sie nicht, Ihre Gastwoche zu buchen!«, sagte Elisabeth, und Manu antwortete: »Bestimmt nicht.«
    Ich brachte sie zum Zug und war im Nachhinein heilfroh, dass sie nicht mehr mitbekam, wie ich bei meiner Rückkehr den Artikel aus den Lübecker Nachrichten, die ich am Bahnhofskiosk besorgt hatte, vorlas:
    NEUER WIND IM ALTEN PALAU.
    Am ersten Adventssonntag konnten sich zahlreiche Besucherinnen und Besucher an einer Kunstdarbietung der besonderen Art erfreuen: Manuela van Haiden, Solistin der Staatsoper Hamburg, gab im restlos ausverkauften Saal des »Strandhotel Palau« eine Kostprobe ihrer Sangeskunst. Zwei junge kreative Köpfe haben dies möglich gemacht, die im alten Gasthof zwischen Liefgaard und Halsung ein kleines, exklusives Kunst- und Literaturfestival ins Leben gerufen haben, das uns auf weitere kulturelle Höhepunkte hoffen lassen kann. »Wir werden in Zukunft regelmäßig Künstler und Künstlerinnen einladen«, sagte die Organisatorin des Festivals, Katia Werner, der Redaktion, »auf dass das alte Palau mit neuem Leben gefüllt werde!« Ein Vorhaben, dem man nur dauerhaften Erfolg wünschen kann!
    Â»Haha«, sagte ich, als ich den Artikel zu Ende gelesen hatte, »sie haben uns zu jungen Kreativen gemacht!«
    Dann spürte ich das Schweigen, sah Elisabeths Gesicht aus den Fugen geraten und hörte auf zu lachen.
    Â»Du hast allein mit einem Journalisten gesprochen?«, fragte Ruth.
    Â»Da war eine Frau mit Block in der Hand, sie hat gefragt, ob
sie mir ein paar Fragen stellen darf. Wir wollten doch die Presse mit im Boot haben, was ist jetzt falsch daran?«
    Â»Du hättest uns wenigstens vorstellen können«, sagte Ruth.
    Â»Entschuldige, ich habe in der Aufregung des Abends nicht daran gedacht.«
    Â»Nicht daran gedacht?«, fuhr Elisabeth auf. »Du reißt hier alles an dich, lässt dich in der Zeitung als Alleinorganisatorin und Retterin feiern und denkst nicht einmal daran, zu erwähnen, dass es nicht dein muffiges altes Hotel ist, durch das
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