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Das Meer in deinen Augen

Das Meer in deinen Augen

Titel: Das Meer in deinen Augen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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an.
    »Das war Luka auch«, unterbrach ihn Finn schnell und hob warnend den Zeigefinger, um ihm anzuzeigen, dass er besser keinen Schritt näher kommen sollte, wenn er sich nicht erneut mit ihm anlegen wollte.
    »Es war ein verdammter Fehler, Finn. Versteh das doch«, flehte Benjamin ihn an.
    Ein verdammter Fehler. Sein Schrei war verhallt, aber vergessen konnte sie ihn nicht. War es das? Ein Fehler? Spätestens jetzt fühlte sie sich dreckig. Das wilde Haar fiel ihr in Strähnen ins Gesicht. Natürlich war es falsch gewesen – jetzt, da sie wieder bei klarem Verstand war. Seine Worte aber verletzten sie, stachen genau ins Herz und schnürten alles zu. Sie rannte einfach los, rannte an ihm vorbei und den Weg runter zur Straße. »Emma, komm zurück.« Sein Ruf hallte durch den Wald. »Emma! Emma!«
    Sie hörte ihn hinter sich näher kommen. Inzwischen ging sie nur noch. Als sie seinen Atem spürte, drehte sie sich um. »Was?«, schrie sie ihm entgegen. Es platzte einfach aus ihr heraus. Ihr Gesicht zeigte den Schmerz, den sie dabei fühlte. »Was willst du denn noch von mir?« Er zog sie an sich. Nur zaghaft wehrte sie sich, dann ergab sie sich in seine Umarmung, ließ sich festhalten und klammerte sich an ihn.
    »Warum haben wir das gemacht?«, brachte sie hervor, als ihr Herzschlag sich wieder beruhigte.
    »Keine Ahnung. Es ist einfach passiert.«
    »Fahren wir jetzt zurück?«
    »Ich kehre nicht um.«
    »Okay«, flüsterte sie nur und traute sich wieder, ihm in die Augen zu schauen. »Ich bin dabei.«
    Benjamin nickte. »Dann müssen wir jetzt nur noch Finn überreden.«
    Sie stapften langsam durch das hohe Gras am Straßenrand Richtung Waldweg. Beide hatten sie es nicht eilig. Eine Frage blieb. »Was ist das zwischen uns?«, wagte sie, es schließlich auszusprechen. Benjamin blieb stehen und sah sie an.
    »Ich weiß nur eins. Ich hätte es lieber nüchtern getan.« Dann wandte er sich wieder um und ging vor ihr her.
    »Ich auch«, sagte sie leise, doch gerade laut genug. Noch einmal schaute er sie an und nickte diesmal nur.
    »Lass uns mit Finn reden.« In der Ferne donnerte es. Ein metallisches Krachen. Benjamin wusste, dass es nichts anderes als das Auto sein konnte.
    Als sie den Weg hinaufgegangen waren, sahen sie Finn auf einem Stapel Baumstämme sitzen. Das Gesicht hatte er in seinen Händen vergraben. Nie hatte Benjamin ihn weinen gesehen. Doch jetzt, da es passierte, überraschte es ihn nicht. Er kletterte zu ihm hoch und setzte sich neben ihn.
    »Ich war’s doch.« Finns Stimme zitterte. »Ich hab ihm gesagt, dass er springen soll.«
    »Keiner von uns ist ganz unschuldig.« Benjamin atmete tief ein. Die frische Luft roch nach Nadeln und frischem Holz. Seine Hand lag auf Finns Schulter. So hatten sie damals auch auf dem Klassenfoto in der Fünften posiert. Arm in Arm strahlten sie mit breiter Brust in die Kamera. Diesmal hingen ihre Köpfe. »Tut mir leid wegen meiner Aktion gerade …«, fing Finn an. »Du hast mich oft genug rausgehauen. Hab mich nie bedankt für die Sache beim Fußball. Da hätte ich draufgehen können.«
    »Jetzt übertreib mal nicht.«
    »Ich hab mich gerade ein bisschen abreagiert. Sorry.« Erst jetzt deutete Finn mit einem Nicken zum Auto. Benjamin war es noch gar nicht aufgefallen. Der große Ast, über den er fast gestolpert wäre, lag neben dem BMW . In der Kühlerhaube war eine riesige Beule. Die elegante Karosserie zerschlagen, die perfekten Linien eingedellt. Finn schüttelte den Kopf. »Scheiße, Mann, dein Vater wird uns umbringen.«
    »Vielleicht können wir das über die Versicherung laufen lassen«, entgegnete Benjamin achselzuckend und klopfte seinem Freund auf die Schulter. »Solange der Motor noch läuft.«
    Sie setzten sich wieder auf die Baumstämme und schwiegen eine Weile. Im Wald hämmerte ein Specht. »Warum nehmen wir Luka nicht einfach mit? Natürlich nur in Gedanken. Das hätte er gewollt. Luka war doch immer bei jedem Scheiß dabei. Und auf dieser Fahrt jetzt auch, egal wo sie hinführt«, fing Benjamin irgendwann an. »Okay«, stimmte Finn zu und musste sogleich lachen. »Weißt du noch, wie wir letzten Sommer mit ihm ins Schwimmbad eingestiegen sind? Er hat uns erst noch davon abhalten wollen, aber am End e war er der Erste, der es über den Zaun geschafft hat.«
    Benjamin nickte und bemerkte jetzt auch eine Träne auf seiner Wange. Egal. »Er hat mich noch festgehalten, als wir über diesen verdammten Stacheldraht gestiegen sind. Ohne ihn hätte ich
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