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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman
Autoren: Diana Gabaldon
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ihrem Tonfall ruhiger Verachtung. »Wie war denn Bob Gerald?«
    George zuckte mit den Achseln, doch sein Mund zitterte nervös.
    »Er war ein hübscher Kerl. Ich dachte, er wäre vielleicht auch so … Aber ich habe mich geirrt. Er teilte… die Neigung nicht.« Unwillkürlich spürte Grey einen Stich des Bedauerns - und ein vorübergehendes Gefühl der Erleichterung.
    Er erinnerte sich an die Worte, die Gerald zu Quarry gesagt hatte: »Eine Einladung, die ich nicht anzunehmen wünschte.« Aber das betraf Bubb-Dodington; es musste eine Einladung gewesen sein, wie er selbst sie erhalten hatte - die Einladung, die ihn hierher geführt hatte. Doch was Gerald später zu ihm gesagt hatte - »Vielleicht irre ich mich - ich brauche Hilfe.«
    Der Grund für diese Bitte waren George Everetts Avancen gewesen, dessen war er sich ganz sicher. Gerald war jung gewesen - so jung! dachte er, und die Erinnerung an diese angsterfüllten, sterbenden Augen versetzte ihm einen Stich. Unerfahren, wenn auch nicht naiv. George war keines von beidem, wie er sehr wohl wusste.

    Gerald musste gezögert haben, Everett zu bezichtigen, da er sich unsicher war, der Bestätigung bedurfte, dass das, was seiner Meinung nach geschehen war, tatsächlich das war, was er vermutete. Welcher Impuls, fragte er sich, welche Laune seiner Wahrnehmung hatte Gerald bewogen, sich Hilfe suchend an ihn zu wenden?
    »Bist du es gewesen, der ihn umgebracht hat?«, fragte er. »Und doch war es Dashwoods Name, den er im Sterben ausgesprochen hat, nicht deiner.«
    Everett atmete mit einem kurzen, reumütigen Lachen aus. »Nein, er kannte meinen Namen nicht, aber wir sind uns hier in Medmenham begegnet. Eine von Dashwoods politischen Versammlungen. Es hätte keine Rolle gespielt, hätten sie ihn nicht später als neues Mitglied ausgewählt. Aber sie haben es nun einmal getan, und Bubb-Dodington hat ihn ein zweites Mal eingeladen - so wie du eingeladen worden bist. Wäre er zurückgekehrt, und hätte er mich hier gesehen…«
    »Er wäre nicht gekommen. Er hatte die Einladung abgelehnt.« George kniff die Augen zusammen, als er diese Aussage auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfte; dann zuckte er mit den Achseln.
    »Wenn ich das gewusst hätte, hätte er vielleicht nicht sterben müssen. Und wenn er nicht gestorben wäre, wärst auch du nicht ausgewählt worden - oder nicht gekommen? Nein. Tja, ich nehme an, auch das ist Ironie. Egal unter welchen Umständen - ich glaube, ich hätte ihn auf jeden Fall umgebracht. Er hätte mich anderswo sehen können, meinen Namen erfahren können - nein, es war zu gefährlich.« Er ließ den Kopf ein wenig nach vorn fallen und fixierte das Messer mit dem Blick.

    Auch Grey hatte ein wachsames Auge auf das Messer gehabt. Er setzte sich unauffällig in Bewegung mit dem Ziel, eine Ecke des Tisches zwischen sich und Everett zu bekommen.
    »Und die Flugblätter? War das dein Werk?« Er könnte, dachte er, den Tisch ergreifen und ihn Everett zwischen die Beine schleudern. Unbewaffnet waren sie beide gleich stark.
    »Nein, Whiteheads. Schließlich ist er der Dichter.« George lächelte und trat zurück, außer Reichweite. Sie kannten einander sehr gut, er und George.
    »Sie dachten, sie könnten vielleicht Geralds Tod ausnutzen, um Sir Richard in Verlegenheit zu bringen - und sie wählten diese Methode, Gerald in Verruf zu bringen, ohne etwas über seinen Mörder oder das Motiv für seinen Tod zu wissen. Die größte Ironie überhaupt, nicht wahr?«
    George hatte den Krug außer Reichweite geschoben. Grey stand halb nackt da, ein Glas Wein die einzige Waffe, die ihm zur Verfügung stand. Das Blut hämmerte in seinen Ohren, sein Puls klopfte dort, wo seine Finger den Stiel umklammerten. Er dachte an Quarry, der jetzt bestimmt glücklich im Wirtshaus in seinem Bett schlief, und er hörte das Echo seiner Stimme, seines gewieften Urteilsvermögens. Haltet einen Mann niemals für hilflos, nur weil er in Eisen liegt. Tja, auch bloße Kühnheit war eine Art Waffe.
    »Also gedenkst du jetzt, mich zum Schweigen zu bringen, indem du behauptest, ich hätte diese arme, junge Frau ermordet?«, wollte Grey wissen und wies mit einem Ruck seines Kopfes auf die reglose Gestalt auf dem Bett. »Was ist überhaupt mit ihr passiert?«

    »Ein Unfall«, sagte Everett uninteressiert. »Die Frauen bekommen eine Droge, bevor man sie hierher bringt; sie muss sich im Schlaf übergeben haben und erstickt sein. Aber Erpressung? Nein … Irgendwie habe ich das Gefühl, dass
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