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Das Maya-Ritual

Das Maya-Ritual

Titel: Das Maya-Ritual
Autoren: Patrick Dunne
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extra langen Saugschläuchen, wie auf dem Foto. Aber dafür hätten sie eine Sondergenehmigung gebraucht, was eine Woche dauern würde, und wahrscheinlich hätten wir sie sowieso nicht gekriegt. Könnte ja irgendwelche Fundgegenstände beschädigen.«
    »Ich dachte, da sind nicht mehr viele übrig, die man beschädigen könnte.«
    »Die Jungs, die damals diese Grabung gemacht haben…«, er wies mit seinem Taco auf die Fotografie, bevor er es zum Mund führte, »haben jede Menge Zeug gefunden. Und Taucher später auch noch, unter strenger Überwachung, versteht sich.«
    »Dann hat Thompson also nicht alles abgeräumt?«
    »Auf keinen Fall:..« Ken biss ein Stück von seinem Taco ab und begann zu kauen.
    Wir hatten auf dem Weg vom Hotel hierher darüber gesprochen, was wir von der Erforschung des Heiligen Brunnens wussten. Edward H. Thompson war zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts amerikanischer Konsul in Yukatan gewesen. Er hatte die Ranch oder hacienda gekauft, auf der die Ruinen von Chichen Itza standen, und sich darangemacht, den Zenote auszubaggern. Nach einigen Jahren Baggern und Tauchen hatte er zahlreiche menschliche Skelette und einen riesigen Schatz von Kunstgegenständen heraufgeholt, die ins Peabody Museum von Harvard gebracht worden waren. Eine Hinweistafel in Chichen beklagt diesen ansehnlichen Beutezug - ein Beispiel für die schwierigen Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Aber Thompson hatte seine Funde immerhin für die Nachwelt bewahrt. Andere Mayastätten sollten weniger Glück haben.
    »Was haben die Taucher über die Verhältnisse dort unten berichtet?«
    »Sehr schlechte Sicht. Die Wände sind unterhalb des Wasserspiegels unterhöhlt und auch wegen Thompsons Grabungsarbeiten instabil: Das Hauptproblem ist allerdings der Schlick. Keiner weiß, wie tief er ist, von sechs bis zwölf Meter ist alles drin. Eine Mischung aus Kompost, Fledermaus und Vogelscheiße, menschlichem und tierischem Abfall von Jahrhunderten, Kadaver… weiß der Himmel, was in der Pampe da unten noch alles steckt.«
    Ich legte meine Tortilla kurz ab und bemühte mich dabei, den Berg brauner Bohnen auf dem Teller zu übersehen. Mein Appetit auf sie war plötzlich geschwunden.
    »Für eine Biologin wie dich bestimmt sehr interessant«, fuhr Ken fort. »Dann wäre da noch das klebrige grüne Zeug auf der Oberfläche. Es ist stehendes Gewässer, deshalb ist der Algenbewuchs sehr dicht und schleimig. Stinkt auch ganz schön. Sollte man tunlichst umgehen.«
    Ich hatte mir gerade eine Portion Guacamole auf meine Tortilla laden wollen. Ich ließ sie auf dem Teller. Vielleicht hatte Ken nicht ganz Unrecht, was diese Speise anging.
    »Aber wie umgehen wir die Guacamo…?«
    Ken bemerkte meinen Lapsus und lachte laut. »Verstehst du jetzt, warum ich um diese Art Kost einen Bogen mache? Alles erbrochen, wenn du mich fragst.«
    »Also nicht so gut wie das Essen in Europa?«, fragte ich durchtrieben.
    »Wie meinst du das?«
    »Na, wenn dort immer so viele Sehenswürdigkeiten geschlossen sind, hast du doch bestimmt jede Menge Zeit gehabt, essen zu gehen.«
    Er schaute dumm. »Äh… das ist mir gerade so eingefallen. Ich hab’s mal in einer Zeitung gelesen.«
    »Du liest keine Zeitungen.«
    Er hob die Hände. »Okay, okay, Kleine, ich geb’s ja zu. Ich hab das Gespräch von zwei Frauen auf dem Flughafen belauscht, als ich dich abgeholt habe. Jetzt lass uns essen.«
    Er war ausnahmsweise verlegen, und ich hatte mich für seine boshaften Versuche revanchiert, mir das Essen zu verderben.
    Die Kellnerin kam vorbei, und Ken gab ihr ein Zeichen, noch zwei Bier zu bringen.
    Ich kam auf meine Frage zurück. »Wie gehen wir den Algen denn nun aus dem Weg?«
    »Ich vermute, der Bewuchs wird am Rand des Brunnens am dichtesten sein. Wir lassen uns vom Kran in die Mitte schwenken.«
    »Und dann? Wenn wir annehmen, dass ein menschlicher Kopf sinkt, dann ist er im Schlamm verschwunden. Und den können wir nicht aufwühlen, also was soll das Ganze?«
    »Ich habe das Gefühl, es handelt sich um eine Art kosmetische Übung. Wegen der Witwe und der US- Regierung vielleicht, oder um…« Ken blickte mit schief gelegtem Kopf zu einem hoch gewachsenen Mann in weißem Leinenanzug und Panamahut, der plötzlich unmittelbar vor uns auf dem Bürgersteig stand.
    »Vielleicht eine Möglichkeit für die neue Untersuchungsbehörde der Regierung, sich zu beweisen?«, schlug der Mann vor. Ich bemerkte, dass er einen Gehstock benutzte. »Senor Arnold und Senorita
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