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Das Maya-Ritual

Das Maya-Ritual

Titel: Das Maya-Ritual
Autoren: Patrick Dunne
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produziert, gestern Abend ermordet.«
    »Oh.«
    »Er wurde auf der Pyramide getötet.«
    »Dann suchen wir also nach der Tatwaffe?«
    »Nein, Jessica. Wir sollen seinen Kopf finden.«
    »Und Sie sind überzeugt, dass er sich im Zenote befindet?«, sagte Ken zu Sanchez. »Wieso?«
    Der Polizeibeamte war glatt rasiert bis auf einen äußerst schmalen, fast wie mit dem Augenbrauenstift gezogenen Schnauzbart. Er war militärisch gekleidet, seine muskulöse Gestalt wirkte wie eine zusammengerollte Springfeder unter dem weißen Baumwollhemd mit dem steifen runden Kragen, das er über einer Hose im Landesstil trug. »Chichen war ein rituelles Zentrum, ein Zentrum von Menschenopfern. Haben Sie von dem rituellen Ballspiel gehört?«
    Ken nickte.
    Mir war bekannt, dass sich das Bild der Maya im Laufe der Jahre verändert hatte. In meiner Kindheit hielten wir sie für friedliebende Sterngucker mit einer Obsession für Kalender und astronomische Berechnungen. Im Gegensatz dazu galten die Azteken als blutrünstige Bande, die ihren Opfern mit Vorliebe die noch schlagenden Herzen aus dem Leib rissen. Doch gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts haben Archäologen den Mythos von den sanften Maya ins Wanken gebracht. Und bei den rituellen Ballspielen, die zwischen den Wänden ihrer monumentalen Spielfelder stattfanden, ging es um Leben und Tod.
    »Die Experten behaupten, dass die Opfer dieser Rituale in den Zenote geworfen wurden«, fuhr Sanchez fort.
    »Deshalb ist er auch unter dem Namen ›Opferbrunnen‹ bekannt. Man hat viele Skelette in ihm gefunden.« Dann lächelte er. »Aber von all dem abgesehen haben wir auch Blutflecken auf einem Stein nahe dem Rand entdeckt.« Er hatte uns zum Narren gehalten.
    Ken warf mir einen Blick zu, dann wandte er sich wieder an Sanchez. »Wann gehen wir rein?«
    Goldberg war seit beinahe vierundzwanzig Stunden tot. Wollte man noch etwas finden, das an seine Gesichtszüge erinnerte, musste es bald geschehen. Die unterirdischen Flüsse des Yukatan ernähren verschiedene Arten von Fischen und Krustentieren, manche davon blind, aber allesamt in der Lage, an einem Kadaver herumzunagen.
    »Morgen früh, sobald es hell wird. So können Sie Ihre Arbeit erledigt haben, bevor die Touristen kommen.«
    »So hätten Sie das gern.« Ken sah ihn skeptisch an. »Das Wasser im Zenote ist fünfundzwanzig Meter tief, die Hälfte davon Schlamm. Wir werden eine ganze Weile da unten herumstochern müssen.«
    »Ich glaube, Sie verstehen nicht. Heute mussten Tausende von Besuchern weggeschickt werden. Aber das Phänomen ist auch morgen noch sichtbar, deshalb werden ganze Busladungen wieder zur Stelle sein.«
    »Dann lassen Sie die Leute hinein und halten sie nur vom Zenote fern«, schlug ich vor.
    »Wir haben bereits den Tempelbereich oben auf der Pyramide abgesperrt«, jammerte Sanchez, und er klang nicht mehr wie ein Polizeibeamter, sondern eher wie ein Fremdenführer, der an seine Trinkgelder denken muss. Andererseits war der Tourismus nun mal das große Geschäft in Yukatan. Und vielleicht hatte Sanchez ja ein persönliches Interesse an dessen Gedeihen.
    Ken zuckte mit den Achseln. »Na und? Jedes Mal, wenn ich in Europa bin, ist die Hälfte aller großen Sehenswürdigkeiten wegen Renovierung geschlossen.«
    Ich warf Ken einen Blick zu, und er blinzelte zurück.
    »Wir lassen bis Mittag niemanden auf das Gelände«, sagte Sanchez. »Damit schlagen wir noch einmal vier Stunden heraus.«
    »Wie auch immer«, erwiderte Ken ohne großes Interesse.
    »Jessica hier wird mich begleiten, wie Sie wissen. Ich habe alles an Ausrüstung mitgebracht, was wir meiner Ansicht nach brauchen. Und Sie besorgen wie vereinbart den Rest.« Er zeigte auf ein Fax auf dem Schreibtisch, das dort zwischen einigen Fotografien von Goldberg lag.
    »Wer kommt von Ihrer Seite?«
    »Ich werde persönlich dabei sein. Und ein Pathologe, Dr. Rafael de Valdivia. Er meldet sich heute Abend bei Ihnen im Hotel.«
    Ken zog nun an der Vorderseite seines T-Shirts und fächelte sich Luft zu. »Wenigstens wird es so früh am Morgen kühl sein.«
    »Noch etwas«, sagte Sanchez, kam um den Schreibtisch herum und blickte uns abwechselnd mitten ins Gesicht.
    »Wenn Sie da unten noch etwas anderes sehen, lassen Sie’s liegen.«
    »Sie meinen historische Fundstücke?«, fragte ich.
    »Nein. Ich meine andere menschliche Überreste. Wir untersuchen einen Mordfall, nicht das Rätsel der Mayakultur.«

2
    »Ein Kran?« Das war kein Gegenstand, den ich mit Tauchen in
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