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Das Maya-Ritual

Das Maya-Ritual

Titel: Das Maya-Ritual
Autoren: Patrick Dunne
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Glimmen. Alfredo schwamm hinab und kam mit einer Taucherlampe zurück, die noch brannte, allerdings bereits schwächer wurde. Wir hoben beide den Blick zur Gesteinsdecke über uns, einer riesigen Kuppel, die so hoch war, dass unsere Lichtstrahlen, die wir an den Höhlenwänden entlangschwenkten, nicht bis zu der Stelle reichten, wo sich die Wände in der Mitte treffen mussten.
    Wir tauschten Blicke und schwammen hinauf in die Kammer, wobei wir unsere Lampen auf den Punkt gerichtet hielten, an dem die Mittellinie der Decke auftauchen sollte. Aber genau dort, wo sich die Wände hätten treffen müssen, gab es einen Schacht, einen Kamin, der noch höher in das Dach der Kammer eindrang. Und im Eingang zu diesem Kamin war Deirdre eingeklemmt.
    Ich schwamm zu ihr, in der Annahme, dass sie tot war, obwohl sie die Arme steif von sich streckte, wie ein Krebs , der sich mit seinen Scheren verteidigt. Dann bemerkte ich, dass Blut von ihren Fingern floss und wie Seidenbänder in die wassergefüllte Kammer hinausschwebte. Als ich näher kam, sah ich, dass sie die Augen weit geöffnet hatte und noch immer atmete, flach und hastig, in äußerster Angst.
    Ihre Fingerkuppen waren aufgerissen, an manchen schien der Knochen durch. Ihre Pressluftflasche war fest in den Spalt eingeklemmt, zu dem sich der Schacht im Höhlendach nach rund einem Meter verengte. Es war nicht zu übersehen, dass sie versucht hatte, sich freizukämpfen. Und sie musste auch daran gedacht haben, sich aus der Apparatur zu schälen, sie hätte dann immer noch atmen können, während sie versucht hatte, die Flasche loszubekommen. Aber von dem Moment an, da ihr die Lampe aus der Hand gefallen war, hatte völlige Dunkelheit rings um sie geherrscht. Wohin hätte sie sich also wenden sollen in der nassen Finsternis, selbst wenn es ihr gelungen wäre, sich zu befreien?
    All diese Gedanken mussten ihr durch den Kopf gegangen sein. Und ihr Schicksal vor Augen, war sie in eine Art panische Lähmung verfallen.
    In ihrer Flasche war immer noch Luft - sie würde allerdings nicht für den Weg nach draußen reichen, selbst wenn wir sie freibekommen würden. Aber wir konnten Deirdre mitnehmen, indem wir die Schnallen ihres Tauchgeschirrs lösten und unsere Luft mit ihr teilten. Falls wir die Verschlüsse nicht aufbekamen, wollte ich versuchen, das Geschirr mit meinem Tauchmesser zu zerschneiden.
    Ich machte ihr mittels Zeichensprache klar, was wir vorhatten, und ließ Alfredo, der Flossen trug und sich besser stabilisieren konnte, mit dem Reservelungenautomat zu ihr schwimmen. Er war einen Meter von ihr entfernt, als sie ausholte und ihm die Maske vom Gesicht riss.
    Es gelang ihm, sie wieder an sich zu bringen, und er schwamm fort von Deirdre. An seinen Augen war deutlich abzulesen, dass er sich nicht noch einmal in ihre Reichweite begeben würde. Jeder weitere Versuch, sich ihr zu nähern, hätte uns nun selbst in äußerste Gefahr gebracht, an einem Ort, der für sich genommen schon gefährlich genug war. Und ihr mit einem offenen Messer nahe zu kommen, wäre Selbstmord gewesen. Da unsere eigene Luft zu Ende ging, mussten Alfredo und ich rasch eine Entscheidung treffen.
    Wir ließen Deirdre dort unten zurück. Es würde nur noch wenige Minuten dauern, bis die letzten Luftreste in ihren Lungen unter tausenden Tonnen Gestein und Wasser implodierten. Ich hoffte nur, dass ihr panisches Atmen den Kohlendioxidgehalt in ihrem Blut so stark ansteigen ließ, dass sie gnädigerweise das Bewusstsein verlor, bevor sie ihren letzten bewussten Atemzug tat.
    Ich dachte, wie tragisch es sich fügte, dass die O’Kellys, die keltischen Heldenzwillinge, diese Welt genauso verließen, wie sie in sie gekommen waren, einer kurz nach dem anderen, in einer Flut aus Blut und Wasser.
    »He, Alfredo, deine Schwester Rosa ist sehr enttäuscht von dir«, sagte ich, als wir am Strand saßen und auf ein Schiff der kubanischen Küstenwache warteten, das uns abholen sollte. Sanchez hatte sein Satellitentelefon und seine Kontakte zu unserem Vorteil zu nutzen gewusst.
    Alfredo sah verlegen aus.
    »Aber wäre es nicht fantastisch, wenn du ihr eine Überraschung bereiten würdest?«
    »Was für eine, zum Beispiel?«
    »Ach, ich denke, heute Abend mit einem Hubschrauber bei ihr im Schulhof zu landen, dürfte den Zweck erfüllen.«
    »Ach ja? Und wie soll ich das anstellen?« Ich sah Sanchez an.
    »Sie erwarten doch nicht etwa…«, platzte er heraus, bevor er begriff. »Natürlich, das kann ich
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