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Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition)

Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition)

Titel: Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition)
Autoren: David Macinnis Gill
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Wild. Rasend. Aber wie jedes Tier an einer kurzen Leine drehen auch sie irgendwann durch und wenden sich in ihrer Wildheit gegeneinander. Zweimal in den vergangenen zwei Tagen war es unter ihnen zu Streit gekommen. Ein böser Bube hat sich sogar das Fleisch von den eigenen Fingern genagt. Er hatte bestraft werden müssen, damit er die Fehlerhaftigkeit seines Handelns erkennen konnte.
    Gedankenverloren schlägt die Frau sich mit einem elektrischen Viehtreiber aus Titan auf die Handfläche. Vollständig ausgezogen ist die Rute fast einen Meter lang. Am Ende befindet sich eine Stahlkugel von der Größe eines Augapfels. Die Frau lächelt. Ironischerweise hatte der böse Bube zur Strafe einen Augapfel verloren. Sie selbst hatte ihn entfernt. Mit dem Viehtreiber. Und anschließend hatte sie den Augapfel gegessen. Es war widerlich, aber die Lektion war notwendig gewesen. Schmerz ist ein begnadeter Lehrer.
    Weiter unten im Gang erreicht eine Gruppe Dræu einen Bunker, der mit einem großen roten X gekennzeichnet ist.
    »Lasst die in Ruhe«, ruft sie. »Eure Königin ist nicht daran interessiert, die Seuche zu verbreiten.« Es sei denn, es ist notwendig, fügt sie in Gedanken hinzu. Wenn man vorhat, die Regierung zu stürzen, darf man niemals irgendwelche Maßnahmen vollständig ausschließen, nur weil sie zu einer globalen Pandemie führen könnten.
    Hinter ihr öffnet sich die Fahrstuhltür. Der Geruch des Fahrgastes ist ihr wohlbekannt. »Kuhru«, sagt sie, ohne sich umzudrehen. »Du hast ergötzliche Neuigkeiten für deine Königin?«
    »Ja, meine Königin«, grollt er, ein Laut, der an ihren Nerven zerrt.
    Für eine Frau, die dazu erzogen wurde, den prachtvollen Melodien Chopins zu lauschen, den schwülstigen Opern Mozarts, den heiteren Weisen von Masahiro, stellt Kuhrus Stimme, die dem Kreischen von Stahl auf einer Glasscheibe ähnelt, eine Beleidigung der Ohren dar.
    »Ja, was?«, sagt sie. Noch immer kehrt sie ihm den Rücken zu. »Details, bitte, Kuhru. Hast du den Bewohnern von Fisher Four meine Nachricht überbracht?«
    Fisher Four war der einzige andere Außenposten, der noch nutzbar war. Fisher Two war ein Jahrzehnt nach seiner Erbauung durch einen Vulkanausbruch zerstört worden, und Fisher Three hatte man wegen Überflutung geschlossen. Wenn jedoch die Orthokratie Fisher One mit vergessenen Schätzen gefüllt hatte, sollte Fisher Four ipso facto ebenfalls eine wahre Fundgrube darstellen. Das einzige Problem waren die Minenbewohner, eine Gruppe nervtötender Menschen, die einfach nicht bereit waren, die Minen zu verlassen, selbst wenn sie mit dem Tode bedroht wurden.
    »Ja, meine Königin«, sagt Kuhru. »Ich habe die Nachricht übermittelt.«
    Der Königin fällt auf, dass seine Stimme anders klingt, eine Spur höher, ein Zeichen dafür, dass er nicht die ganze Wahrheit gesagt hat. »Wie viele hast du getötet? Lüg mich nicht an, Kuhru.«
    »Zwei.«
    »Nur zwei?«
    »Da waren nur drei Menschen, meine Königin.«
    »Und wenn du alle drei getötet hättest, wäre niemand mehr da gewesen, der meine Nachricht hätte weiterleiten können? Sehr gut, Kuhru. Deine Denkfähigkeit wird immer besser. Und hast du mir die Überreste gebracht, wie ich es dir befohlen habe?«
    Kuhru schweigt. Die Königin dreht sich um. Ihr Gesicht strahlt Ruhe aus. Keine Spur von Zornesröte zeigt sich auf der Alabasterhaut, kein Anflug eines Gefühls. »Du hast es nicht getan!«
    »Es war eine lange Reise«, grollt er, um einen weichen Klang bemüht, denn er hofft auf ihr Verständnis. »Meine Dræu waren hungrig.«
    Nun wird ihre Stimme lauter und erklingt in einem Singsang, der die Schärfe ihres Zorns verschleiert. »Deine Dræu? Deine Dræu?«
    Kuhru sinkt auf ein Knie und verbeugt sich so tief, dass seine breite, dicke Nase den Boden berührt. »Vergib mir, meine Königin, ich habe mich versprochen. Alle Dræu gehören dir.«
    Sie tippt mit dem Viehtreiber an seine Hüfte. »Glaub nur nicht, eine kleine Verbeugung und ein bisschen im Dreckscharren würden reichen, um mein Wohlwollen zu erringen. Deine Königin hat dir sehr genaue Anweisungen erteilt. Erstens: Überbringe die Nachricht den Bergleuten. Zweitens: Bring mir jede Beute, die du machst.«
    Er wirft sich vor ihr in den Schmutz und schleimt: »Bitte, meine Königin, bestrafe deinen treuen Diener nicht. Ich ... ich habe dir dies hier mitgebracht.« Er zieht einen kleinen flachen Panzer aus seinem Mantel. Die Außenseite ist braun getüpfelt; das Muster erinnert an Reihen
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