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Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Das Magdalena-Vermächtnis: Roman

Titel: Das Magdalena-Vermächtnis: Roman
Autoren: Kathleen McGowan
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denen ein Künstler sich stillschweigend unterwirft, indem ich jene Symbole offenbare, die in meinen Werken verborgen sind, und jene Schichten offenlege, die ihr Fundament bilden. Doch Maestro Ficino hat Beweise entdeckt – so alt wie das alte Ägypten –, dass es lange vor meiner Zeit in geheimen Tagebüchern verborgene Zeichen von Künstlern gegeben hat und dass ich insofern behaupten kann, Teil einer zeitlosen Tradition zu sein.
    Da ich Mitbruder im Orden vom Heiligen Grab bin, sind meine Bilder von unserer herrlichen göttlichen Lehre beseelt, die in jeder Gestalt lebt, die ich male, und mehr noch: Sie durchdringt die Farben, die Leinwand, alles.
    Das Herz und die Seele meiner Kunst, ob sie nun einem gleichgültigen Mäzen oder einem weltlichen Zweck gewidmet ist, dienen letztlich nur dem Zweck, die Lehre des Weges der Liebe zu verbreiten.
    Auf den folgenden Seiten werde ich die Geheimnisse meiner Arbeit offenlegen, damit sie eines Tages als Lehrbuch dienen kann für alle, die Augen haben zu sehen.
    Ich bin Maler, Pilger, Schriftgelehrter. Vor allem aber bin ich ein treuer Diener meines Herrn und meiner Herrin und des Weges der Liebe.
    Unser Meister zitiert gern die Worte des ersten bedeutenden christlichen Künstlers, Nikodemus, der sagte: »Kunst wird die Welt erlösen.« Ich bete, dass er recht hat, und ich habe mich bemüht, meinen Beitrag zu unserem Unternehmen zu leisten, und sei er noch so klein.
     
    Euer ergebener
    Alessandro di Filipepi, genannt »Botticelli«
     
    Aus den geheimen Memoiren des Sandro Botticelli

Kapitel eins
    New York City
    Gegenwart
     
    M a ureen Paschal hatte ihre Zeit in New York sorgfältig geplant. Hektische Tage lagen hinter ihr, denn bald sollte ihr neues Buch erscheinen. Nun wollte sie sich mit ein paar Mußestunden im Metropolitan Museum of Art belohnen. Kunst war, gleich nach der Geschichte, ihre zweite Leidenschaft; deshalb war beides in ihren Romanen stark vertreten. Die Aussicht, ein paar Stunden in einem der größten Museen der Welt zu verbringen, war Balsam für ihre Seele.
    Es war ein herrlicher Frühlingsmorgen Anfang März, wie geschaffen für einen ausgedehnten Spaziergang am Central Park entlang zum Met. Maureen liebte New York. Sie beschloss, den Tag bis zur Neige auszukosten und sich trotz ihres engen Zeitplans nicht zu hetzen. Von der Fifth Avenue machte sie einen Abstecher in den Central Park. Am Nordende des Teichs mit den Modell-Segelbooten stand die große Bronzeskulptur der Alice im Wunderland. Ein wehmütiger Zauber ging davon aus und berührte das Kind in Maureen: Eine überlebensgroße Alice feierte ihre Nichtgeburtstags-Party, umgeben von ihren Freunden aus dem Wunderland. Zitate aus dem Klassiker, der eines von Maureens liebsten Kinderbüchern gewesen war, zierten den Sockel. Maureen schritt um das Standbild herum und las die Zitate aus den Alice-Büchern und dem Gedicht »Der Zipferlake«. Doch ihre Lieblingsverse aus »Alice hinter den Spiegeln«, die zu Hause über ihrem Computer hingen, waren nicht dabei.
     
    Alice lachte. »Ich brauche es erst gar nicht zu versuchen«, sagte sie. »Unmögliches kann man nicht glauben.«
    »Du wirst wohl noch nicht die rechte Übung darin haben«, sagte die Königin. »In deinem Alter habe ich täglich eine halbe Stunde darauf verwendet. Bisweilen habe ich schon vor dem Frühstück mindestens sechs unmögliche Dinge geglaubt.«
     
    Wie die Weiße Königin hatte auch Maureen gelernt, schon vor dem Frühstück mindestens sechs unmögliche Dinge zu glauben – und oft noch mehr, seit Destino in ihr Leben getreten war. Als sie nun nachdenklich vor dem Alice-Denkmal stand, musste sie unvermittelt lachen: Ihr eigenes Leben trat allmählich in Konkurrenz zu Alice’ fantastischsten Abenteuern. Hier stand sie, eine gebildete Frau des einundzwanzigsten Jahrhunderts auf dem Sprung zu einer Reise nach Italien – um bei einem Lehrer namens Destino zu lernen, der von sich behauptete, unsterblich zu sein. Doch Maureen akzeptierte diesen außergewöhnlichen Mann beinahe schon als natürlichen Teil der fremdartigen Landschaft, zu der ihr Leben geworden war.
    Maureen gestattete sich noch ein paar kostbare Minuten in Betrachtung der Skulptur; dann ging sie zur Fifth Avenue zurück und eilte zum Eingang des Metropolitan Museum. Da ihre Zeit begrenzt war, wollte sie sich auf die Mittelalter-Ausstellung konzentrieren. Die Recherchen über Mathilde, Markgräfin von Tuszien, hatten in Maureen wieder Begeisterung für diese Epoche
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