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Das Mädchen von San Marco (German Edition)

Das Mädchen von San Marco (German Edition)

Titel: Das Mädchen von San Marco (German Edition)
Autoren: Katie Hickman
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Haube, und ihr dunkles Haar floss offen über die Schultern.
    Zunächst wusste sie wohl nicht recht, ob sie sich ihm nähern sollte oder nicht, doch sein Anblick schien sie fast zu erzürnen.
    »Was ist das für eine verrückte Idee?«
    Als er nicht antwortete, kam sie ein paar Schritte auf ihn zu.
    »Wisst Ihr nicht, dass in diesem Haus die Pest wütet?« Sie zeigte auf das noch glimmende Stroh auf dem Fußboden. »Ihr wärt besser nicht gekommen.« Annetta hatte den Stuhl erreicht und sah Carew ins Gesicht, eine Hand auf der Rückenlehne.
    »Ihr wärt besser nicht gekommen«, wiederholte sie sanft, fast flüsternd, »nicht hierher, nicht jetzt.«
    Carew stand auf. »Ich musste kommen. Ich musste es Euch sagen. Celia Lamprey wurde gefunden. Sie ist in Venedig. Keine fünf Kilometer entfernt von hier.«
    »Celia?« Annetta runzelte ungläubig die Stirn. »Woher kennt Ihr diesen Namen?« Dann erst schien zu ihr durchzudringen, was er gesagt hatte. »Gefunden?«
    »Ja, gefunden.«
    Er sah, wie sich ihre Hand fester um die Lehne krampfte. »Das kann nicht wahr sein. Aber … woher wisst Ihr das?«
    »Ich bin Paul Pindars Diener.«
    »Was –?« Sie starrte ihn an. »Ihr? Der monarchino  …?«
    »Ja«, sagte Carew. »Und Ihr seid die Haremsdame. Die, die wir die ganze Zeit gesucht haben. Ich habe nicht geahnt –«
    Doch sie unterbrach ihn.
    »Ihr?« , stieß sie hervor. »Nein, nein, das ist nicht möglich. Als Ihr mich über den Blauen Stein des Sultans ausgefragt habt, dachte ich … Die Wahrheit ist, dass ich herausfinden wollte, was Ihr wisst, deshalb habe ich Eufemia geschickt, um Euch zu suchen. Doch dass Ihr der Diener des Kaufmanns wärt – die ganze Zeit …« Ihre Stimme bebte. »Und Kaufmann Pindar – ist er auch hier?«
    »Sie ist bei ihm.«
    Annetta gab einen unartikulierten Laut von sich und legte die Hand auf die Brust, als ob dieser Gedanke ihr eine geradezu schmerzhafte Wonne bereitete.
    »Bitte, wollt Ihr Euch nicht setzen?« Er zeigte auf den Stuhl, aber sie schüttelte den Kopf.
    »Nein, ich kann nicht bleiben.«
    Er sah, dass ihre Augen in Tränen schwammen.
    »Celia sagt, Ihr hättet der Valide den Diamanten gestohlen und ihr gegeben …«, begann er.
    »… damit sie die Eunuchen bestechen konnte und diese jemanden fänden, der sie hierher nach Venedig bringen würde. Doch das ist jetzt ein Jahr her.« Annetta klammerte sich an der Rückenlehne fest, als würden ihre Beine gleich unter ihr nachgeben. »Die ganze Zeit über wusste ich nicht – ich hatte keine Ahnung, was aus ihr geworden ist … die ganze Zeit, Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie furchtbar das war.« Sie blickte ihn forschend an. »Aber wie geht es ihr?« Sie glaubte, eine unterschwellige Besorgnis an ihm wahrzunehmen. »Geht es ihr gut?«
    »Es wird ihr wieder gut gehen, mit der Zeit.« Carew wählte seine Worte mit Bedacht. »Doch ich muss Euch darauf aufmerksam machen, dass ihre Reise lang und schwer war.«
    »Wieso?«
    »Sie sagt, man habe versucht, sie zu ertränken. Der Diamant hat ihr das Leben gerettet.«
    Annetta schlug die Hand vor den Mund. »Mein armes Gänschen.«
    »Daran zumindest kann sie sich erinnern.« Carew überlegte, wie er ihr den Rest von Celias Geschichte beibringen sollte. »Doch wer immer es auch war, dem sie den Diamanten gegeben hat, er hat sie gezwungen, ihm beizuwohnen, entweder er oder irgendein anderer … und sie hat ein Kind geboren.«
    Annetta starrte ihn an. »Sie hat ein Kind?«
    »Sie hatte ein Kind, das aber, soweit ich hörte, nie lebensfähig war.«
    Dann berichtete er das, was er von Celias Reise wusste. Es war eine sehr abenteuerliche Geschichte. Sie handelte von einem Kind, das aussah wie eine Meerjungfrau, und einem gestohlenen Diamanten, von der Gier der Männer und der Freundlichkeit Fremder. Von Ambrose Jones und seinem Mittelsmann und Helfershelfer Bocelli, von Elena und Maryam, den Gauklerinnen, und von Constanza. Von dem aufregenden Kartenspiel um den Blauen Stein des Sultans. Sogar von seinem, Carews, eigenen unbedeutenden Beitrag. Wie er damals, nachdem er in der Gasse niedergeschlagen worden war, schließlich doch noch umgekehrt und zu Elena zurückgegangen war.
    Als er geendet hatte, dauerte es eine Weile, bis Annetta die Sprache wiederfand.
    »Ich kann nicht glauben, dass das alles wahr ist«, sagte sie nach einer Weile.
    »Bei meinem Leben. Ich schwöre, alles ist wahr.«
    Was war los mit ihm? Er konnte seine Augen nicht von ihrem Gesicht abwenden. Er hatte
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