Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen von San Marco (German Edition)

Das Mädchen von San Marco (German Edition)

Titel: Das Mädchen von San Marco (German Edition)
Autoren: Katie Hickman
Vom Netzwerk:
noch zu zweit. Und plötzlich brach wie aus dem Nichts ein Tumult am Tisch aus. Der Mann mit der goldenen Maske war aufgestanden und schrie.
    »Ich habe es gesehen, Signore!« Er hatte ein Glas Wein ergriffen und dem jungen Adligen den Inhalt ins Gesicht geschüttet. »Diese Karten sind gezinkt.«
    Paul spürte, wie sich die Kurtisane an seinen Arm klammerte, fühlte mehr, als dass er es sah, wie sich um ihn herum ein Aufruhr erhob. Der Tisch war umgestürzt, Karten flogen durch die Luft. Glas splitterte.
    Das Spiel war aus. Er hatte gewonnen.
    Paul stand auf und nahm seine Maske ab. Ihm wurde schwarz vor Augen. Er hielt sich am Tisch fest, um nicht zu stürzen. Um ihn drängten sich erhitzte Körper. Das Empfinden übermenschlicher Energie begann sich aufzulösen. Es war vorbei. Ein Gefühl der Benommenheit machte sich in seinem Kopf breit. Er sah zwar, wie sich die Münder der Leute öffneten und schlossen, doch kurzzeitig hörte er nichts außer einem Dröhnen in seinen Ohren, das wie Meeresrauschen klang. Jemand reichte ihm ein Glas Wein. Er leerte es in einem Zug, ließ sich nachschenken und kippte auch das zweite Glas hinunter. Jemand hatte eine der Gardinen aufgezogen. Mattes Tageslicht fiel ein, Lichtreflexe vom Canal Grande huschten durch den Raum. Die Helligkeit tat ihm in den Augen weh.
    Er wurde gewahr, dass der junge Adlige hinausgeführt wurde und nach ihm die Kurtisane. Doch das alles kümmerte ihn nicht mehr. Jemand redete leise und besänftigend auf ihn ein, doch irgendwie kam es ihm vor, als spräche er in einer fremden Sprache.
    Und dann stand Zuanne Memmo vor ihm. Er hielt ihm das rosafarbene Samtbeutelchen hin.
    »Das gehört Euch, Engländer.« Paul begriff vage, dass ihm der Diamant überreicht wurde. Als er keine Anstalten machte, ihn an sich zu nehmen, packte Memmo seine Hand, drückte ihm das Beutelchen in die Handfläche und schloss seine Finger darüber.
    »Das gehört Euch, Engländer. Der Blaue Stein des Sultans.«
    Paul spürte den Druck des Diamanten in seiner Handfläche. Er wartete auf so etwas wie Hochstimmung oder Freude, doch er empfand nichts. Eine Hand lag auf seinem Arm, und als er sich umdrehte, erblickte er Ambroses vertraute Gestalt neben sich.
    Paul blinzelte bestürzt. Ambrose – was wollte er denn hier? Der Wein verhinderte, dass er einen klaren Gedanken fassen konnte. In seinen Adern brannte es, als habe er Schnaps getrunken.
    »Gratuliere, Pindar.«
    »Danke.«
    »Es sieht so aus, als sei der Stein weitergewandert.«
    »Ja.«
    Trotz seines benebelten Zustands spürte Paul die Feindseligkeit, die von Ambrose ausging.
    »Ich werde mit Euch darum knobeln, Pindar.«
    »Was?« Paul starrte Ambrose mit offenem Mund an, als wäre dieser nicht ganz bei Trost.
    »Ich sagte, ich werde mit Euch darum knobeln.«
    Paul lachte. »Wovon, um Himmels willen, sprecht Ihr, Ambrose?«
    »Ihr habt es gehört.«
    »Ja, sicher.« Immer noch lachend, wischte Paul sich eine Träne aus dem Auge. Er fürchtete, gleich ohnmächtig zu werden. »Das meint Ihr nicht ernst?«
    Doch ein Blick in Ambroses Gesicht belehrte ihn eines Besseren.
    »Ihr seid ihn mir schuldig.«
    »Euch schuldig?«, wiederholte Paul. »Wieso?«
    »Nach allem, was dieser Mann …« – Ambrose brachte die Worte kaum über die Lippen – »… ich will seinen Namen nicht nennen, mein Herr. Doch nach allem, was Euer Diener mir angetan hat … Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, was Ihr mir alles schuldet.«
    Paul starrte Ambrose immer noch an.
    Wieder dieser leise, disharmonische Klang. Wenn sein Verstand nur klarer wäre! »Aber der Blaue Stein des Sultans …« Paul stockte. Es war still geworden im Raum. »Der Stein ist unbezahlbar, Ambrose«, sagte er langsam.
    »Ich habe auch etwas Unbezahlbares.« Ambrose griff in seine Tasche und zog ein dünnes Blatt Papier hervor.
    »Ein Stück Papier?«
    »Spionage, mein Herr. Das ist mein Metier. Ich bin sicher, Ihr wollt es haben. Es bedeutet Euch viel, viel mehr als irgendein Stein.«
    »Wie dumm müsst Ihr sein, zu glauben, dass ich den Blauen Stein des Sultans eintausche.«
    »Einige Informationen über Celia Lamprey sind in meinen Besitz gelangt. Um genau zu sein, ein Gedicht. Es ist offenbar an Euch gerichtet, Pindar.« Ambrose verdrehte die Augen. »Eine Art Botschaft, eigenhändig verfasst von Celia Lamprey, die aus dem Harem des Großtürken in Konstantinopel hierhergelangt ist. Eine wahrhaft rührende Geschichte.«
    Er hielt das Blatt so dicht vor Pauls Gesicht,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher