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Das Maedchen mit den Schmetterlingen

Titel: Das Maedchen mit den Schmetterlingen
Autoren: Carol Coffey
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hatte, in den Norden gezogen. Als es die Familie dann wieder in den Süden verschlug und sie sich schließlich in Dublin niederließ, hieß es, dass sie Derry Hals über Kopf verlassen mussten, weil sie mit der republikanischen Bewegung in Verbindung standen.
    Mauras Vater war auf einen engeren Kontakt mit Éamonns Familie nicht erpicht, doch der Bursche machte auf ihn einen ordentlichen Eindruck, und er verstand etwas von der Arbeit auf dem Hof. Der Sohn seines Nachbarn, Michael Byrne, wäre ihm lieber gewesen, aber der hatte in diesem Sommer auf den Feldern seines Vaters genug zu tun. Er musste also mit Éamonn vorliebnehmen, der die Sommerferien in der Regel gemeinsam mit seiner Schwester Brigid in Árd Glen bei der Familie seiner Mutter verbrachte und Maura und Jimmy schon oft besucht hatte.
    Nach der Abreise ihres Vaters ließ die rebellische Maura
wochenlang sämtliche Arbeit für Éamonn liegen, radelte zusammen mit Brigid ins Dorf und genoss ihre Freiheit in vollen Zügen. Allmählich verloren die Streifzüge durch das öde Nest ihren Reiz, sie verbrachte mehr Zeit auf dem Hof und half Éamonn, der sich, obwohl in Dublin aufgewachsen, sehr schnell an das Landleben gewöhnt hatte. Maura gefiel sein breiter Dubliner Akzent, und sie fühlte sich zu dem selbstbewussten jungen Mann hingezogen. Mit seinen roten Haaren und den vielen Sommersprossen war er zwar keine Schönheit, aber Maura war fasziniert von der Zielstrebigkeit des jungen Mannes, der mit gerade einmal achtzehn Jahren bereits ein Stipendium für das University College in Dublin in der Tasche hatte. Dort wollte er Rechtswissenschaften studieren, und die Arbeit dieses Sommers sollte einen Teil der Kosten decken. Er war der Erste in der Familie, der studierte. Er konnte stundenlang reden, wovon er ausgiebig Gebrauch machte, über angemessene Bildung und Unterkunft für die Armen und ganz besonders leidenschaftlich über die irische Geschichte. Wenn Maura seiner Tiraden überdrüssig war, neckte sie ihn und nannte ihn einen Aufrührer, worauf er sie über die Wiesen jagte, genau wie früher, als sie noch Kinder gewesen waren.
    Als Éamonn kein körperliches Interesse an Maura zeigte, war sie es, die - befreit von den stets wachsamen Augen der Eltern - ihm bis zu den abgelegenen Feldern folgte, sein sonnenverbranntes Gesicht berührte und ihm einen Kuss auf die Wange hauchte, bevor sie zum Haus zurücklief. Er folgte ihr nicht. In den nächsten Tagen lag eine gewisse Spannung zwischen den beiden in der Luft. Maura erledigte ihre Aufgaben rund um das Haus, während Éamonn dem schönen jungen Mädchen, an das er seit seiner Rückkehr nach Árd Glen allnächtlich gedacht hatte, aus dem Weg ging. In der dritten Nacht verließ er das bescheidene Häuschen seiner Großeltern,
das keine anderthalb Kilometer entfernt stand, und machte sich unter dem mitternachtsblauen Sommerhimmel auf den Weg zum Hof von Mauras Eltern.
    Mit gesenktem Kopf betrat Éamonn die kleine Kate, die nie abgeschlossen war. Als er die Tür des Schlafzimmers aufstieß, schien Maura nicht im Geringsten verwundert. Sie lächelte, als hätte sie ihn erwartet. Unschlüssig stand er mitten in dem winzigen Zimmer. Wie war er eigentlich hierhergeraten? Hatte er den Verstand verloren? Er kannte den alten Kelly nur zu gut, der ihn mit Sicherheit umbringen würde, wenn er hiervon Wind bekam.
    Éamonn betrachtete sie, und auch das trübe Licht konnte ihrer Schönheit nichts anhaben. Sein Herz klopfte laut. Maura, immer noch lächelnd, schlug die Decke zurück, und er legte sich zu ihr ins Bett. Als sein Körper den ihren berührte, überfiel ihn eine plötzliche Anspannung, nicht etwa, weil er noch nie zuvor bei einer Frau gelegen hatte - obwohl auch das zutraf -,sondern weil er klarstellen musste, dass er Maura auf jeden Fall verlassen würde.
    »Maura, im Herbst muss ich nach Dublin, aufs College. Das ist mein großer Traum.«
    »Ich weiß«, erwiderte sie leise. Sie war froh, dass noch fast zwei gemeinsame Monate vor ihnen lagen und schüttelte unwillkürlich ihren schwarzen Haarschopf, als wollte sie die Zweifel abschütteln, die in ihrem Kopf rumorten.
    »Maura, du weißt, dass dein Vater mich nicht mag.«
    »Ich weiß. Vielleicht mag ich dich deshalb umso mehr!«, lachte sie.
    Der Missbilligung ihres Vaters gewiss, wollte sie die verbleibenden zwei Monate genießen, als wären es ihre letzten. Sie malte sich immer wieder aus, dass Éamonn ihr Mann war und sie den Hof gemeinsam bewirtschaften und
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