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Das Mädchen aus Mantua

Das Mädchen aus Mantua

Titel: Das Mädchen aus Mantua
Autoren: Charlotte Thomas
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durfte Jacopo manchmal bei seiner Arbeit helfen. Ich tat nichts weiter als jede beliebige Wundpflegerin. Ein Medicus bin ich nicht. Zumal es Frauen nicht gestattet ist.«
    Marta überging auch das. »Wie sehr ich deine Mutter beneidet habe! Täglich jemanden um sich zu haben, der einen von Schmerzen und Krankheiten heilen kann!«
    Bevor Celestina Einwände erheben konnte, fuhr Marta verachtungsvoll fort: »Was taugen denn die meisten Ärzte schon? Sie stolzieren herum und schwafeln lateinischen Unfug, dann verschreiben sie widerlich schmeckende Tränke oder stinkende Salben, von denen man nur noch kränker wird. Und ist man am Ende dem Tode nah, fällt ihnen nichts weiter ein als zu behaupten, man bilde sich alles nur ein.«
    »Sicher gibt es in Padua viele gute Ärzte.«
    Marta lachte schrill. »Gute Ärzte? Ha! Glaub mir, ich kenne sie alle!«
    »Sie gehen in unserem Haus sozusagen ein und aus«, warf Lodovico ein. »Nicht in dem Sinne, wie es Gäste tun. Sondern eher wie Schmarotzer, die sich am Leid anderer laben.«
    »Ich verstehe«, sagte Celestina. Und das tat sie wirklich. Wenigstens war damit geklärt, wieso Marta so darauf erpicht gewesen war, sie in ihr Haus einzuladen. Und ihre Mutter hatte es eingefädelt, um der einzig vertretbaren Alternative zu entgehen. Welche darin bestanden hätte, ihre verwitwete Tochter und ihre ledige Stieftochter zurück ins heimatliche Venedig zu beordern. Sie weiterhin ohne männliche Aufsicht in Mantua zu belassen kam nicht infrage, also gebot die elterliche Verantwortung entsprechende Maßnahmen. Celestinas Mutter war jedoch überaus zufrieden mit dem ungestörten und ruhigen Leben, das sie in zweiter Ehe mit Arcangelas Vater führte. Nach häuslichem Familienzuwachs in Gestalt zweier störrischer, unberechenbarer Frauenzimmer – so ihre Worte – stand ihr nicht der Sinn. Diese Einstellung wiederum wurde von Celestina und Arcangela, denen ihrerseits nicht der Sinn nach einem Leben unter elterlicher Herrschaft stand, vorbehaltlos geteilt.
    Der Aufenthalt in Padua konnte natürlich nur eine Zwischenlösung sein, die jedoch von allen Seiten bereitwillig angenommen worden war.
    Die Dienstmädchen trugen die Speisen auf, und während sich die Tischrunde schweigend dem Essen widmete, traf ein weiteres Familienmitglied ein. Celestina erkannte ihn sofort wieder. Es war Gentile Bertolucci, der Mann, den Timoteo Caliari hatte erschießen wollen. Nach der Prügelei am Nachmittag sah er übel aus. Seine Nase war fast auf die doppelte Größe angeschwollen, der rechte Mundwinkel von einem Faustschlag eingerissen.
    Von ihrer Mutter wusste Celestina, dass es sich um Lodovicos jüngeren Bruder handelte. Er war um die vierzig und sah trotz seiner leicht verlebt wirkenden Gesichtszüge gut aus, mit straffer Körperhaltung und vollem Haar.
    »Na so was«, sagte er. »Welch Glanz in unserer Hütte!« Seine Stimme klang, als müsse er durch Kies sprechen, was zweifellos daher kam, dass Galeazzo da Ponte ihn so hart gewürgt hatte. »Der erwartete Verwandtenbesuch, nehme ich an.« Er verneigte sich galant. »Seid von Herzen gegrüßt, Cousinen! Hätte ich das heute Nachmittag gewusst, hätte ich euch auf der Piazza nicht einfach eurem Schicksal überlassen.«
    »Ach, ihr wart auf der Piazza?«, wollte Lodovico wissen.
    »Wir kamen zufällig vorbei«, sagte Celestina.
    »Und dann gingen die Pferde der Kutsche durch, in der wir saßen«, fuhr Arcangela ungerührt fort. »Woraufhin sie umstürzte und wir deshalb jetzt von Glück sagen können, dass wir noch leben.«
    »Dasselbe gilt für mich«, meinte Gentile. Er blickte Celestina an, und sie hatte den deutlichen Eindruck, dass er sich über die Situation amüsierte. »Ich läge jetzt mit ein paar anderen im Leichenhaus, wenn nicht diese mutige junge Dame hier den hitzköpfigen Timoteo Caliari daran gehindert hätte, mich totzuschießen.«
    Marta stieß einen spitzen Schrei aus und sank auf ihrem Stuhl zusammen. Ihr Gatte fächelte ihr Luft zu, bis sie stöhnend wieder zu sich kam. »Immer diese Ohnmachten«, klagte sie, und dabei sah sie Celestina an, als erwarte sie schnellstmögliche Gegenmaßnahmen.
    » Wie hat sie ihn daran gehindert?«, wollte Lodovico wissen.
    »Sie hieb ihm einen Knüppel über den Kopf«, teilte Gentile ihm mit.
    »Das hast du gut gemacht!«, rief Marta aus. »Ein weiterer Beweis für deine Umsicht und Klugheit!«
    »Sie tat es nicht für mich«, sagte Gentile belustigt. »Sondern für den jungen Burschen. Um zu
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