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Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Das Mädchen aus dem Meer: Roman

Titel: Das Mädchen aus dem Meer: Roman
Autoren: Rebecca Hohlbein
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übrig ist. Und darum wird der Vogelmann bald sterben, und ich glaube nicht, dass du das Elend, das er ohne die Schmerzmittel erleidet, wirklich sehen willst, denn seine Flügel sind längst abgestorben, und nun beginnen auch seine Schultern und Arme zu faulen, und sogar sein Gesicht. Hier gibt es niemanden, der den Wundbrand mit irgendetwas stoppen könnte. Aber wenn du mir nicht glaubst, suchen wir ihn, damit er es dir bestätigt.«
    »Mein Bruder und mein Vater …«, flüsterte Chita nach einer Weile betretenem Schweigen. »Glaubst du … denkst du wirklich …«
    »Die Leute sagen, die beiden waren schon fast hier, als das Wasser kam«, bestätigte Cocha. »Anscheinend haben sie Hohenheim verlassen, bevor die cyprischen Truppen in Montania einfielen. Zumindest ein kleines bisschen wird dein Vater doch daran gezweifelt haben, diesen Krieg zu gewinnen.« Er lächelte betrübt. »Der gute alte Markannesch hat anscheinend eine Menge falscher Informationen über seine tatsächliche Truppenstärke verbreitet. Und über das Arsenal seiner sogenannten Waffen.«
    »Wenn das wahr ist, dann … Wo sind sie, Cocha? Wo ist mein Bruder? Ich muss Sora sehen«, antwortete Chita. »Bring mich zu ihm.«
    »Lass sie uns gemeinsam suchen«, schlug Cocha vor. »Allzu viel Land, auf dem sie sich verstecken könnten, ist ja nicht mehr übrig«, fügte er etwas leiser und in bitterem Ton hinzu, erlangte seine Beherrschung aber schnell wieder zurück und bedeutete Froh, der mit Chita von Barrums Schiff gekommen war, ihnen in den Hain zu folgen.
    Aber der Eingeborene schüttelte den Kopf und starrte konzentriert auf einen bestimmten Punkt am Strand, an dem er etwas entdeckt hatte, das seine Aufmerksamkeit vom Wrack des einzigen Manas abgelenkt hatte: Ein zwanzigstes ruderloses Schiff hatte es zu der Insel geschafft und sich zwischen die übrigen wuchtigen bis gigantischen Seegefährte gequetscht. Und gerade hatte jemand eine Rampe über die Reling und ins seichte Wasser hinabgeschoben, über das sich nun …
    … Kreaturen bewegten.
    Einige wenige der Tiere waren Froh bekannt, denn es gab sie auch in seiner Welt – allem voran ein paar Großkatzen, die vielleicht gefährlich waren, nun aber vollgefressen und träge wirkten, was die meisten der weißen Menschen aber nicht davon abhielt, ihre letzten Kraftreserven darauf zu vergeuden, schleunigst Sicherheitsabstand zu suchen. Hier und da ertönte ein Schreckens- oder Angstschrei, aber Froh blickte sich nicht um, denn er war durchaus in der Lage, ein hungriges Raubtier von einer zufriedenen Riesenkatze zu unterscheiden. Stattdessen heftete er seinen erstaunten Blick an verschiedene Arten von Affen, die den Raubkatzen folgten, aber alles andere als wohlgenährt aussahen, sondern kaum besser als die meisten Menschen, die die Welle überlebt und sich hierher geflüchtet hatten: mit struppigem, schmutzigem, salzverkrustetem Fell überzogene, kantige Skelette. Und an zahllose andere, ebenfalls schwächliche Tiere, die Froh noch nie zuvor gesehen hatte: zum Beispiel große, haarige Wesen, die auf Beinen wie Stelzen gingen und die goldglänzenden oder nachtschwarzen Räuber weiter vorne mit nunmehr matten, aber nichtsdestotrotz misstrauischen Glubschaugen beäugten. Jeweils drei Hautsäcke baumelten schlaff von einem knochigen Rückgrat herab. Er sah unverhältnismäßig kleine und mickrige Schweine ohne Fell und ochsenähnliche Ungetüme mit gewundenen Hörnern, die sich auf zittrigen Beinen an den Strand schleppten, und zuletzt eine Handvoll Menschen, die sich auf das Deck des ruderlosen Bootes wagten, abwarteten, bis die Raubkatzen im Dickicht des Hains verschwunden waren, und sich erst dann zwischen weiterem großen und kleineren Getier ebenfalls auf die Rampe wagten.
    »Was ist das?«, wandte er sich ungläubig an Chita und machte einen respektvollen Schritt zur Seite, als ein fast mannsgroßer, unendlich hässlicher Vogel mit ebenfalls vor Erschöpfung zitternden Knien, aber stolz erhobenen Hauptes dicht an ihm vorübermarschierte.
    »Sieht aus wie eine Lieferung für den Tiermarkt in Troma. Sie halten ihn während der Großen Spiele ab, weil der Zulauf zu dieser Zeit am größten ist«, antwortete Chita, die nicht minder irritiert und auch erschrocken wirkte und einen der Männer abfing, die das Mani gerade verlassen hatten.
    »Warum habt ihr die Tiere aus den Käfigen gelassen?«, wunderte sie sich. »Wisst ihr nicht, wie gefährlich eure Geparden und Ochsenreißer für uns hier werden
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