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Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff

Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff

Titel: Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff
Autoren: Lucinda Riley
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schlafwandelt. Als sie sich zu mir umgedreht hat, war ihr Blick …«, Grania suchte nach dem richtigen Wort, »… ausdruckslos. Als würde sie mich nicht wahrnehmen. Sie ist aufgewacht und wie ein erschrecktes Kaninchen den Klippenpfad entlanggerannt. Weißt du, wer das gewesen sein könnte?«
    Kathleen wurde blass.
    »Alles in Ordnung, Mam?«
    »Du hast sie gerade eben gesehen?«
    »Ja.«
    »Maria, Mutter Gottes.« Kathleen bekreuzigte sich. »Sie sind also wieder da.«
    »Wer ist ›wieder da‹, Mam?«, fragte Grania.
    »Warum sind sie zurückgekommen?« Kathleen blickte durchs Fenster in die Nacht hinaus. »Warum nur? Ich dachte, sie wären endlich weg.« Kathleen ergriff Granias Hand. »Bist du dir sicher, dass das ein kleines Mädchen war, keine erwachsene Frau?«
    »Ja, Mam. Ungefähr acht oder neun Jahre alt. Ich habe mir Sorgen gemacht. Die Kleine hatte keine Schuhe an; ihre Füße waren blau gefroren. Ich dachte zuerst, ich hätte einen Geist vor mir.«
    »Da liegst du vielleicht gar nicht so falsch, Grania«, murmelte Kathleen. »Sie sind noch nicht lange wieder da. Ich bin letzten Freitag nach zehn abends an ihrem Haus vorbeigekommen und habe kein Licht gesehen.«
    »Welches Haus ist es?«
    »Dunworley House.«
    »Das große verlassene Gebäude auf der Klippe?«, fragte Grania. »Das steht doch seit Jahren leer, oder?«
    »In deiner Kindheit, ja …« Kathleen seufzte. »Während deiner Zeit in New York sind sie zurückgekommen und nach dem … Unfall verschwunden. Niemand hätte gedacht, dass sie wieder hier auftauchen würden. Ehrlich gesagt, waren wir ganz froh darüber. Ihre und unsere Familie verbindet eine lange Geschichte. Aber«, Kathleen schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und machte Anstalten aufzustehen, »vorbei ist vorbei. Ich würde dir raten, dich von ihnen fernzuhalten. Sie bringen uns nur Schwierigkeiten.«
    Kathleen trat an den Herd, um den schweren Topf mit dem Abendessen aus dem Ofen zu holen.
    »Wenn das Kind, das ich beobachtet habe, eine Mutter hat, sollte die doch erfahren, in was für einer gefährlichen Situation sich ihre Tochter heute befand, oder?«, meinte Grania.
    »Die Kleine hat keine Mutter.« Kathleen rührte mit einem Holzlöffel in dem Eintopf.
    »Sie ist tot?«
    »Ja.«
    »Verstehe … Und wer kümmert sich um das arme Kind?«
    »Frag mich nicht.« Kathleen zuckte mit den Achseln. »Die Leute sind mir egal; sie interessieren mich nicht.«
    Grania runzelte die Stirn. Diese Reaktion war völlig untypisch für Kathleen, deren großes Herz für alle notleidenden Wesen, besonders Kinder, schlug.
    »Wie ist ihre Mutter gestorben?«
    Kathleen hörte auf zu rühren; es herrschte Stille. Erst nach einer ganzen Weile drehte sie sich seufzend zu ihrer Tochter um. »Wenn ich es dir nicht erzähle, erfährst du’s von jemand anders. Sie hat sich das Leben genommen.«
    »Selbstmord?«
    »Ja, so nennt man das wohl.«
    »Wie lange ist das her?«
    »Vier Jahre. Sie hat sich von der Klippe gestürzt. Ihre Leiche wurde zwei Tage später bei Inchydoney angeschwemmt.«
    Grania blieb einige Sekunden lang stumm, bevor sie sich erkundigte: »Wo genau ist sie gesprungen?«
    »Ich vermute an der Stelle, an der du heute ihrer Tochter begegnet bist. Wahrscheinlich hat Aurora nach ihrer Mutter gesucht.«
    »Du kennst ihren Namen?«
    »Klar. Der ist kein Geheimnis. Früher hat den Lisles alles hier gehört, ganz Dunworley, dieses Haus eingeschlossen. Sie waren die Herren der Gegend. In den Sechzigern haben sie den Grund verkauft und nur das Gebäude auf der Klippe behalten.«
    »Der Name kommt mir bekannt vor … Lisle …«
    »Der örtliche Friedhof ist voll mit ihren Gräbern.«
    »Du hast das Mädchen – Aurora – schon mal auf der Klippe beobachtet?«
    »Deswegen hat ihr Daddy sie weggebracht. Nach dem Tod ihrer Mutter ist Aurora immer die Klippen entlanggelaufen und hat, halb wahnsinnig vor Kummer, nach ihr gerufen.«
    Grania fiel auf, dass die Miene ihrer Mutter sanfter wurde. »Arme Kleine«, sagte sie mit leiser Stimme.
    »Ja, ein solches Schicksal hat sie nicht verdient. Aber der Familie haftet etwas Düsteres an. Hör auf mich, Grania, und lass die Finger von diesen Leuten.«
    »Warum sie wohl zurückgekommen sind?«, murmelte Grania.
    »Die Lisles machen, was sie wollen. Ich weiß es nicht, und es ist mir auch egal. Würdest du mir jetzt bitte helfen, den Tisch zu decken?«
    Grania ging wie an jedem Abend seit ihrer Ankunft kurz nach zehn in ihr Zimmer. Währenddessen deckte
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