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Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium
Autoren: Tom Egeland
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Polizisten gekommen. Ohne Sirene. »Die meisten übersehen die kleinen Dinge«, sagte er unvermittelt. »Dabei können wir viele Schlüsse aus dem ziehen, was auf den ersten Blick unwesentlich erscheint.« Er streckte die Hand aus. »Curt Henrichsen. Hauptkommissar der Mordkommission. Curt mit C . Henrichsen mit ch . So viel dazu. Sie haben den Toten gefunden?«
    »Ja. Leider. Ich heiße Bjørn Beltø.«
    »Dachte ich mir. Ich wusste doch, dass ich Sie irgendwoher kenne. Ich habe über Sie gelesen.«
    Er spielte damit auf einen archäologischen Fund an, an dem ich vor einigen Jahren beteiligt gewesen war. Die Zeitungen hatten darüber berichtet. Noch heute werde ich von Leuten auf der Straße erkannt.
    Um weiteren Attacken der Pinguine zu entgehen und sie nicht bei ihrer Arbeit zu stören, zogen wir uns in die Küche zurück. Henrichsen notierte meine Personalien auf seinem Spiralblock und fragte mich, wieso ich einen Schlüssel zu Christian Keisers Wohnung hätte. Ich erklärte ihm, dass wir gemeinsam an einem Buch arbeiteten. Was ihn aber viel weniger zu interessieren schien als die Frage, was ich zwischen fünf und sieben Uhr an diesem Morgen gemacht hatte.
    »Ist er da umgebracht worden?«
    »Das ist eine reine Routinefrage, ich frage Sie das nur der Ordnung halber.«
    »Ich habe geschlafen. An Bord des Fliegers zwischen Keflavik und Gardermoen.«
    »Hervorragendes Alibi«, scherzte er in einem Ton, als wüssten wir beide, dass ich der Mörder und es nur eine Frage der Zeit war, ehe er meine cleveren Tricks durchschaut und mich hinter Gitter gebracht hätte. »Dann ist das Ihr Koffer im Flur?«
    »Sie werden es weit bringen bei der Polizei, Herr Kommissar!«
    »Was haben Sie auf Island gemacht?«
    »Ich habe das Stofnun Árna Magnússonar besucht.«
    »Ich kann kein Isländisch.«
    »Das Árni-Magnússon-Institut ist der Universität in Reykjavik angeschlossen, dort werden alte Handschriften untersucht und konserviert. Man war mir bei der technischen Analyse eines Manuskriptes behilflich.«
    Henrichsen schaute von seinem Notizblock auf. Ein guter Polizist verlässt sich häufig auf seine Intuition. Eine ganze Weile saß er da und starrte mich ungeniert an. Ich bin Albino. Ich bin Blicke gewohnt.
    »Ein Buch. Ein Manuskript. Sehen Sie irgendeinen Zusammenhang zwischen dem Buchprojekt, dem Manuskript und dem Mord an Christian Keiser?«
    Die erlösende Frage.
    Ich atmete ein. Tief. Und dann erzählte ich ihm, was ich wusste. Berichtete von der Mumie und der Schriftrolle. Dass ich das Manuskript aus der Ukraine geschmuggelt hatte, erwähnte ich nicht, deutete aber an, dass ich im Auftrag der Universität den Kollegen in Kiew bei der Konservierung des Pergamentes behilflich war. Zum Schluss, als grand finale , sozusagen, erzählte ich von den Drohanrufen.
    »Von wem?«, fragte Henrichsen.
    » Unbekannt . Der Anrufer hat sich nicht vorgestellt. Der erste Anruf kam etwa vor einer Woche. Seitdem hat er jeden Tag angerufen. Nur heute nicht.«
    »In welcher Form hat er Sie bedroht?«
    »Hören Sie selbst.« Ich nahm mein Handy heraus.
    »Sie haben das Gespräch aufgezeichnet?«
    »Nur das erste. Als mir klar wurde, dass er wusste, dass ich im Besitz der Kiew-Handschrift bin, habe ich auf Aufnahme gedrückt. Die anderen Anrufe verliefen alle nach dem gleichen Muster.«
    Ich drückte die Lautsprechertaste. Die Aufnahme begann mit einem kratzenden Klicken, bevor die Stimme des Fremden einsetzte.
    »… gemeinsames Interesse, uns zu einem Gespräch zu treffen. Ich komme gerne nach Oslo. Wann immer es Ihnen passt.«
    »Leider …«
    »Beltø, es ist von äußerster Wichtigkeit!«
    »Ich sehe keine Veranlassung.«
    »Sie ahnen ja nicht, auf was Sie da gestoßen sind!«
    »Sie haben sich noch gar nicht vorgestellt.«
    »Ich bin ein Freund, ich kann Ihnen helfen.«
    »Wer sagt, dass ich Hilfe brauche?«
    »Glauben Sie mir, Sie brauchen Hilfe!«
    »Hören Sie, ich kann nicht …«
    »Bjørn Beltø! Sie sind in Gefahr!«
    »Das ist doch lächerlich.«
    »In Lebensgefahr, Beltø.«
    »Wer sind Sie?«
    »Ich vertrete eine Organisation, die Ihnen beistehen kann.«
    »Sobald dieses Gespräch beendet ist, werde ich die Polizei anrufen.«
    »Ich bin auf Ihrer Seite.«
    »Das glaube ich nicht …«
    »Ich kann es Ihnen erklären.«
    »Sie können mir nicht drohen.«
    »Ich drohe Ihnen nicht …«
    »Solche wie Sie kenne ich.«
    »Sie missverstehen mich. Ich möchte nur, dass Sie mir zuhören.«
    »Glauben Sie, Sie könnten mich
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