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Das Locken der Sirene (German Edition)

Das Locken der Sirene (German Edition)

Titel: Das Locken der Sirene (German Edition)
Autoren: Tiffany Reisz
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Morgen für mich, solange du nicht wach bist. Und es ist nicht Nacht, ehe du nicht in deinem Bett unter meinem Dach liegst und schläfst. Und ich könnte noch viel mehr aufzählen, aber Hoffnung ist ein zu grausames Geschenk, das ich dir nicht mehr machen kann. Ich möchte, dass du mir zuliebe etwas tust.“
    „Alles“, sagte Wesley. „Egal was.“
    „Bitte“, flehte sie. „Halte dein Versprechen.“
    Wesley öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, um Einspruch zu erheben, aber dann ertönte draußen das diskrete Hupen eines Autos. Er schaute Nora nur stumm an.
    Sie erwiderte seinen Blick. „Das ist für mich“, sagte sie und stand auf.
    „Du gehst wirklich zu ihm zurück?“
    Sie sah ihn an. Was hätte sie dafür gegeben, ihn in die Arme zu schließen und so lange festzuhalten, bis der Schmerz nachließ. Aber dafür blieb ihnen keine Zeit mehr. Denn sowohl sein Schmerz als auch ihrer würden nicht so bald vergehen.
    „Wes, ich glaube nicht, dass ich ihn überhaupt je verlassen habe.“
    Sie nahm die Handtasche, die neben der Tür stand, und kramte darin, bis sie ihre Geldbörse fand. Sie zog sie heraus und stellte für Wesley einen Scheck aus.
    „Hier.“ Sie gab ihm den Scheck. „Eine Lohnnachzahlung. Das sollte das Schulgeld und alles andere, was du für den Rest des Semesters brauchst, abdecken.“
    Wesley nahm den Scheck und riss ihn methodisch in kleine Stücke. „Ich habe dein Geld nie gewollt oder gebraucht. Ich habe immer nur dich gewollt. Nora, bitte …“
    Sie schaute ein letztes Mal zu ihm zurück und wünschte zugleich, sie hätte es nicht getan. Sie wusste, sie sah ihn jetzt zum letzten Mal. Vielleicht für immer. Die letzte Erinnerung, die sie an ihn mitnahm, sollte eine glückliche sein … wie der Tag, an dem sie in ihrem Wohnzimmer getanzt hatten, weil ihr fünftes Buch in die Bestsellerliste eingestiegen war … die Nacht, in der sie bis drei Uhr wach geblieben waren, um den Meteoritenregen zu beobachten … jener Samstag letzten Sommer, als er sie das erste Mal zum Reiten mitgenommen hatte … der letzte Sonntag, als er ihr seine Jungfräulichkeit hatte schenken wollen und es nichts auf der Welt gegeben hatte, das sie lieber hätte annehmen wollen … Aber sie wusste, sie würde nie diesen Gesichtsausdruck vergessen. Die Verzweiflung, diesen gebrochenen Blick …
    „Geh nicht“, bettelte er. „Ich liebe dich. Ich habe dich immer …“
    Nora brachte ihn zum Verstummen, indem sie einfach ihre Hand über seinem Herz auf die Brust legte.
    Er legte seine so viel größere Hand auf ihre kleine, und sie atmete ganz flach. „Ich hatte unrecht, Wes. Was die Uhrkette und die Kämme betraf – du bist das Einzige von Wert, das ich besitze.“
    „Nora …“
    „Vergiss nicht, auf deinen Blutzucker zu achten. Und halte dich von den Kohlenhydraten fern, versprichst du mir das? Mach deine Hausaufgaben und …“ Nora schloss die Augen. Tränen rannen ihr übers Gesicht. Sie atmete tief ein und schaute ihn wieder an.
    „Das werde ich“, versprach er. Seine Stimme klang hohl. Die Augen waren entsetzt aufgerissen.
    Sie löste sich von ihm und verließ das Haus nur mit der Tasche. Ein grauer Rolls-Royce wartete am Straßenrand. Sie stieg hinten ein und brach zusammen.
    „Bonjour
, Maîtresse“, sagte Kingsley, der neben ihr auf der Rückbank saß.
    „Nein, dies ist kein
bon jour
, Monsieur.“ Sie lehnte sich gegen ihn. Ihr Kopf ruhte auf seinen Knien.
    „Ich weiß, Elle.“ Kingsley legte die Hand auf ihre fiebrige Stirn. Sie zuckte zusammen, weil in seiner Stimme Mitleid mitschwang und auch seine Berührung so mitfühlend war. „Wohin jetzt? Du hast gesagt, du bräuchtest einen Ort, um dich für ein paar Tage zu verstecken? Willst du zu mir nach Hause? In den Zirkel?“
    „Bring mich irgendwohin“, sagte sie.
    „Irgendwo?“, hakte er nach.
    Nora schloss die Augen. Das Schmerzmittel siegte schließlich doch über ihren Wunsch, wach zu bleiben. Als der Schlaf sie übermannte, hatte sie nicht das Gefühl, zu fallen, sondern zu fliegen.
    „King – bring mich einfach nach Hause.“

35. KAPITEL
    E s gab nichts, das sich mit dem Londoner Nebel vergleichen ließ – hatte es auch nie gegeben.
    Zach lachte still in sich hinein, als er sich an seinen Spitznamen bei Royal House erinnerte. Er hatte gedacht, er sei der einzige Londoner Nebel, den man je zu Gesicht bekommen würde. Aber ausgerechnet heute Abend herrschte auch in London Nebel. Hell und klar kam er von Süden heran und wand
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