Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Loch in der Schwarte

Das Loch in der Schwarte

Titel: Das Loch in der Schwarte
Autoren: Mikael Niemi
Vom Netzwerk:
sie zu einer Pressekonferenz. Der Zeitpunkt für ihre gründlich vorbereitete Rede
    war gekommen. Ihre Botschaft an die Menschheit. Die Mitteilung war kurz gefasst, insgesamt lautete sie folgendermaßen:
    »0,002.«
    Niemand begriff etwas. Die Besucher wiederholten hartnäckig die Zahl: 0,002. Mehr konnten sie nicht anbieten. Sie hatten den kosmischen Standardtest durchgeführt, der für seine Zuverlässigkeit und Objektivität bekannt war, und wenn wir Erdlinge daran interessiert waren, Mitglied des kosmischen Parlaments zu werden, dann war unsere Erdenstimme 0,002 Standardstimmen wert.
    Zwei Tausendstel.
    Ihre Kultur selbst hatte 385 Standardstimmen. Ebenso objektiv errechnet. Wenn man intelligent ist, dann ist man es halt.
    Es gab ein Riesengezeter. Die Vereinten Nationen traten zusammen. 0,002, das war eine Beleidigung! Ein Planet – eine Stimme, sonst wurde nichts draus.
    Ihr steigt auf 0,003, wenn ihr mit den Kriegen aufhört, lautete die Antwort.
    Unverschämtheit! Undemokratisch, der reinste Hohn!
    Ihr seid nicht mehr wert als 0,002. Versteht ihr das nicht? Ihr könnt ja nicht einmal lesen.
    Natürlich können wir lesen, was ist das denn für ein Blödsinn!
    Ihr könnt nicht einmal Gedanken lesen. Das ist
    doch anmaßend. Ihr steht auf einem so niedrigen Niveau, selbst unsere Fistelwürmer stehen höher in der Entwicklung.
    Fistelwürmer! 0,002! Hütet eure Zungen, sonst beschlagnahmen wir den Blechhaufen, mit dem ihr gekommen seid, und stellen euch in Formalin aus.
    Zzzzopp, weg waren sie. Kurz darauf stellte man fest, dass die Titangruben der Erde geleert worden waren. Die Besucher waren eigentlich Hochstapler, die so getan hatten, als studierten sie uns, während ihre Teleporteure herumgeschlichen waren und das gesamte Titan zum Mutterschiff geschleppt hatten, dessen sie habhaft werden konnten. Reingelegt worden waren wir.
    Die Besucher verschwanden in den Galaxien und prahlten wahrscheinlich an jeder galaktischen Bartheke damit, wie schlau sie gewesen waren. Wie sie uns nach Strich und Faden reingelegt hatten.
    Auf diese Art wurden die Koordinaten der Erde übers ganze Weltall verbreitet, und es dauerte nicht lange, da kam der nächste exotische Besuch. In den Zeitschriften sah man Fotos von Gurken, violetten Gurken mit Borstenhaaren und Kellerasselfüßen, Gurken mit so verfeinerten und behänden Umgangsformen, dass wir im Vergleich dazu wie Affen wirkten.
    Affen. Wenn es wenigstens so wäre.
    Nach anfänglichem, verständlicherweise auftretendem Misstrauen von Seiten der Erdlinge, gelang es den Gurken schließlich, uns davon zu überzeugen, dass sie die echten Repräsentanten des kosmischen Parlaments waren. Diplomatisch führten sie ihre Messungen und Analysen durch, und sie kamen zu dem Schluss, dass ein Stimmenanteil von 0,002 deutlich zu niedrig für uns Erdenbewohner sei. Er sollte 0,003 lauten.
    Übrigens war es nur gut, dass wir vor kurzem die Kriege beendet hatten, das machte uns ebenbürtig mit den Fistelwürmern daheim.
    Als die Gurken abgefahren waren, kamen bald die Anthropologen. Das Gerücht hatte sich bis in die Universitäten und Hochschulen am gesamten Sternenhimmel verbreitet. Man hatte eine neu entdeckte Kultur gefunden, und alle wollten die Ersten sein, die uns beschrieben.
    Das konnte ungemein irritierend sein. Stell dir vor, du sitzt zu Hause in deinem Sessel und guckst dir ein Sportprogramm an. Ein spannendes Cupfinale auf Kabel-TV, Liverpool gegen Juventus, und du hast
    2:1 für Liverpool getippt. Es sind noch sieben Minuten zu spielen, und es steht 1:1. Aber Liverpool drängt vor, von Juventus hat der Verteidiger Scarlatti die rote Karte erhalten, und das heimatliche Publikum grölt vor Erregung.
    Da senkt sich eine bläuliche, zehn Zentimeter lange Sardine auf deinen Couchtisch herab.
    »Entschuldigung, was du tun?«, piepst sie.
    »Halt’s Maul«, sagst du.
    »Ich nicht stören will«, versichert sie. »Nur forschen, was du tun.«
    »Ich gucke Fußball.«
    »Warum du gucken Fußball?«
    »Es ist spannend.«
    »Warum spannend?«
    »Na, wer wohl gewinnt.«
    Liverpool bekommt einen Freistoß direkt vor dem Strafraum. Ein steinharter Schuss, gegen die Latte und zurück, Tumult vor dem Juventustor, alles frei, neeeiiin …
    »Warum du sagen ›neeeiiin‹?«
    »Die haben ihn verloren, verdammt!«
    »Das Weiße da verloren?«
    »Das nennt man einen Ball.«
    »Du jetzt traurig? Du traurig? Ja?«
    »Halt die Schnauze, verdammt noch mal!«
    Eine Weile bleibt es still. Juventus gibt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher