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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Gerit Bertram
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» Werd noch mal kurz ins Geschäft hinuntergehen. Bis ich zurück bin, habt ihr zwei hier Ordnung geschaffen und das Essen steht auf dem Tisch! «
    Nachdem er gegangen war, stellte Anna einen Topf auf den Herd, um die Suppe vom Vortag zu erwärmen.
    » Hier bleib ich nicht lange « , presste Sebastian hervor, nachdem der Onkel hinausgegangen war. » Nicht ein gutes Haar lässt er an mir. Ich verschwinde, hörst du? «
    Anna hielt ihn fest. » Hast du einen besseren Vorschlag? Wo sollen wir denn hin? Wir müssen froh sein, dass er uns aufgenommen hat. «
    Sebastian schnaubte. » Gestern hab ich gehört, wie er zu Martin meinte, dass er das Haus und die Werkstatt unserer Eltern verkaufen will. Ich bin Gewandschneider, kein Wagner, hat er gesagt. «
    Anna hatte einen rüden Kommentar auf der Zunge, hielt ihn aber aus Rücksichtnahme auf den Bruder zurück. Für sie war Pfanner nichts als ein kaltschnäuziger, hartherziger Mensch. Machte ihm der Verlust der Familie denn gar nichts aus? Ihr Bruder und sie waren seine letzten Verwandten, aber selbst in dieser Situation gab er ihnen stets das Gefühl, ihm lästig zu sein. Oder verbarg der Onkel seine Gefühle nur hinter seiner ruppigen Fassade? Unglücklicherweise waren sie auf ihn angewiesen, also musste sie weiterhin die folgsame und sanfte Waise spielen. Oh, wie sie es hasste, sich zu verstellen!
    Als Sebastian sich abwendete, um einen neuen Teller zu holen, betrachtete Anna nachdenklich seinen Rücken. Sie würde auf ihn achten müssen. Ihnen blieb keine andere Wahl, als das Beste aus der Situation zu machen. Ihre Gedanken schweiften zu Martin, dem Ziehsohn ihres Onkels. Wenn erst die Trauerzeit vorbei war und das Leben wieder in ruhigeren Bahnen verlief, wollte Martin um ihre Hand bitten. Bestimmt würde Onkel Gerald erfreut sein, immerhin war sie eine gute Köchin und lernte schnell. Vorerst würde er jedoch froh sein, ein Weib im Haus zu haben, das sich um seinen Haushalt kümmerte, nachdem seine Frau an der Pestilenz gestorben war. Außerdem verstand Anna sich darauf, ihn zu beschwichtigten, wenn sein aufbrausendes Wesen mal wieder mit ihm durchging. Ein unschuldiger Augenaufschlag hier, ein Lächeln dort hatten bisher wahre Wunder bewirkt. Wie viel Kraft es sie allerdings kostete, ihm nicht ihre Gedanken entgegenzuschleudern, wusste nur sie allein.
    Anna rieb sich die pochenden Schläfen. Wenn sie bloß für einen Moment die Vergangenheit heraufbeschwor, glaubte sie, die Gegenwart nicht länger ertragen zu können.

KAPITEL 3
    E inzig jene Stunden, in denen sie sich mit Martin traf, brachten Licht in Annas Leben. Meist schlichen sie sich beide abends aus dem Haus, wenn der Onkel bereits in seiner Kammer verschwunden war. Sebastian, den sie längst in ihr Geheimnis eingeweiht hatte, schwang keine langen Reden über Moral und Anstand, sondern half ihr, denn Martin war auch ihm zum Freund geworden. Anfangs hatte der Bruder sie davon abhalten wollen, zu gefährlich war es, das Haus zu verlassen, wenn sich die Dunkelheit über die Stadt senkte. Anna hatte nur gelacht, denn im Gegensatz zu Sebastian kannte sie keine Angst vor der Nacht.
    Als Onkel Gerald Martin, Sebastian und Anna eines Abends nach dem Essen verkündete, dass er die Nacht in den Geschäftsräumen verbringen werde, da er am frühen Morgen eine wichtige Besprechung außerhalb der Stadtmauern habe, wallte Erregung in ihr auf. Während sie die Küche aufräumte und das Geschirr abwusch, hatte sie Mühe, ihre Gefühle hinter einer gleichmütigen Miene zu verbergen.
    » Wartet morgen nicht auf mich, vor dem frühen Abend werde ich wohl kaum daheim sein « , fügte der Onkel noch hinzu und drehte den Becher, der vor ihm auf dem Tisch stand, gedankenverloren in der Hand.
    » Noch ein Bier, lieber Oheim? « , fragte Anna und warf Martin einen bedeutungsvollen Blick zu. Sie hielt dem Onkel den Krug hin, doch er wehrte ab.
    » Nett von dir, aber ich habe genug. « Schwerfällig erhob er sich, strich seinen Wams glatt und tätschelte ihr die Wange. » Ich werde dann mal. Bis morgen. «
    Mit diesen Worten verließ er den Raum.
    Kaum hatte er die Tür ins Schloss gezogen, ließ Anna das Tuch sinken.
    Sebastian, der hinter sie getreten war, umfasste ihre Taille. » Seid ja vorsichtig « , flüsterte er. » Wir wissen nicht, wozu er imstande ist, wenn er euch erwischen sollte. «
    Anna wandte sich zu ihm um und begegnete seinem besorgten Blick. Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. » Keine Sorge, Bruderherz. Es
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