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Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)
Autoren: Claire Bouvier
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Wangen tiefrot verfärbten.
    Unter den Männern waren einige, die ihr durchaus hätten gefallen können. Doch die Tatsache, dass sie verlobt war, hatte sie davon abgehalten, sich schwärmerischen Fantasien hinzugeben.
    »Nein, sie sprachen von dem blonde german girl . Und wie du siehst, bist du die einzige Blonde hier.«
    »Das stimmt nicht!«, protestierte Marie. »Katty und Elvira haben ebenfalls blonde Haare.«
    »Katty ist rotblond, das nennen sie hier ginge r. Jedenfalls wenn du mir keinen Unsinn erzählt hast.«
    »Ginger ist rotblond, das stimmt«, entgegnete Marie.
    »Und Elviras Dunkelblond würde ich eher für Brünett halten. Wenn die Jungs von einer Blonden sprechen, dann werden sie schon dich meinen.« Lächelnd streckte Ella die Hand nach Maries Zopf aus, der ein wenig unordentlich über ihre Schulter fiel.
    Verwirrt drehte sich Marie zur Seite. »Wie du weißt, bin ich verlobt.«
    »Mit einem Geistlichen!«, entgegnete Ella neckend. »Vielleicht sieht er aus wie Reverend Willoghby. Dann wird in der Hochzeitsnacht kein Feuer brennen.«
    »Er ist noch jung!«, protestierte Marie, die den Lebenslauf ihres Verlobten gründlich studiert hatte. »Und die Pastoren zu Hause haben alle ziemlich viele Kinder! Das war bei euch in Hamburg doch nicht anders, oder?«
    »Nein, war es nicht«, entgegnete Ella. »Bei uns kannten die Pastoren keine Zurückhaltung; einige von ihnen hatten zehn Kinder und mehr.«
    »Na siehst du!«
    »Aber ich weiß trotzdem nicht, wie es um ihre Liebeskünste bestellt ist. Wahrscheinlich zieht er alle Vorhänge zu und löscht das Licht, bevor er zu dir kommt.«
    Marie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Nicht zum ersten Mal hörte sie von dem, was Mann und Frau in der Hochzeitsnacht und danach – und manchmal auch davor – taten. Viele der Mädchen hatten bedenklich viel Ahnung, ganz zu schweigen von den Frauen, die bereits verheiratet gewesen waren. So ungeniert wie auf dem Schiff und nun auf dem Treck hätten sie zu Hause sicher nicht darüber sprechen können.
    »Letztlich ist es doch egal, wie, oder?«
    »Nein, das ist es nicht!« Ellas Augen blitzten vergnügt. Sie amüsierte sich köstlich über Maries Schüchternheit. »Spaß machen soll es doch auch! Jedenfalls meint Lisa das. Aber wenn dein Reverend noch jung ist, wird er jede Nacht zu dir kommen, bis du einen dicken Bauch hast. Und kaum ist das Kind raus, ist er wieder bei dir.«
    Marie wusste nicht, was sie von solchen Reden halten sollte. Freude angesichts dieser Aussichten überkam sie nicht. Dass Frauen Kinder bekamen, war die natürlichste Sache der Welt; dennoch verspürte sie Unbehagen.
    Vielleicht verfliegt es, wenn ich erst einmal meinen Mann kennen- und vielleicht auch lieben gelernt habe, dachte sie im Stillen. »Du solltest dir lieber Gedanken um deinen Warenhausbesitzer machen«, sagte sie dann laut. »Hoffentlich hat er nicht so viel Arbeit, dass er nicht in dein Bett will.«
    Ella lächelte verschmitzt und winkte ab. »Und wenn schon! Schlimmstenfalls ist er alt. Und bestenfalls hat er einen netten Boy in seinem Laden, der aushelfen kann.«
    »Ella!«, rief Marie entrüstet, doch die kniff ihr lachend in die Wange, sodass sie auch nicht anders konnte, als zu kichern.
    Nachdem die Frauen ihre Wäsche beendet hatten, strebten sie wieder den Wagen zu. Auf einer Feuerstelle wurde derweil das Frühstück vorbereitet. Bevor auch sie im Wagen verschwand, um ihr Essgeschirr zu holen, ließ Marie den Blick über ihren Lagerplatz schweifen. Zu gern hätte sie in der üppigen Vegetation einen kleinen Spaziergang unternommen, um sich die Pflanzen von Nahem zu besehen. Doch auf dem Treck gab es keine Extratouren.
    Ich werde später Gelegenheit haben, mir alles anzusehen, tröstete sie sich, während sie Blechnapf und Löffel aus ihrer Tasche holte.

3. Kapitel

    Nach einem Frühstück aus Kaffee, Zwieback und Porridge, den eine der Frauen zubereitet hatte, zog der Treck weiter. In der Mittagshitze hielten sich die Wagen im Schatten der hohen Nadelbäume. Marie nutzte die Kühle, um sich auf den hinteren Seiten ihrer Kladde ein paar Notizen zur Vegetation zu machen. Um mit ihren Erinnerungen fortzufahren, brauchte sie Ruhe, also sah sie jetzt davon ab.
    Als sie fertig war, blickte sie zu den anderen. Während Ella vor sich hin döste, beschäftigte sich Marthe mit ihrem Strickzeug. Klara steckte die Nase in ein zerlesenes Buch.
    Ein spitzer Schrei brachte Marie dazu, aus dem Wagen zu spähen. Über ihnen kreiste
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