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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit
Autoren: Peter V. Brett
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erzählte sie. »Sie behauptet, mit deinen neuen Siegeln und den Holzfällern, die herumlaufen und jeden Dämon, der sich blicken lässt, kurz und klein hacken, wäre es ein unnötiger Aufwand.«
    Der Tätowierte Mann runzelte die Stirn. »Ich weiß, es sieht ganz danach aus, als hätten wir die Dämonen eingeschüchtert, aber wenn man sich mit der Geschichte der Dämonenkriege beschäftigt und die Berichte stimmen, dann wird es nicht immer so bleiben. Die Horclinge werden mit aller Macht zurückschlagen, und darauf muss das Tal der Holzfäller sich vorbereiten.«
    »Das Tal des Erlösers«, verbesserte Rojer und grinste, als der Tätowierte Mann ihn wütend anfunkelte.
    »Wenn du hier bist, dann wird das Dorf vorbereitet sein«, meinte Leesha, und nippte, Rojers Einwurf ignorierend, an
ihrem Tee. Über den Rand ihrer Tasse hinweg musterte sie den Tätowierten Mann prüfend.
    Als er zögerte, setzte sie die Tasse ab. »Du gehst«, stellte sie fest. »Wann?«
    »Wenn die Vorbereitungen im Dorf abgeschlossen sind«, antwortete er, ohne ihre Schlussfolgerung abzustreiten. »Ich habe viele Jahre vergeudet, indem ich Siegel gehortet habe, die die Freien Städte tatsächlich frei machen können, nicht nur dem Namen nach. Ich schulde es jeder Stadt und jedem Weiler in Thesa, ihnen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die sie brauchen, um sich gegen die Nacht zu behaupten.«
    Leesha nickte. »Wir möchten dir helfen.«
    »Ihr helft mir jetzt schon. Bei euch ist dieses Dorf in guten Händen, und ich kann mich darauf verlassen, dass während meiner Abwesenheit kein Unheil geschieht.«
    »Das genügt aber nicht«, widersprach Leesha. »Du brauchst jemanden, der anderen Kräutersammlerinnen beibringt, wie man Feueröle und Gifte herstellt und Verletzungen durch Horclinge behandelt.«
    »Du solltest alles aufschreiben«, schlug der Tätowierte Mann vor.
    Leesha schnaubte durch die Nase. »Und einem Mann die Geheimnisse des Feuers anvertrauen? Niemals!«
    »Und ich kann auf gar keinen Fall aufschreiben, wie man lernt, auf der Fiedel zu spielen«, bemerkte Rojer.
    Der Tätowierte Mann zögerte, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, ich kann euch nicht mitnehmen«, entschied er. »Ihr würdet mich nur behindern. Ich halte mich wochenlang in der Wildnis auf, und dafür habt ihr beide nicht die Nerven.«
    »Denkst du?«, warf Leesha ein. »Rojer, schließ die Fensterläden!«
    Die Männer sahen sie neugierig an.

    »Nun mach schon«, drängte sie. Rojer stand auf, klappte die Läden zu, und der Raum war in ein unheimliches Halbdunkel getaucht. Leesha schüttelte bereits ein Fläschchen mit Chemikalien, und ein phosphoreszierender Schein beleuchtete ihre Gestalt.
    »Die Falltür!«, bestimmte sie, und der Tätowierte Mann hob die Klappe an, durch die man in den Keller gelangte, wo das Dämonenfeuer aufbewahrt wurde. Die Luft, die von unten heraufstieg, war mit chemischen Düften überladen.
    Leesha führte sie hinab in das Dunkel, das schimmernde Fläschchen hoch erhoben. Sie trat zu ein paar Wandleuchtern und verteilte Chemikalien in Glaskrüge, doch die scharfen Augen des Tätowierten Mannes hatten bereits gewisse Dinge entdeckt, ehe der Raum hell wurde.
    Man hatte wuchtige Tische in den Keller gebracht, und darauf lagen, mal stärker, mal weniger stark seziert, ein halbes Dutzend Horclinge.
    »Beim Schöpfer«, stammelte Rojer und fing an zu würgen. Er sauste die Treppe wieder hoch, und sie konnten hören, wie er oben nach Luft japste.
    »Nun ja, Rojer hat vielleicht nicht besonders starke Nerven, wenn sich ihm bei diesem Anblick der Magen umdreht«, kommentierte Leesha schmunzelnd. Sie wandte sich an den Tätowierten Mann. »Wusstest du, dass Baumdämonen zwei haben? Mägen, meine ich. Einer sitzt über dem anderen, und zusammen sehen sie aus wie ein Stundenglas.« Sie nahm ein Instrument und schälte Fleischschichten von dem toten Horcling ab, um ihre Behauptung zu veranschaulichen.
    »Ihre Herzen sitzen nicht in der Mitte der Brust, sondern sind nach rechts unten versetzt«, fuhr sie fort. »Aber zwischen der dritten und der vierten Rippe gibt es eine Lücke. Das sollte man sich merken, wenn man einem Dämon den Todesstoß versetzen will.«

    Verblüfft sah der Tätowierte Mann sich um. Als er Leesha wieder anschaute, war es, als sähe er sie nun zum ersten Mal. »Woher hast du diese …?«
    »Ich habe ein Wort mit den Holzfällern gewechselt, die du losgeschickt hast, um in dieser Gegend zu patrouillieren«, erklärte Leesha.
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