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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit
Autoren: Peter V. Brett
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stark genug, um zu kämpfen!«, beharrte Smitt, und der massige Gastwirt schleifte Rojer mit sich, als der arme Jongleur vergeblich versuchte, ihn zurückzuhalten.
    »Du bist krank!«, schnauzte Leesha ihn an, Rojer zu Hilfe eilend. »Wenn du rausgehst, wirst du getötet!« Im Laufen kippte sie den Inhalt einer kleinen Flasche auf einen Lappen.
Wenn sie diesen auf Smitts Gesicht presste, würden die Dämpfe ihn rasch bewusstlos machen.
    »Meine Stefny ist da draußen!«, brüllte Smitt. »Und mein Sohn und meine Töchter!« Er packte Leeshas Arm, als sie die Hand mit dem Lappen nach ihm ausstreckte, und stieß sie heftig zur Seite. Sie prallte gegen Rojer, und beide purzelten in einem Gewirr aus Armen und Beinen zu Boden. Smitt schickte sich an, nach dem wuchtigen Riegel des Hauptportals zu greifen.
    »Smitt, nein!«, schrie Leesha. »Du lässt sie rein, und wir werden alle sterben!«
    Doch in seinem Fieberwahn achtete der Gastwirt nicht auf ihre Warnung, umklammerte den Balken mit beiden Händen und hob ihn an.
    Darsy packte ihn bei den Schultern, drehte ihn um und verpasste ihm einen Kinnhaken. Durch die Wucht des Schlags wurde Smitt noch einmal herumgewirbelt, ehe er umkippte.
    »Ein bisschen Gewalt wirkt manchmal besser als alle Kräuter und Nadeln«, meinte Darsy und schüttelte ihre schmerzende Hand.
    »Jetzt begreife ich, warum Bruna einen Stock brauchte«, erwiderte Leesha. Die beiden Frauen legten sich Smitts Arme über die Schultern und schleppten ihn zu seinem Strohsack zurück. Hinter dem Portal brauste der Lärm des erbitterten Kampfes.
    »Es klingt, als versuchten sämtliche Dämonen des Horcs, hier einzudringen«, brummte Darsy.
    Von oben hörte man ein Krachen, und dann schrie Wonda. Das Geländer der Empore zerbarst, Holzbalken stürzten herab, töteten einen unglücklichen Mann, der sich direkt darunter aufhielt, und verletzten einen anderen. Eine gigantische Gestalt sprang in ihre Mitte, landete brüllend auf einer kranken
Frau und zerfetzte ihr die Kehle, ehe sie wusste, wie ihr geschah.
    Der Baumdämon richtete sich zu seiner vollen, furchterregenden Größe auf. Leesha spürte, wie ihr Herz einen Schlag aussetzte. Sie und Darsy erstarrten, zwischen sich Smitt, der sie wie ein totes Gewicht herunterzog. Der Speer, den der Tätowierte Mann ihr gegeben hatte, lehnte völlig außer Reichweite an einer Wand, und selbst wenn sie ihn in den Händen gehalten hätte, zweifelte sie daran, ob sie gegen diesen Koloss etwas hätte ausrichten können. Die Kreatur kreischte sie an, und sie merkte, wie ihre Knie weich wurden.
    Doch plötzlich war Rojer zur Stelle, pflanzte sich zwischen ihnen und dem Dämon auf. Der Horcling fauchte, und Rojer schluckte krampfhaft. Jeder Instinkt sagte ihm, dass er weglaufen und sich verstecken sollte, doch stattdessen klemmte er sich die Fiedel unter das Kinn, setzte den Bogen an die Saiten und füllte das Haus mit einer traurigen Melodie.
    Der Horcling zischte dem Jongleur ins Gesicht und fletschte die Zähne, die lang und scharf waren wie Tranchiermesser. Aber Rojer hörte nicht auf zu spielen, und der Dämon blieb stehen, legte den Kopf schräg und starrte ihn neugierig an.
    Nach einer Weile begann Rojer, sich hin und her zu wiegen. Der Dämon, den Blick fest auf die Fiedel gerichtet, ahmte ihn nach.
    Ermutigt machte Rojer einen Schritt nach links.
    Der Dämon tat einen Schritt nach rechts.
    Rojer zog den Fuß zurück, und der Horcling äffte auch diese Bewegung nach.
    Dann schritt Rojer langsam in einem weiten Bogen um den Dämon herum. Der wie unter Hypnose stehende Horcling folgte ihm in die Runde, bis er die entsetzten und verängstigten Menschen nicht mehr vor sich hatte.

    Unterdessen hatten Leesha und Darsy Smitt auf seinen Strohsack verfrachtet, und Leesha holte sich eilig ihren Speer. Angesichts des kolossalen Dämons kam er ihr wie ein Stachel vor, denn die Arme der Bestie waren viel länger als der Speer, trotzdem trat sie vor, denn sie wusste, dass sich ihr keine günstigere Gelegenheit bieten würde. Sie biss auf die Zähne und stieß den Speer mit aller Kraft in den Rücken des Horclings.
    Ein Blitz flammte auf, Leesha fühlte sich einen kurzen Augenblick lang wie in einem euphorischen Rausch, als die Magie in ihre Arme hineinströmte, und dann wurde sie zurückgeschleudert. Sie sah zu, wie der Dämon schreiend um sich schlug und versuchte, den glühenden Speer aus seinem Rücken zu reißen. Rojer wich ihm aus, als er in seinen Todeszuckungen gegen das Portal
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