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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit
Autoren: Peter V. Brett
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prallte und es noch im Sturz aufriss.
    Die Dämonen stimmten ein Triumphgeheul an und stürzten auf den Eingang zu, doch dort nahm Rojer sie mit seiner Musik in Empfang. Aber er spielte nicht mehr die getragene, hypnotische Melodie, sondern erzeugte scharfe, dissonante Klänge; die Horclinge hielten sich die Ohren zu und taumelten zurück.
    »Leesha!« Mit einem lauten Knall flog die Seitenpforte auf, und als Leesha sich umdrehte, sah sie, wie der Tätowierte Mann in den Raum stürmte; er war von Kopf bis Fuß mit seinem eigenen und dem Blut von Dämonen bedeckt und starrte verzweifelt in die Runde. Er erstarrte, als sein Blick auf den toten Baumdämon fiel, dann sah er Leesha direkt in die Augen. Seine Erleichterung war unverkennbar.
    Am liebsten hätte sie sich in seine Arme geworfen, aber er wandte sich bereits ab und rannte zu der zertrümmerten Tür. Rojer bewachte ganz allein den Eingang, und seine Musik hielt die Dämonen genauso zuverlässig zurück wie ein intaktes Netz aus Siegeln. Der Tätowierte Mann schleifte den toten Baumdämon
zur Seite, riss den Speer heraus und warf ihn Leesha zu. Dann hetzte er hinaus in die Nacht.
    Als Leesha das Blutbad auf dem Dorfplatz sah, zerriss es ihr fast das Herz. Dutzende von Kindern lagen tot oder sterbend im Schlamm, und der Kampf tobte immer noch weiter.
    »Darsy!«, schrie sie, und als die Frau sie erreicht hatte, rannten beide in die Nacht hinaus, um die Verwundeten zu bergen.
    Wonda lag röchelnd am Boden, als Leesha sie fand; ihre Kleidung bestand nur noch aus blutigen Fetzen. Ein Baumdämon ging zum Angriff über, als Leesha und Darsy sich bückten, um das Mädchen hochzuheben, aber Leesha zog ein Fläschchen aus ihrer Schürze und warf es dem Horcling ins Gesicht, wo das dünne Glas zerschellte. Die Kreatur kreischte, als die Säure ihre Augen verätzte, und die beiden Kräutersammlerinnen eilten mit der Verwundeten ins Haus.
    Drinnen legten sie das Mädchen auf einen Strohsack, und Leesha brüllte einer ihrer Helferinnen Anweisungen zu, ehe sie wieder nach draußen rannte. Am Eingang stand Rojer, und das Kratzen seiner Fiedel bildete eine Barriere aus Schall, die den Weg freihielt; in ihrem Schutz gelang es Leesha und anderen Helfern, die Verletzten ins Haus zu schleppen.

    Die Schlacht dauerte die ganze Nacht. Mal schien sie sich ausgetobt zu haben, um an anderer Stelle mit vermehrter Wucht neu auszubrechen; doch in dem Auf und Ab fanden die Dörfler Gelegenheit, in ihre Zirkel zurückzutaumeln oder sich ins Heilige Haus zu flüchten, um wieder zu Atem zu kommen oder in
gierigen Schlucken Wasser hinunterzustürzen. Eine volle Stunde lang ließ sich kein einziger Horcling blicken, doch danach fiel ein großes Rudel Dämonen, die meilenweit gerannt sein mussten, über die erschöpften Menschen her.
    Irgendwann einmal hörte es auf zu regnen, doch keiner konnte sich an den genauen Zeitpunkt erinnern, weil alle viel zu sehr damit beschäftigt waren, den Feind anzugreifen und den Verletzten zu helfen. Vor dem Eingangsportal formierten sich die Holzfäller zu einem Wall, während Rojer über den Platz wanderte und mit seiner Fiedel die Dämonen vertrieb, damit man die Verletzten auflesen konnte.
    Als das erste Licht der Morgendämmerung über den Horizont stieg, hatte sich der Schlamm auf dem Dorfplatz in einen fauligen Brei aus Menschen- und Dämonenblut verwandelt; überall lagen Tote und Leichenteile verstreut. Viele Menschen prallten erschrocken zurück, als die Sonne auf die Kadaver der Dämonen schien und sie in Brand setzte. An allen Ecken und Enden des Platzes loderten Stichflammen hoch wie von flüssigem Dämonenfeuer, während die Sonne der Schlacht ein Ende setzte und die wenigen Dämonen, die noch zuckten, verbrannte.
    Der Tätowierte Mann blickte in die Gesichter der Überlebenden; mindestens die Hälfte seiner Kämpfer hatten das Chaos überstanden, und er staunte über die Stärke und Entschlossenheit, die diese Leute nun ausstrahlten. Es war kaum zu glauben, dass dies dieselben Menschen waren, die noch einen Tag zuvor voller Angst und Mutlosigkeit kapituliert hatten. Diese Nacht mochte viele Opfer gefordert haben, doch nun waren die Dörfler so stark wie nie zuvor.
    »Gepriesen sei der Schöpfer!«, rief der Fürsorger Jona und humpelte an seiner Krücke auf den Platz hinaus, Siegel in die Luft zeichnend, während die Dämonen im Licht des frühen
Morgens zu Asche verbrannten. Er ging zu dem Tätowierten Mann und baute sich vor ihm auf.
    »Diesen
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