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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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schob sie Tiriki entschlossen von sich. »Mein Liebes«, sagte sie voller Erstaunen, »du darfst das nicht -« Sie brach ab, denn sie merkte, dass das Mädchen nicht zuhörte. Domaris holte tief Atem und richtete sich mühsam auf einem Ellenbogen hoch. »Eilantha!« befahl sie kurz, »es ist mir ernst damit! Du darfst das nie wieder tun! Ich verbiete es! Wenn du es noch einmal versuchst - schicke ich dich ganz von mir weg!«
    Tiriki fuhr in die Höhe. Ihr schmales Gesichtchen war gerötet, und über die Stirn zog sich eine merkwürdige kleine Falte. » Kiha - « begann sie überredend.
    »Hör zu, mein Schatz«, erklärte Domaris freundlicher und legte sich in die Kissen zurück. »Glaub mir, ich bin dir dankbar. Eines Tages wirst du verstehen, warum ich nicht zulassen darf, dass du - dich auf diese Weise deiner Kraft beraubst. Ich weiß nicht, wie du es gemacht hast - das ist ein Geschenk der Götter, mein Liebling... aber nicht so! Und nicht für mich!«
    »Aber - aber es ist nur für dich, kiha! Weil ich dich liebe!«
    »Mein kleines Mädchen -« Domaris fehlten die Worte, sie sah nur in Tirikis große ruhige Augen. Nach einer Weile verdunkelte sich das verträumte Gesicht des Kindes wieder.
    »Kiha «, flüsterte Tiriki mit seltsamer Eindringlichkeit, »wann - wo - wo und wann war das? Du sagtest zu mir -« Sie richtete den Blick forschend auf das Gesicht der Frau; ihre Brauen waren grübelnd zusammengezogen. »Oh, kiha , warum fällt es mir so schwer, mich zu erinnern?«
    »An was, Tiriki?«
    Das Mädchen schloss die Augen, dann öffnete sie sie wieder und flüsterte: »Du warst es - du sagtest zu mir: ›Schwester - und mehr als Schwester - wir zwei, Frauen und Schwestern, geloben dir, Mutter - wo wir stehen in Dunkelheit -« Ihre Stimme wurde undeutlich, und sie begann zu schluchzen.
    Domaris keuchte. »Daran erinnerst du dich nicht, du kannst dich unmöglich erinnern! Eilantha, du hast spioniert, gehorcht, du kannst nicht -«
    Tiriki stellte leidenschaftslos fest: »Nein, nein, du warst es, kiha! Ich erinnere mich, aber es ist wie - ein Traum, wie das Träumen von einem Traum -«
    »Tiriki, mein Baby - du redest wie ein verrücktes Kind, du redest über etwas, das geschehen ist, bevor du -«
    »Dann ist es geschehen! Es ist geschehen! Soll ich dir den Rest erzählen?« ereiferte sich Tiriki. »Warum glaubst du mir nicht?«
    »Weil es geschehen ist, bevor du geboren wurdest!« stieß Domaris hervor. » Wie ist das möglich?«
    Blass, mit brennenden Augen wiederholte Tiriki die Worte des Rituals ohne Stocken. Sie hatte erst ein paar Zeilen gesprochen, als Domaris ihr totenblass Einhalt gebot. »Nein, nein, Eilantha! Hör auf! Du darfst diese Worte nicht wiederholen! Nie, niemals - bis du verstehst, was sie bedeuten! Welche Folgen sie...« Sie streckte die abgemagerten Arme aus. » Versprich es mir...«
    Tiriki sank ihrer Pflegemutter heftig weinend an die Brust. Aber schließlich murmelte sie ihr Versprechen.
    »Eines Tages wird Deoris es dir erzählen, wenn ich es nicht mehr kann«, sagte Domaris. »Du wurdest vor deiner Geburt Caratra geweiht, und später einmal -«
    »Es wäre besser, du ließest mich es ihr jetzt erzählen«, sagte Deoris' ruhige Stimme von der Tür her. »Verzeih mir, Domaris, ich konnte nicht umhin, es zu hören -«
    Tiriki sprang wütend auf. »Du! Du bist gekommen, um mir nachzuspionieren, um mich zu belauschen! Du willst mich keinen Augenblick mit kiha Domaris allein lassen, du bist eifersüchtig, weil ich ihr helfen kann und du nicht! Ich hasse dich! Ich hasse dich, Deoris!« Sie schluchzte wild, und Deoris stand da wie gelähmt, denn Domaris hatte Tiriki zu sich gewunken, und ihre Tochter weinte hilflos in den Armen ihrer Schwester, das Gesicht an ihre Schulter verborgen, und Domaris drückte sie mit angstvoller, selbstvergessener Zärtlichkeit an sich. Deoris senkte den Kopf und wollte wortlos gehen, als Domaris zu sprechen begann.
    »Still, Tiriki, mein Kind«, befahl sie. »Deoris, komm her zu mir - nein, nicht da, du sollst dicht bei mir sein, Liebling. Du auch, Kleines«, wandte sie sich an Tiriki, die sich ein Stückchen zurückgezogen hatte und Deoris grollend und eifersüchtig ansah. Domaris reichte eine ihrer müden, wachsweißen Hände Tiriki und streckte die andere Deoris entgegen. »Nun hört mir zu, alle beide«, flüsterte sie, »dies mag das letzte Mal sein, dass ich so zu euch sprechen kann - das allerletzte Mal.«

9. DAS MEER UND DAS SCHIFF
    Als der Sommer in den
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