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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Mensch im ganzen Haus kann schlafen. Chedan und ich haben im Springbrunnen gebadet. Rajasta geht im Tempelbezirk umher, in vollem Ornat, und er - nun, ich möchte ihm nicht über den Weg laufen!« Er schwieg eine Weile. »Es gibt Gerüchte -«
    »Gerüchte, Gerüchte! Die ganze Atmosphäre ist voller Gerüchte über skandalöse Dinge! Elis platzt schier aus den Nähten vor lauter Gerede! Ich kann mich kaum umdrehen, ohne schon wieder ein Gerücht zu hören!« Domaris zuckte die Schultern. »Kann selbst Arvath von Alkonath nichts Besseres tun, als dem Geschwätz des Marktplatzes zu lauschen?«
    »Es ist nicht alles Geschwätz«, versicherte Arvath und sah zu Deoris hinüber. Das Mädchen hatte sich so verkrochen, dass nichts als die Spitze einer dunklen Locke über dem Bettzeug sichtbar war. »Schläft sie?«
    Wieder zuckte Domaris die Schultern.
    »Kein Segel bläht sich ohne Wind«, fuhr Arvath fort. Er verlagerte sein Gewicht ein bisschen und beugte sich zu Domaris vor. »Hast du schon von den Schwarzmänteln gehört?«
    »Wer hat das nicht? Seit Tagen höre ich kaum etwas anderes!«
    Arvath musterte sie schweigend, bevor er fragte: »Weißt du auch, dass behauptet wird, sie versteckten sich unter den Graumänteln?«
    »Ich weiß so gut wie nichts über die Graumäntel, Arvath, außer dass sie den Verhüllten Gott bewachen. Wir von der Priesterkaste haben bei den Magiern keinen Zutritt.«
    »Aber viele von euch kommen mit ihren Adepten zusammen, um die Heilkunst zu lernen«, bemerkte Arvath. »In Atlantis werden die Graumäntel in hohen Ehren gehalten... Nun gut: Unterhalb des Grauen Tempels, wo Avatar sitzt, der Mann mit den gekreuzten Armen, erzählt man sich die Geschichte von einem Ritual, das seit Jahrhunderten nicht mehr vollzogen wurde und schon lange Zeit verboten ist - ein Schwarzes Ritual -, und von einem Abtrünnigen im Ring der Chelas...« Seine Stimme sank zu einem unheilverkündenden Flüstern ab.
    Solche seltsamen Ausdrücke und Andeutungen fremdartigen Horrors erweckten Domaris' Ängste von neuem. Sie rief: »Woher hast du das alles nur?«
    Arvath lachte vor sich hin. »Es ist nur Klatsch. Sollte allerdings Rajasta davon erfahren...«
    »Dann wird es Ärger geben«, ergänzte Domaris knapp. »Für die Graumäntel, wenn die Geschichte stimmt, für die Gerüchtemacher, wenn sie falsch ist.«
    »Du hast recht, es geht uns nichts an.« Arvaths Händedruck und sein Lächeln sagten ihr, dass er ihre Ermahnungen annahm. Er streckte sich auf der Matratze neben ihr aus, ohne sie indes zu berühren - das hatte er schon vor langer Zeit gelernt. Deoris neben ihnen schlief jetzt fest. Aber ihre Anwesenheit ermöglichte es Domaris, das Gespräch in unpersönlichere Bahnen zu lenken. Das war ihr lieber, als von privaten Dingen oder von Tempelangelegenheiten zu sprechen.
     
    Nachdem Arvath sich - sehr spät - in seine eigenen Räume zurückgezogen hatte, lag Domaris noch lange wach, und ihr Kopf dröhnte, so hartnäckig peinigten sie ihre Gedanken.
    Zum erstenmal in den zweiundzwanzig Sommern ihres jungen Lebens fragte sich Domaris, ob es richtig und weise sei, ihren Weg als Priesterin unter Rajastas Führung weiterzugehen. Vielleicht hätte sie besser daran getan, die Priesterschaft zu verlassen, eine Frau unter vielen zu werden, zufrieden damit, als Gattin eines Priesters in dem Tempel leben zu können, in dem sie geboren worden war. Es gab viele Frauen in der Welt des Tempels, Ehefrauen und Töchter von Priestern. Sie spazierten in der Stadt umher, ohne die leiseste Ahnung davon zu haben, was in der großen Wiege der Weisheit, in der sie wohnten, im einzelnen vorging. Ihr Heim, ihre Kinder und die Repräsentationspflichten des Priesteramtes füllten sie vollständig aus... Was ist nur los mit mir? fragte Domaris sich unruhig. Warum kann ich nicht sein, wie sie sind? Ich will Arvath heiraten, wie ich es tun muss, und dann -
    Und dann was?
    Gewiss, sie würde Kinder bekommen und Jahre des Wachstums und des Wandels erleben. Es gelang ihr nicht, ihre Gedanken noch weiter in die Zukunft wandern zu lassen; sie versuchte es ohne Erfolg, bis sie endlich der Schlaf übermannte.
     

3. DER WEBSTUHL DES SCHICKSALS
    Der Tempel des Lichts lag nahe dem Meer an der Küste des Alten Landes. Er erhob sich hoch über der Stadt-der-sich-windenden-Schlange, die die Form einer Mondsichel hatte. Wie eine Frau in den sie umfangenden Armen eines Liebhabers lag der Tempel zwischen den beiden Hörnern der Mondsichel, genau im
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