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Das Licht des Orakels

Titel: Das Licht des Orakels
Autoren: Victoria Hanley
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ihren mit Gold bestickten Gewändern. Neben ihr ging eine nur allzu bekannte hellblonde Frau in den roten Gewändern einer Priesterin. Soldaten der Tempelwache folgten ihnen.
    Bryn hatte Mühe zu atmen. Was hat Clea hier zu suchen“? Und warum ist sie wie eine Priesterin gekleidet’?
    »Eure Majestät …«, setzte Avrohom an.
    Die Königin hob eine Hand. Sie wartete, bis die Erste Priesterin und Clea sich vor ihr verbeugt hatten.
    »Wir kommen mit einer wichtigen Prophezeiung des Meisterpriesters.« Energisch zog Ilona eine Rolle hervor.
    Die Königin nahm sie. »Ihr seid gerade zur rechten Zeit eingetroffen, Erste Priesterin.« Sie schnippte mit den Fingern. Bewaffnete packten die Troubadoure. Auch Dawn und Bryn wurden ergriffen und von der Königin weggezerrt.
    Gideon riss Avrohom Selids Prophezeiung aus der Hand. Die Königin blickte ihre Gefangenen an. »Vielleicht könnt Ihr, Erste Priesterin, mir sagen, warum mir eine Prophezeiung durch eine Bande von Troubadouren überbracht wird?«
    Clea ergriff das Wort, wobei ihr liebliches Gesicht größte Besorgnis ausdrückte: »Eine gefälschte Prophezeiung, Eure Majestät.«
    »Der Gilgamelltruppe wurde weisgemacht, sie würden Eurer Majestät einen Dienst erweisen«, ergänzte Ilona.
    Clea deutete auf Bryn. »Diese Frau hat das Orakel verraten. Sie war es, die Lügen in die Herzen der braven Musikanten eingepflanzt hat.«
    Die ganze Halle schien in Bewegung zu kommen, als alle sich vorbeugten, um besser sehen zu können.
    »Das stimmt nicht!«, rief Bryn. »Der Tempel des Orakels hat Eure Majestät angelogen! Eure Tochter, Prinzessin Zorienne …« Ihre Kehle schwoll an, es würgte sie.
    Sie versuchte die Königin anzublicken, doch stattdessen sah sie nur Cleas blaue Augen. Clea schwenkte eine glanzlose schwarze Feder. Grau gerändert.
    Aber Cleas Feder ist doch weg!
    Bryns Hände und Füße erstarrten, ihre Beine gaben
    nach, und der Soldat, der sie hielt, musste sie stützen. In ihren Ohren dröhnte es. Brennende Schmerzen durchzuckten ihren Körper. Das kann nicht wahr sein! Ihre Kraft schwand, floss wie das Wasser durch die Gräben des Steinbruchs davon. Sie versuchte, ihre Lebenskraft zurückzurufen, doch das war, als wollte man die Ebbe aufhalten.
    Tod. Sie verflucht mich diesmal mit dem Tod!
    Ellerth, bitte, bitte. Lass es nicht auf diese Weise enden. Wir sind doch nicht so weit gekommen, nur um diesen Tag Keldes zu weihen.
    Mit all der Lebenskraft, die ihr noch verblieben war, schaffte Bryn es, ihre Augen von Clea abzuwenden.
    Stumm sah sie zur Ersten Priesterin. Ihre Blicke trafen sich. In Ilonas Augen leuchtete eine übermenschliche Kraft, die Bryn noch nie zuvor darin gesehen hatte.
    Und plötzlich unternahm die Erste Priesterin etwas.
    Sie sprang auf Clea zu und versetzte ihr einen solchen Stoß, dass diese taumelte und fiel. Und noch während sie stürzte, entriss Ilona ihr die Geierfeder.
    Die Wachsoldaten des Tempels standen wie gelähmt da. Die Soldaten der Königin zogen ihre Waffen und postierten sich schützend zwischen ihre Königin und die kämpfenden Frauen. Clea war wieder auf die Füße gekommen und trat wild um sich, ihr Stiefel traf Ilona in den Magen. Sie klappte zusammen und verlor die dunkle Feder aus der Hand.
    Die Feder glitt über den Boden. Tempelwachen eilten herbei, um die Erste Priesterin aufzufangen. Königin und Soldaten sahen fassungslos zu, wie Mitglieder des Tempels sich vor dem Thron von Sorana bekämpften.
    Bryn konnte sich allmählich wieder bewegen und sich auf den eigenen Beinen halten. Sie konnte wieder klar sehen und auch wieder hören. Eine leichte Brise zerzauste ihr Haar.
    Clea hob ihre Geierfeder vom Boden auf und wirbelte zu Bryn herum. Doch da schwoll die Brise zu einem wütenden Heulen an. Ein Luftstoß riss Clea die Feder aus der Hand. Sie stürzte ihr nach, aber die Feder ließ sich nicht fangen. Als würde sie von einer menschlichen Hand geführt, bewegte sie sich in verschlungenen Kreisen immer gerade außer Reichweite. Dann schnellte sie in die Luft und raste wie von einem Bogen abgeschossen auf Clea zu. Der Federkiel rammte sich in ihre Stirn, wo er vibrierend wie ein Pfeil stecken blieb. Sie schrie, sank auf die Knie. Um sie verbreitete sich der Geruch von Aas.
    Der Wind war noch nicht fertig. Er blies so über die Soldaten der Königin hinweg, dass sie ihre Gefangenen loslassen mussten. Dawn stand da wie ein Fahnenmast, ihr Kleid flatterte wie ein Banner im Sturm. Avrohoms Straußenfedern lösten sich
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