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Das Leuchten des Himmels

Das Leuchten des Himmels

Titel: Das Leuchten des Himmels
Autoren: Roberts Nora
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gelindert hatte, blieb sein
Kreislauf träge, wie der eines Menschen, der eine lähmende Grippe nicht abzuschütteln vermochte.
    Er wünschte, Barbie – Charlene – hätte ihm anstatt des Kaffees eine Flasche hochgebracht. Er trank nicht viel, und das hatte ihn wohl auch davor bewahrt, dass er mit allem anderen nicht auch noch in den Strudel des Alkoholismus geriet. Doch ein paar Schlucke aus der Pulle würden helfen, das Gehirn abzuschalten und ihn schlafen zu lassen.
    Jetzt konnte er den Wind hören. Vorher war er nicht da gewesen, aber jetzt stöhnte er vor den Fenstern. Dazu hörte er das Knacken des Gebäudes und das Geräusch seines Atems.
    Drei einsame Geräusche, nur dass sie verlorener klangen als ein Trio.
    Stell sie ab, sagte er sich. Stell sie alle ab.
    Er würde ein paar Stunden schlafen, nahm er sich vor. Dann würde er sich den Schmutz von der Reise abduschen und sich mit Kaffee voll pumpen.
    Und danach würde er dann entscheiden, was er tun würde. Er knipste das Licht aus, und der Raum tauchte ab in Dunkelheit.
    Binnen Sekunden erging es ihm ebenso.

2
    Dunkelheit hüllte ihn ein und sog ihn auf wie Schlamm, als der Traum ihn aus dem Schlaf warf. Sein Atem ging heftig, als er die Oberfläche durchbrach und strampelnd nach Luft rang. Seine Haut war klamm von Schweiß, als er sich aus den Decken kämpfte.
    Der in der Luft liegende Geruch war ihm fremd – Zeder, abgestandener Kaffee, ein Unterton von Zitrone. Dann fiel ihm ein, dass er nicht in seiner Wohnung in Baltimore war.
    Er war verrückt geworden, und er war in Alaska.
    Das Leuchtzifferblatt des Weckers zeigte fünf Uhr achtundvierzig.

    Dann hatte er also doch etwas Schlaf gefunden, ehe der Traum ihn zurück in die Wirklichkeit jagte.
    Auch im Traum war es immer dunkel gewesen. Schwarze Nacht, fahler, schmutziger Regen. Der Geruch von Pulver und Blut.
    Mein Gott, Nate, mein Gott. Mich hat’s erwischt .
    Kalter Regen, der ihm übers Gesicht lief, warmes Blut, das durch seine Finger sickerte. Sein Blut und Jacks Blut.
    Er hatte das Blut nicht mehr stoppen können, genauso wenig wie den Regen. Beides lag nun hinter ihm und hatte das von ihm weggewaschen, was in dieser Gasse von Baltimore zurückgeblieben war.
    Es hätte mich treffen sollen, fand er. Nicht Jack. Er hätte daheim bei seiner Frau, bei seinen Kindern sein und ich derjenige sein sollen, der in dieser schmutzigen Gasse im schmutzigen Regen starb.
    Aber er war mit einer Kugel im Bein davongekommen, und mit einer zweiten, einem Durchschuss in der Seite, gleich unterhalb der Taille – gerade so heftig, um ihn zu Boden zu werfen, ihn zurückzuhalten, sodass Jack als Erster reinging.
    Sekunden, kleine Fehler, und ein guter Mann war tot.
    Er würde damit leben müssen. Er hatte überlegt, seinem Leben ein Ende zu setzen, aber es wäre eine selbstsüchtige Lösung und würde seinem Freund und Partner nicht zur Ehre gereichen. Damit zu leben, war schwerer als sterben.
    Leben war die schwerere Strafe.
    Er stand auf und ging ins Badezimmer. Auf fast pathetische Weise dankte er für den dünnen Strahl heißen Wassers aus dem Duschkopf. Es würde zwar eine Weile dauern, bis dieses Rinnsal die Schichten aus Ruß und Schweiß aufgeweicht und weggespült hatte, aber das war ganz in Ordnung so. Zeit war nicht das Problem.
    Er würde sich anziehen, nach unten gehen, Kaffee trinken. Vielleicht würde er Bürgermeisterin Hopp anrufen und zur Polizeistation gehen, um sie sich anzusehen. Mal sehen, ob es ihm nicht gelang, sich ein wenig entschlossener zu präsentieren und den ersten Eindruck eines verschlafenen Trottels wegzuwischen.
    Als er sich geduscht und rasiert hatte, fühlte er sich gleich
wohler in seiner Haut. Er kramte frische Kleidung heraus und zog sich an.
    Als er seine Kleidung für draußen aufhob, warf er einen verstohlenen Blick in den Spiegel. »Polizeichef Ignatious Burke, Lunacy, Alaska.« Er schüttelte den Kopf und lächelte fast. »Also gut, Chief, dann hol dir deinen Stern ab.«
    Er ging nach unten und war überrascht, dass alles so ruhig war. Aus seiner Lektüre wusste er, dass Orte wie The Lodge die Treffpunkte der Einheimischen waren. Winternächte waren lang, dunkel und einsam, und er rechnete damit, Thekenlärm zu hören, vielleicht auch das Klacken der Billardbälle oder einen alten Countrysong aus der Jukebox.
    Aber als er eintrat, schenkte die zauberhafte Alaska-Rose Kaffee nach, wie sie das vorhin ebenfalls getan hatte. Vielleicht galt es auch denselben beiden Männern,
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