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Das Leuchten des Himmels

Das Leuchten des Himmels

Titel: Das Leuchten des Himmels
Autoren: Roberts Nora
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verbarg, der auf einer violetten Schalmütze thronte.
    In Anchorage hatte der Fremde noch einen recht kompetenten Eindruck gemacht und Nate mit herzhaftem Handschlag begrüßt, ehe er der Suppendose mit Propellern aufmunternd den Daumen entgegenstreckte.
    Dann jedoch hatte er Nate gesagt, er solle ihn einfach Dussel nennen. Und von da an war ihm etwas mulmig zumute gewesen.
    Welcher Idiot stieg in eine fliegende Blechdose, die von einem Typ namens Dussel gesteuert wurde?
    Aber Fliegen war die einzig sichere Möglichkeit, so spät im Jahr nach Lunacy zu kommen. Das jedenfalls hatte Bürgermeisterin Hopp ihm mitgeteilt, als er mit ihr über die Reiseplanung verhandelt hatte.
    Die Maschine kippte heftig nach rechts, und als Nates Magen ihr folgte, fragte er sich, was Bürgermeisterin Hopp genau unter sicher verstand.

    Er war davon ausgegangen, dass ihm so oder so alles egal sei. Leben oder sterben, was bedeutete das schon für das große Ganze? Als er in Baltimore-Washington den großen Jet bestiegen hatte, hatte er dies in der festen Überzeugung getan, sein Weg werde ihn dem Ende seines Lebens näher bringen.
    Der Seelenklempner des Reviers hatte ihn davor gewarnt, weitreichende Entscheidungen zu treffen, solange er unter Depressionen litt, aber er hatte sich um den Posten des Polizeichefs von Lunacy aus keinem anderen Grund als dem beworben, dass er den Ortsnamen – Wahnsinn – so passend fand.
    Und er hatte den Posten mit einem Pfeif-drauf-Achselzucken angenommen.
    Selbst jetzt, taumelig vor Übelkeit, zitternd wegen seiner Erscheinung, machte Nate sich klar, dass es nicht so sehr der Tod war, der ihn ängstigte, sondern die Methode. Er wollte einfach nicht, dass alles zu Ende ging, nur weil er in dieser verdammten Düsternis an einem Berg zerschellte.
    Wäre er in Baltimore geblieben und hätte er sich dort gegenüber seinem Seelenklempner und seinem Chef umgänglicher gezeigt, dann hätte er dort wieder seiner Arbeit nachgehen können. Das wäre nicht so schlimm gewesen.
    Aber nein, er hatte ihnen die Dienstmarke hingeschmissen, die Brücken hinter sich nicht nur abgebrochen, sondern zu Asche verbrannt. Und jetzt würde er irgendwo in der Weite Alaskas als blutige Spur enden.
    »Hier durch wird’s jetzt ein bisschen heftig«, meinte Dussel mit dem schleppenden Tonfall des Texaners.
    Nate schluckte Galle. »Wo bis jetzt doch alles so glatt lief.«
    Dussel grinste und zwinkerte ihm zu. »Das ist doch gar nichts. Sie sollten erst mal erleben, wie’s ist, wenn man Gegenwind bekämpfen muss.«
    »Nein, danke. Wie lang dauert es noch?«
    »Nicht lang.«
    Das Flugzeug bockte und schwankte.
    Nate gab es auf und schloss die Augen. Er betete darum, seinen Tod nicht noch unwürdiger zu machen, indem er sich zuvor die Stiefel voll kotzte.

    Nie wieder würde er in ein Flugzeug steigen. Wenn er es überlebte, dann würde er Alaska auf vier Rädern verlassen. Oder auf zwei Beinen. Oder auf allen vieren. Aber in die Luft würde er nie wieder gehen.
    Das Flugzeug machte einen verrückten Satz, bei dem Nate die Augen aufriss. Und da sah er durch die Windschutzscheibe den triumphalen Sieg der Sonne, ein wunderbares Aufhellen der Düsternis, das der Welt unter dem perlfarbenen Himmel in langen Wogen aus Weiß und Blau, plötzlichen Erhebungen, schimmernden Schwärmen von Seen und schneebedeckten Bäumen, die sich kilometerweit auszudehnen schienen, Gestalt verlieh.
    Nur im Osten versperrte das Massiv, das die Einheimischen Denali oder einfach The Mountain nannten, den Blick auf den Himmel. Selbst seine nur oberflächliche Recherche hatte Nate darüber informiert, dass nur Outsider ihn McKinley nannten.
    Während sie weiterrumpelten galt sein einziger zusammenhängender Gedanke der Überlegung, dass nichts Echtes so massiv sein sollte. Als die Sonne ihre Gottesfingerstrahlen durch den dichten Himmel schob, der den Berg umgab, begannen die Schatten, sich zu verflüssigen und auszubreiten, Blau über Weiß, und sein eisiges Antlitz glitzerte.
    Er verspürte eine Regung, und so vergaß er für einen Moment seinen nervösen Magen, das unablässige Dröhnen des Motors und selbst die Kälte, die wie Nebel in der Maschine hing.
    »Großer Bursche, nicht wahr?«
    »Ja.« Nate stieß die Luft aus. »Großer Bursche.«
    Sie flogen nach Westen, aber er verlor den Berg nie aus den Augen. Jetzt erkannte er, dass das, was er für eine vereiste Straße gehalten hatte, ein gewundener, gefrorener Fluss war. Und an seinem Ufer eine menschliche
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