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Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Titel: Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
Autoren: Di Morrissey
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das Haus von den Nachbarn ab, die sich ebenfalls mit üppig grünenden Oasen umgeben hatten.
    Als sie die Augen öffnete, fühlte sie sich entschlossener denn je. Nein, sie würde nicht zulassen, dass sich stählerne Klauen und Zähne von Maschinen in die Häuser dieser Straße gruben und, ihrem Verlauf folgend, im weiten Bogen den Hügel hinauffraßen. Gerade als sie sich umdrehen und ins Bett gehen wollte, erregte etwas Fahles, Huschendes ihre Aufmerksamkeit. Sie lehnte sich aus dem Fenster und kniff die Augen zusammen.
    Was war das gewesen? Eine weiße Katze? Nein, zu groß dafür.
    Ihre Phantasie spielte ihr einen Streich. Sie hatte wohl zu viel über die Vergangenheit nachgedacht. Nun kam es ihr vor, als ob im Schatten unter dem Flamboyantbaum eine weibliche Gestalt ruhte. Eine innere Stimme riet ihr, sich ganz still zu verhalten und sich die Szene einzuprägen. Die Sepiafotografien in den Alben der Mutter kamen ihr in den Sinn. Der helle Fleck sah aus wie eine Frau aus der Ära weicher wehender Musselinstoffe, hochgesteckter Haare, weißer Schnallenschuhe und Sonnenschirmchen. Fast, als wäre ihre Urgroßmutter in den von ihr angelegten und heiß geliebten Garten zurückgekehrt.
    Plötzlich kam Wind auf, die Zweige schwankten, und der Schemen verflüchtigte sich. Unter dem Baum war wieder alles dunkel und leer.
    Julie zog die Vorhänge vor das kleine Fenster und legte sich ins Bett. Sie würde für dieses Haus kämpfen – nicht allein für sich, auch für diese Menschen einer anderen Zeit.

    »Ich habe gestern Nacht von Urgroßmutter geträumt« erzählte Julie, als ihre Mutter am nächsten Morgen den Toast butterte. »Sie lag unter dem Flamboyantbaum auf dem Rasen. Wenn wir uns wirklich anstrengen, können wir das Haus bestimmt retten.«
    »Das glaube ich auch, mein Schatz. David hat uns ein paar gute Ratschläge gegeben.« Caroline legte die Toastscheiben neben Julies gekochtes Ei.
    Julie tunkte ein Stück Toast in das weiche Eigelb. »Mir ist durch den Kopf gegangen, wie viele Erinnerungen sich für uns mit diesem Haus verbinden … und dass es für Urgroßmutter und Großmutter ebenso war. An was erinnerst du dich besonders?«
    »Ach, du liebe Güte.« Caroline zuckte die Schultern. »Ich weiß noch, wie sich meine Großeltern gefreut haben, als Mutter und ich hierher zurückgekommen sind, nachdem sich meine Eltern getrennt hatten. Wobei ich nicht glaube, dass Mutter allzu glücklich darüber war.«
    »Meinst du nicht? Gran hat das Haus doch so sehr geliebt.«
    »Ja, das hat sie. Und sie war auch sehr stolz auf den Garten. Aber seltsamerweise hat sie hin und wieder erwähnt, am glücklichsten sei sie vor dem Krieg als junge Ehefrau in Malaya gewesen.«
    »Warum hat sie dann in Brisbane gelebt?«, fragte Julie.
    »Ich weiß nicht genau. Manchmal hatte ich den Eindruck, es lag mindestens ebenso sehr an Bette wie an Vater, dass sie Malaya verlassen hat.«
    Julie durchzuckte ein Verdacht, und ihre Augen weiteten sich. »Mum! Dein Vater hatte doch nicht etwa eine Affäre mit Bette, oder?«
    Entschieden schüttelte Caroline den Kopf. »Nein, natürlich nicht.«
    »Warum also ist Gran nach Australien zurückgekehrt?«, ließ Julie nicht locker.
    »Ich weiß es wirklich nicht. Darüber wurde nicht geredet, das war tabu. Aber ich habe einiges von Mutters Geschichte aufgeschnappt. Als ich ungefähr fünfzehn war, hat sie mir doch tatsächlich erzählt, wie sie meinen Vater kennengelernt hat und wie die ersten Jahre mit ihm zusammen waren. Es ist zwar lange her, aber ich versuche mich nach bestem Wissen und Gewissen daran zu erinnern, wenn du es hören willst?«
    »Ja, unbedingt«, sagte Julie, nahm sich noch mehr Toast und spitzte die Ohren.

Kapitel 2
    Mittelmeer, 1937
    D ie junge Frau hielt ihren großen, kreisrunden Strohhut fest, während die salzige Brise den leichten Stoff ihres Kleides um ihre Beine spielen ließ, so dass ihre sportliche Figur zu erkennen war. Neben ihr ging eine ältere Frau mit Baumwollrock und korkbesohlten Schuhen; ihren Hut hatte sie mit einem Band unter dem Kinn festgebunden.
    Sie wies auf einige im Windschatten aufgestellte Liegestühle. »Warum setzen wir uns nicht dorthin? Jetzt laufen wir schon zum dritten Mal ums Deck.«
    Die junge Frau blickte sich um. »Ich hatte gehofft, wir würden diesen netten Mr. Elliott wiedersehen. Ich habe gehört, sein Vater besitzt Plantagen in Malaya. Das klingt doch interessant und romantisch.«
    »Margaret Oldham, du bist unmöglich. Ich bin mir
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