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Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Titel: Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
Autoren: Di Morrissey
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historisches Gebäude von Grund auf ummodeln«, ergänzte Paul.
    »Ich glaube auch, dass wir irgendwann unbedingt die Medien einschalten sollten«, sagte Julie, »Aber vorher sollten wir einen umfassenderen Verteidigungsplan schmieden. Sonst klingt es noch, als ob da ein elitärer Haufen nur seine hübschen Häuser retten will. Aber es geht ja nicht bloß um unsere Queenslander Gebäude und die Gärten und Bäume, es ist doch auch fragwürdig, was stattdessen hier entstehen soll. Ist eine Umgehungsstraße in diesem Gebiet wirklich nötig?«
    »Wahrscheinlich sollten Sie professionellen Rat von Ingenieuren, Ökologen und Spezialisten für Lärmbelästigung und Landschaftsverschandelung einholen und sich über mögliche Gesundheitsrisiken und Beeinträchtigungen Ihres Alltags kundig machen, falls diese Umgehungsstraße realisiert wird«, riet David. »Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass die Kostenschätzungen der Bezirksverwaltung zu niedrig sind. Sie müssten also herausfinden, was ein realistischer Kostenrahmen für so ein Projekt ist und was da letztlich auf den Steuerzahler zukommt. Das sollte uns genügend Munition geben.«
    »So etwas zu recherchieren ist eine kostspielige Sache«, meinte Caroline. »Wir brauchen eine Kriegskasse.« Dies stieß auf allgemeine Zustimmung.
    »Danke für Ihre Vorschläge, David«, sagte Julie.
    »Es ist ebenso meine Heimatstadt«, erwiderte David. »Auch wenn ich in einem anderen Viertel wohne, finde ich die Vorstellung schrecklich, dass hier eine Betonschneise geschlagen werden soll. Zudem habe ich Zweifel an dem Sinn des Projekts. Es ist eine komische Stelle für eine Umgehung. Vielleicht sollte sich auch jemand mit den Verkehrsprognosen befassen. Ich kann Ihnen da ein paar Kontakte vermitteln. Wir können per E-Mail in Verbindung bleiben.«
    »Phantastisch. Ich fürchte nämlich, dass viele hier glauben, wir müssten nur ein bisschen vor den Fernsehkameras herumhüpfen und die Lokalzeitung auf unsere Seite ziehen, und schon würde die Bezirksverwaltung klein beigeben. Aber so einfach wird es nicht werden«, meinte Julie. »Wir brauchen auch ein paar gute Argumente.«
    »Unterschätzen Sie die Macht des Volkes nicht. Öffentliche Aufmerksamkeit ist eine prima Sache. Aber Sie haben recht, auf lange Sicht reicht das nicht, da müssen Sie schon mehr aufbieten«, stimmte David zu. »Vielleicht kommt es ja sogar zu einer Klage. Zum Glück leben wir in einer Demokratie. In manchen Ländern hätten wir gar nichts mitzureden, da würde die Regierung einfach Bulldozer und Bagger anrücken lassen.«
    Nach dem Treffen entschwanden die Anwohner in die Nacht, noch immer empört über die geplante Zerstörung ihrer Häuser, aber zumindest ein bisschen optimistischer, sie vielleicht doch verhindern zu können.
    Es war so spät geworden, dass Julie beschloss, bei ihren Eltern zu übernachten. Sie schlief liebend gern in ihrem früheren Zimmer im Turm, wo in den Regalen noch immer ihre Kinderbücher und ihr Spielzeug standen. Nachdem sie gute Nacht gewünscht hatte und die enge Stiege hinaufgeklettert war, trat sie ans Mansardenfenster und schaute hinunter auf den im Mondlicht liegenden schlafenden Vorort. Es herrschte völlige Stille, nur hin und wieder hörte man einen Flughund im Sturzflug durchs Geäst rauschen. Weit hinten schimmerte die Moreton Bay, wo ihr Vater ihr auf einer Flying Ant das Jollensegeln beigebracht hatte.
    Ihr Blick fiel auf den Vorgarten. Die Baumkrone des Flamboyant war fast so hoch wie das Dach, der Rasen darunter lag in tiefem Dunkel. Sie erinnerte sich an die alte Schaukel, die früher dort gehangen hatte. Zwar hatte man die Seile erneuert, als Julie klein war, aber sie wusste noch, wie sich der feste, glatte Holzsitz angefühlt hatte, den ihr Großvater oder vielleicht sogar ihr Urgroßvater gemacht hatte. Dieses Haus und dieser Garten riefen nostalgische Gefühle in ihr wach, waren Schauplatz ihrer frühesten Erinnerungen, und ihrer Mutter und ihrer Großmutter war es wohl ähnlich ergangen.
    Julie schloss die Augen. Während die milde, warme Nachtluft über ihre Wangen strich, versuchte sie den Klang von Kinderlachen und das leise Plaudern von Erwachsenen heraufzubeschwören, die im Garten Tee oder einen Aperitif tranken, den lauten Hall entschlossener Schritte auf der breiten Veranda, das Knirschen des Schotters in der Auffahrt, wo Autos und früher vielleicht Pferdekarren und Kutschen eingetroffen waren. Die hohen Hecken und tropischen Sträucher schirmten
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