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Das letzte Relikt

Das letzte Relikt

Titel: Das letzte Relikt
Autoren: Robert Masello
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erkennen. Wurzeln ragten aus dem Boden, und verdrehte Äste streckten sich einander entgegen, berührten sich manchmal sogar wie knochige Finger. Während sie rannten, schaute Carter immer wieder zurück. Wo war Arius? Warum folgte er ihnen nicht?
    »Wie können wir … ihn töten?«, keuchte Beth.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Carter und schlug einen spröden Zweig aus dem Weg.
    Beth wurde langsamer, und Carter sah etwas Dunkles an der Innenseite ihrer Beine. Zuerst dachte er, es sei nur Schmutz, aber dann glänzte es matt im Mondlicht, und er erkannte, dass es sich wahrscheinlich um Blut handelte. Sie musste sich geschnitten haben, als sie vom Dach geklettert war, oder an einem der Zweige, die ihnen im Weg lagen.
    »Willst du dich einen Moment ausruhen?«, fragte er. Er blickte zum Haus zurück, konnte aber immer noch nichts sehen. Das Licht war an, aber er sah keine Bewegung.
    »Nein, ich kann … weiter«, sagte sie. Trotzdem blieb sie stehen, beugte sich vor und stützte die Hände auf die Knie. Ihr heißer Atem bildete in der Nachtluft Dampfwolken. Sie hatte ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, der jetzt gegen ihre Wange fiel. Zärtlich legte Carter eine Hand zwischen ihre Schultern.
    »Es wird alles wieder gut«, sagte er und fragte sich, ob das die Wahrheit war. War es möglich, dass Arius ihnen tatsächlich nicht nachsetzte?
    Oder war er immer noch mit Abbie beschäftigt?
    »Wie«, fragte Beth, immer noch vornübergebeugt, »bist du hierher gekommen?«
    »Ich habe mir Ezras Wagen geliehen.«
    Hoffnungsvoll blickte sie zu ihm empor.
    »Er steckt in einem Graben fest. Unbrauchbar.«
    Erneut ließ sie den Kopf sinken und holte tief Luft.
    »Wir sollten weiter«, sagte Carter. Es brachte nichts, ihr zu erzählen, was mit Ezra geschehen war.
    Beth richtete sich auf und zog die Aufschläge des Bademantels zusammen. »Es gibt etwas, vor dem er sich fürchtet«, sagte sie.
    »Was?«
    »Ich bin mir nicht ganz sicher. Aber es könnte Wasser sein.«
    Carters Gedanken überschlugen sich. Hatte in der Schriftrolle irgendetwas darüber gestanden? Hatte Ezra irgendetwas in diese Richtung angedeutet? »Wie kommst du darauf?«
    »Ich habe gerade gebadet, als er mich gefunden hat. Und er hat Abstand gehalten.«
    »Vom Wasser?«
    »Es war aber auch Blut darin.«
    Carter machte ein verwirrtes Gesicht.
    »Ich habe Blutungen.«
    Ehe er die Sache weiterverfolgen konnte, sah er eine Bewegung im Dachgeschoss des Hauses. Er zog Beth hinter einem Busch nach unten, als er eine Gestalt am weit geöffneten Badezimmerfenster erblickte.
    »Er ist oben«, sagte Carter.
    Das Licht, das vom Fenster ausstrahlte, wurde heller, als hätte jemand ein Flutlicht im Raum eingeschaltet.
    »Warum ist er hinaufgegangen?«, sagte Beth. »Er weiß doch, dass ich weg bin.«
    »Vielleicht, weil er von dort besser sehen kann«, erwiderte Carter. »Lass uns weiter.«
    Sie drehten sich um und schlichen mit gesenkten Köpfen durch die Bäume. Als Carter erneut zurückblickte, war das Haus dunkel. Es war fast noch beängstigender, Arius
nicht
irgendwo zu sehen. Außerdem sorgte er sich um Beth. Warum hatte sie Blutungen? Das Blut an ihren Beinen sah frischer und nasser aus als zuvor. Sobald sie die Scheune erreicht hatten, musste er herausfinden, was ihr fehlte, und ihr ein paar von seinen eigenen warmen Kleidungsstücken geben.
    Und dann? Was konnte er sonst noch tun? Ezra wusste weiß Gott nicht auf alles eine Antwort, aber ein paar hatte er doch gehabt. Jetzt war Carter ganz auf sich allein gestellt. Wenn es in dieser Schriftrolle oder in den Laborergebnissen irgendeinen Hinweis darauf gab, wie er einen Engel besiegen konnte, der so alt war wie die Zeit selbst, musste er ganz allein darauf kommen, während er auf der Flucht war.
    Über ihren Köpfen ertönte ein Geräusch, wie das Schlagen breiter Schwingen. Als Carter aufblickte, sah er zwischen den Zweigen der kahlen Bäume ein goldenes Licht, das sich rasch über den Nachthimmel bewegte. Er wusste, was es war. Das Licht schoss hinauf, bis es nicht größer war als ein Stern, verharrte, als sei es festgenagelt, ehe es unvermittelt zur Erde zurückstürzte.
    »Beeil dich!«, sagte Carter, packte Beths Hand und zerrte sie durch den Obsthain. Während sie rannten, hörten sie ein Rauschen, das wie Wind klang und die ganze Zeit näher kam. Ein schwaches Licht beleuchtete den dunklen Boden und die abgefallenen Blätter vor ihnen.
    Carter zog Beth in ein schützendes Dickicht. Die Zweige
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