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Das letzte Gericht - was berühmte Menschen zum Schluss vespeist haben

Das letzte Gericht - was berühmte Menschen zum Schluss vespeist haben

Titel: Das letzte Gericht - was berühmte Menschen zum Schluss vespeist haben
Autoren: Richard Fasten
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seines Arbeitgebers will der Hofkoch des Prinzen von Condé nur das Beste vom Besten auf den Tisch bringen. Fünf Jahre lang konnte sich François Vatel auf diesen Tag vorbereiten. Damals hatte der französische König Ludwig XIV . seinen Besuch auf Schloss Chantilly angekündigt. Vatel bemüht sich, dass nun alles perfekt klappt und der Prinz von Condé mit ihm und seiner Arbeit zufrieden ist. Noch wichtiger ist dem ehrgeizigen Koch allerdings, dass er mit sich selbst zufrieden ist.
    In der Schlossküche rührt er verbissen in seinen riesigen Kochtöpfen. Für Ludwig XIV ., der aufgrund seiner schadhaften Zähne mit Vorliebe Suppen schlürft, gibt es Rindfleisch- und Lattichsuppe. Vatel würzt sie nach und schmeckt ab. Danach kostet er von einer delikaten Hammelkeule, von Zungenragout, von einem Kapaun mit Austern, von einem Fasan in Pfeffersauce, schließlich von einer süßen Sahnetorte. Was er schmeckt, schmeichelt seinem Gaumen. Der 40-Jährige ist überzeugt von seinen kulinarischen Kreationen. Doch nur wenig später verdüstert sich seine Miene wieder. Der Hofzeremonienmeister Gourville flüstert ihm zu, dass an einem Tisch des königlichen Hofstaates zwei Kalbslenden zu wenig aufgetragen wurden. François Vatels Gesicht wird bei der Nachricht kreidebleich. »Ich bin entehrt! Das ist eine Schande, die ich nicht ertragen kann!«, stöhnt er theatralisch auf. »Mir schwindelt seit Stunden der Kopf. Ich habe seit zwölf Tagen nicht mehr geschlafen. Ich kann nicht mehr.«
    Beherzt schlägt Gourville dem Küchenmeister auf die Schulter und versucht ihn aufzuheitern. Doch der kulinarische Perfektionist hadert weiter mit dem Schicksal. Ein nicht wieder gutzumachender Fehler ist geschehen, für den er sich die Schuld gibt. Gourville befürchtet, dass der Hofkoch noch während des Festbanketts einfach den Kochlöffel hinwerfen und aufgeben könnte. In seiner Ratlosigkeit berichtet er dem Prinzen von Condé von dem Missgeschick und Vatels Schuldgefühlen. Doch den königlichen Gästen ist gar nicht aufgefallen, dass überhaupt etwas fehlte. Der Prinz lässt nach Vatel rufen, um seinen Hofkoch persönlich zu beruhigen. Doch Vatel ist noch immer zu aufgewühlt, seine Ehre steht auf dem Spiel. Erst die schmeichelnden Worte von Ludwig XIV . können den selbstkritischen Koch zur Weiterarbeit in der Schlossküche bewegen. Der König versichert Vatel, dass alle Speisen vortrefflich gemundet haben und er sich bereits auf das Menü am folgenden Tag freue. Vor allem von Vatels hochgelobten Fischgerichten verspräche er sich ein Feuerwerk des Geschmacks und der Aromen. Der Hofkoch nickt geschmeichelt und kehrt reumütig in die Schlossküche zurück.
    Am nächsten Morgen steht er bereits um vier Uhr auf. Vor Sorge darüber, dass wieder etwas schief gehen könnte, hat er kaum ein Auge zugetan. In der Küche begegnet er einem Bediensteten, der zwei Pakete Fisch vom Pariser Großmarkt ablädt.
    Â»Ist das alles?!«, kreischt Vatel schrill. Zwei Pakete sind für den kompletten Hofstaat Ludwig XIV . eindeutig zu wenig.
    Â»Mehr gab es nicht«, murmelt der Bedienstete verlegen und verschwindet mit den Paketen in einer der Speisekammern des Schlosses.
    Â»Diese Schande überlebe ich nicht!«, wispert Vatel deprimiert. Hektisch durchsucht er alle Speisekammern des Schlosses nach weiteren Fischvorräten. Doch er findet nichts. In der Aufregung der vergangenen 24 Stunden hat Vatel vollkommen vergessen, dass er selbst weitere Fische von allen französischen Seehäfen bestellt hat, die allerdings erst im Laufe des Vormittags auf Schloss Chantilly eintreffen werden.
    Aschfahl und völlig erschöpft zieht sich der Meisterkoch gegen 7 Uhr in sein Zimmer zurück. Er glaubt tatsächlich, die Schande nicht überleben zu können. Kalter Schweiß rinnt von seiner Stirn, als er seinen Degen hervorholt und ihn waagerecht gegen die Tür lehnt. Dann stößt er sich die Klinge mehrfach in den Leib. Der dritte Stoß ist tödlich.
    Kurze Zeit später treffen die bestellten Fischlieferungen aus den Seehäfen ein. Hofzeremonienmeister Gourville lässt den verschwundenen Küchenchef suchen, damit er die besten Fische für das königliche Menü aussuchen kann. Man findet François Vatel in einer großen Blutlache auf dem Boden seines Zimmers liegend.
    Als Ludwig XIV . von dem
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