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Das letzte Experiment

Das letzte Experiment

Titel: Das letzte Experiment
Autoren: Philip Kerr
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eine Zigarette an. «Sobald Sie mir verraten haben, wo die beiden sich verstecken, können wir sie abholen, und von Bader kann sich auf den Weg machen.»
    «Wie viel Geld liegt in der Schweiz?», fragte ich. «Auf den Reichsbankkonten?»
    «Das weiß niemand mit Bestimmtheit. Nicht einmal die Treuhänder. Aber aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um mehrere Milliarden Dollar.»
    Ich stieß einen Pfiff aus. In der Bücherei des Jockey Club klang es wie eine Bombe, die von einer Junkers 88 abgeworfen wurde.
    «Gestohlen natürlich», sagte ich. «Von Millionen ermordeter Juden.»
    Der Colonel zuckte die Schultern. «Gut möglich. Allerdings haben Sie selbst gesehen, was Evita mit dem Geld macht. Sie gibt es den Armen und den Kranken. Gibt es einen besseren Verwendungszweck?»
    «Sie kauft die Wahl.»
    «Seien Sie nicht so naiv, Gunther. Jede Wahl wird auf die eine oder andere Weise gekauft. Mit Versprechen, die Arbeitslosigkeit zu senken. Die Steuern zu senken. Die Wohlfahrtssysteme zu stärken. Es ist kein großer Unterschied zwischen all diesen Versprechen und dem, was Evita tut. Und wer will schon sagen, dass ihre Methode nicht weniger verschwenderisch ist – schließlich gibt es keine Bürokratie, die einen Großteil der Gelder selbst verbraucht.» Er lächelte geduldig. «Nun? Wo sind sie?»
    Ich verspürte nicht den Wunsch, den Peróns zu helfen, doch wenn ich es nicht tat, würde ich bald wieder im Flugzeug sitzen.
    «Sie leben bei Ihrem Freund Hans Kammler», sagte ich. «In Wiederhold, seiner Ranch in der Nähe von Tucumán. Sie geben sich als seine Frau und Tochter aus.»
    «Das ist unmöglich!», sagte der Colonel.
    «Nein, ist es nicht.»
    «Sie müssen sich irren. Kammlers Frau und Tochter leben in Ingenios. Ich selbst war es, der ihre Visa bewilligt hat, damit sie aus Deutschland hierherkommen konnten, vor mehr als einem Jahr. Nein, Sie müssen sich irren.»
    «Ich habe mich vielleicht nicht klar genug ausgedrückt. Ich habe nicht gesagt, dass sie seine Frau und Tochter
sind
. Ich habe gesagt, dass sie sich als seine Frau und Tochter
ausgeben
. Es dauerte eine Weile, bis ich Fabienne wiedererkannt hatte. Sie nennt sich jetzt Mercedes und hat sich die Haare tizianrot gefärbt. Doch ihr Vater hat recht – sie ist immer noch eine richtige Schönheit. Allerdings war nicht sie es, die Kammler gefesselt hat. Es war ihre Mutter Ilse. Sie ist ebenfalls eine Schönheit. Kammler ist bis über beide Ohren in sie verliebt.»
    «Und wo sind seine richtige Frau und Tochter?»
    «Kammler ist ein reicher Mann, Colonel. Er hat ein Flugzeug hinter dem Haus stehen. Ich denke, er hat seiner richtigen Frau eine hübsche Abfindung gezahlt und sie zusammen mit seiner leiblichen Tochter nach Chile ausgeflogen. Ihnen irgendwo eine neue Existenz eingerichtet. Oder vielleicht sind die beiden auch schon wieder zurück in Deutschland.»
    «Ich wusste nicht, dass Kammler ein Flugzeug zur Verfügung hat dort oben.»
    «Er hat alles, was das Herz begehrt. Reichtum. Ein wunderschönes Zuhause. Eine atemberaubende Geliebte. Fast hätte ich ihn beneidet.»
    «Kammler.» Der Colonel runzelte die Stirn. «Wie undankbar. Wie äußerst undankbar von ihm.» Er runzelte die Stirn. «Sie sind absolut sicher?»
    «Selbstverständlich bin ich absolut sicher. Ich vergesse niemals ein Gesicht, insbesondere nicht, wenn es ein hübsches Gesicht ist. Es sind die Namen, mit denen ich ein Problem habe.»
    «Ja. Ich denke, ich glaube Ihnen.» Der Colonel zuckte die Schultern. «Hier, das gehört jetzt Ihnen.» Er tätschelte die Aktentasche. «Wissen Sie, es tut gut, wenn sich herausstellt, dass man recht gehabt hat mit seiner Einschätzung. Ich hatte recht, was Sie angeht. Auf Ihre eigene, planlose Art und Weise sind sie ein phantastischer Detektiv, Gunther.» Er nickte nachdenklich. «Ja. Vielleicht war es das. Sie waren der unberechenbare Faktor, der nötig war, um diesen Fall zu lösen.»
    «Wenn Sie das sagen, Colonel.»
    «Nebenbei bemerkt – der Pass enthält Visa für eine Reihe ausländischer Staaten einschließlich Uruguay, Brasilien, Kuba und Spanien. Außerdem finden Sie in der Tasche einen Erste-Klasse-Fahrschein für die Nachtfähre nach Montevideo. Abfahrt um einundzwanzig Uhr, pünktlich. Ich weiß ja, wie sehr Sie das Fliegen verabscheuen. Wie dem auch sei, ich rate Ihnen dringend, diese Fähre zu besteigen. Sehr dringend. Sie können den Wagen vor dem Büro der CFNA an der Fährstation abstellen.»
    «Sie wollen mich
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