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Das lebendige Theorem (German Edition)

Das lebendige Theorem (German Edition)

Titel: Das lebendige Theorem (German Edition)
Autoren: Cédric Villani
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… und außerdem hat ein Aufsatz von zwei Italienern, der zehn Jahre zuvor erschien, ein Resultat bewiesen, das dem ihren schon sehr nahe kommt. Sie schienen diese frühere Arbeit nicht gekannt zu haben.
    Nein, das Problem ist nicht geknackt worden. Es wäre auch enttäuschend gewesen, wenn es so einfach gewesen wäre! Ein Aufsatz von etwa dreißig Seiten auf gutem Niveau, aber ohne größere Schwierigkeiten. Im tiefsten Innern bin ich davon überzeugt, dass die Lösung völlig neue Werkzeuge erfordert und uns auch eine neue Sicht auf das Problem eröffnen muss.

    – Ich brauche eine neue Norm.
    Eine Norm in der Fachsprache der Mathematik ist eine Regel, die man aufstellt, um die Größe einer Quantität zu messen, die uns interessiert. Wenn man die Regenmessung in Brest und Bordeaux miteinander vergleicht, soll man die maximalen Niederschläge pro Tag vergleichen oder über das ganze Jahr integrieren? Wenn man das Maximum vergleicht, ist es die Supremumsnorm, die auf den lieblichen Namen der L ∞ -Norm hört. Wenn man integrierte Größen vergleicht, ist es eine andere, die sich L 1 -Norm nennt. Und es gibt noch viele andere.
    Um Anspruch auf die Bezeichnung »Norm« erheben zu können, müssen bestimmte Eigenschaften geprüft werden; beispielsweise muss die Norm der Summe zweier Terme kleiner oder gleich der Summe der Normen dieser Terme für sich genommen sein. Aber dabei bleiben noch immer viele Auswahlmöglichkeiten übrig.
    – Ich brauche die passende Norm.
    Seit mehr als einem Jahrhundert, nachdem der Begriff der Norm formalisiert wurde, haben die Mathematiker mehr und mehr davon erfunden. Der Kurs, den ich im zweiten Studienjahr an der ENS von Lyon unterrichte, ist voll davon. Normen von Lebesgue und Sobolew, von Hilbert und Lorentz, von Besow und Hölder, Normen von Marcinkiewicz und Lizorkin. Die Normen L p, W s,p, H s, L p,q, B s,p,q, α , M p , F s,p,q und weiß Gott was noch!
    Aber dieses Mal scheint keine der Normen, die ich kenne, zu passen. Man muss also eine neue hervorzaubern, sie aus dem großen Zylinderhut der Mathematik herauslocken.
    – Die Norm meiner Träume sollte durch Zusammensetzung nahe der Identität in etwa stabil sein … und sich für große Zeiten hinsichtlich der Filamentierung selbst an die Wlassow-Gleichung anpassen. Gott im Himmel [1] , wie ist das nur möglich? Ich habe versucht, das Sup zu gewichten, vielleicht muss ich eine Retardierung einführen … Im Gespräch mit Clément hatten wir doch gesagt, dass man das Gedächtnis der verflossenen Zeit beachten müsse, mit der Lösung des freien Transports vergleichen müsse, o.k., na gut, aber in welchem Sinne soll ich denn vergleichen??
    Eines Tages, als ich die Abhandlung von Alinhac-Gérard noch einmal las, habe ich eine Aufgabe bemerkt. Zeige, dass eine bestimmte Norm W eine algebraische Norm ist. Das heißt, dass die Norm W des Produkts zweier Terme höchstens gleich dem Produkt der Normen W dieser Terme jeweils für sich genommen ist. Ich kenne diese Aufgabe zwar schon lange, aber als ich sie mir noch einmal ansah, hatte ich den Verdacht, dass sich das für mein Problem als nützlich erweisen könnte.
    – Na ja, aber man müsste die Bewertung bei 0 modifizieren, indem man ein Sup setzt oder auch ein Integral, aber dann wird das bei der Positionsvariablen nicht gut funktionieren. Man bräuchte eine andere algebraische Norm … vielleicht mit Fourier? Oder aber …
    Am 19. November glaube ich nach einer Reihe fruchtloser Versuche, die Norm gefunden zu haben. Zu dieser Zeit schreibe ich jeden Abend eine Menge Entwürfe und schicke die Resultate nach und nach an Clément. Die Maschine läuft. Cédurak go! [2]
    *
Sei D die Einheitsscheibe in der komplexen Ebene und sei W (D) der Raum der auf D holomorphen Funktionen, die folgende Gleichung erfüllen:

Zeige, dass, wenn f W (D) und wenn g holomorph ist nahe der Werte, die f auf annimmt, dann ist g ° f W (D). Hinweis: Wir stellen fest, dass und dass W (D) eine Algebra ist; dann schreiben wir f = f 1 + f 2 ,
mit , wobei N hinreichend groß ge-
wählt wird, damit die Folge wohldefiniert ist und in W (D) konvergiert.

S. Alinhac & P. Gérard, Opérateurs pseudo-différentiels et théorème de Nash–Moser (Kapitel III , Aufgabe A.1.a)
    *
Date: Tue, 18 Nov 2008 10:13:41 +0100
From: Clement Mouhot
To: Cedric Villani
Subject: Re: Dimanche IHP
Ich habe gerade deine letzten E-Mails gesehen, ich werde sie
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