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Das lebendige Theorem (German Edition)

Das lebendige Theorem (German Edition)

Titel: Das lebendige Theorem (German Edition)
Autoren: Cédric Villani
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sobald wir Schranken für die Dichte und Temperatur haben, kann man es mit einem Moser-Schema versuchen, das angepasst werden muss, um der Nichtlokalität Rechung zu tragen.
    – Moser-Schema? Hmmm … Warte mal, ich werde mir Notizen machen.
    – Ja, ein moserähnliches Schema. Der Schlüssel ist, dass der Boltzmannoperator … es stimmt, dieser Operator ist bilinear, er ist nichtlokal, aber trotzdem hat er die Form einer Divergenz. Und das ist es, was das Moser-Schema in Gang setzt. Du nimmst eine Änderung an der nichtlinearen Funktion vor, du erhöhst die Potenz … Und tatsächlich brauchen wir etwas mehr als die Temperatur, man muss die Matrix der Momente 2. Ordnung kontrollieren. Aber trotzdem ist das Wesentliche die Positivität.
    – Warte, nicht so schnell, warum genügt die Temperatur nicht?
    Ich gebe eine lange Erklärung; wir diskutieren, wir werfen Zweifel auf. Die Tafel wird übersät mit mathematischen Symbolen, Clément will mehr über die Positivität wissen. Wie kann man die strenge Positivität ohne Regularitätsschranke beweisen? Ist das überhaupt möglich?
    – Wenn Du es genau betrachtest, ist es gar nicht so krass. Die Kollisionen führen zu unteren Schranken, der Transport in einem beschränkenden Bereich ebenfalls, das geht in die richtige Richtung; die beiden Effekte sollten sich verstärken, es sei denn, man hätte wirklich Pech. Zeitweise hatte Bernt es versucht und sich festgefahren. Nun, eine ganze Reihe von Leuten hat es versucht, zwar ohne Erfolg, aber es bleibt plausibel.
    – Bist du sicher, dass die Fortpflanzung ohne Regularität zur Positivität führt? Ohne Kollisionen transportierst du doch den Dichtewert, dann wird das nicht noch mehr positiv …
    – Ja, aber wenn man über die Geschwindigkeit mittelt, verstärkt das die Positivität … etwa so wie die Lemmata der kinetischen Mittelwerte, aber da ist es keine Regularität, da ist es Positivität. Es stimmt zwar, dass niemand es unter diesem Blickwinkel intensiv untersucht hat. Da fällt mir ein … schau mal, vor zwei Jahren hat mir ein chinesischer Postdoktorand in Princeton eine Frage von ungefähr dieser Art gestellt. Du nimmst eine Transportgleichung, sagen wir auf dem Torus, du setzt null Regularität voraus, du willst beweisen, dass die räumliche Dichte streng positiv wird. Ohne Regularität! Er konnte es für den freien Transport beweisen oder für etwas Allgemeineres in einem kleinen Zeitintervall, aber bei einem größeren Zeitintervall war er aufgeschmissen … Damals habe ich seine Frage an andere Leute weitergegeben, aber keine überzeugende Antwort bekommen.
    – Aber warte mal, was machst du mit dem blöden freien Transport?
    Freier Transport, das ist der Fachbegriff zur Bezeichnung eines idealen Gases, in dem die Teilchen nicht miteinander interagieren. Ein so sehr vereinfachtes Modell, dass es kaum noch realistisch ist. Dennoch ist es oft sehr lehrreich.
    – Na ja, mit der expliziten Lösung müsste es klappen, warte, wir versuchen mal, es zu finden.
    Jeder von uns macht sich auf die Suche, Dong Lis Gedankengang wiederzufinden. Es ist kein großes Ergebnis, sondern eher eine kleine Übung. Aber vielleicht wird uns das Verständnis der Lösung dieser kleinen Übung auf den Weg bringen, um das große Rätsel zu lösen. Und dann ist es ja auch ein Spiel! Nach einigen Minuten stillen Gekritzels bin ich der Gewinner.
    – Ich glaube, ich hab’s.
    Ich gehe zur Tafel, um die Lösung anzuschreiben, wie in einer Stunde, in der die Übungen korrigiert werden.
    – Man zerlegt die Lösung nach Torusrepliken … in jedem Teil ändert man Variablen … heraus kommt eine Jacobi-Matrix, du nimmst die Lipschitz-Regularität … und schließlich findest du eine Konvergenz gemäß 1/ t (»eins über t«). Das ist zwar langsam, klingt aber gut.
    – Wie, dann hast du aber keine Regularisierung … die Konvergenz wird im Mittel erreicht … im Mittel …
    Clément denkt angesichts meiner Rechnung laut nach. Plötzlich verklärt sich sein Gesicht, er ist ganz erregt und deutet mit dem Zeigefinger in Richtung Tafel:
    – Aber dann sollte man untersuchen, ob das nicht für die Landau-Dämpfung nützlich sein könnte!
    Ich bin verblüfft. Drei Sekunden Schweigen. Ein undeutliches Gefühl von etwas Bedeutendem.
    Ich verlange Erklärungen. Clément wird unsicher, gibt sich Mühe, erklärt mir, dass dieser Beweis ihn an eine Diskussion erinnert, die er vor drei Jahren über diese Dinge mit einem anderen
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