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Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)

Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)

Titel: Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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hat und durch den Strom Al Cauther, der aus dem Paradiese herfließt, gespeist wird. Das Wasser dieses Sees ist süß wie Honig, kalt wie Schnee und klar wie Krystall; derjenige, welcher dasselbe einmal kostet, wird niemals mehr von Durste gequält; das ist eine Wohlthat, bei welcher arabische Schriftsteller, die an den brennenden Durst der Wüste gewöhnt sind, mit besonderem Wohlgefallen verweilen.
    Nachdem der wahre Gläubige von diesem Lebenswasser getrunken hat, so wird ihm vom Engel Ruschvan das Thor des Paradieses geöffnet. Dieselbe Weitläufigkeit und Genauigkeit, welche bei der Beschreibung der Hölle vorkommt, wird auch bei der Schilderung der Paradiesesfreuden verschwenderisch aufgewendet, bis die Einbildungskraft durch die Einzelheiten geblendet und verworren ist. Der Boden besteht aus dem feinsten Waizenmehl, duftet von Wohlgerüchen und ist statt des Sandes und der Kieselsteine mit Perlen und Hyacinthen bestreut.
    Einige Ströme sind rein wie Krystall und rinnen zwischen grünen Ufern, welche mit Blumen geschmückt sind, in andern fließt Milch, Wein und Honig; sie ergießen sich über Betten von Bisam zwischen Einfassungen von Kampher, die mit Moos und Saffran bedeckt sind. Die Luft ist lieblicher als die gewürzreichen Winde Sabäas und wird von sprühenden Springbrunnen abgekühlt. Hier stehet auch Taba, der wundervolle Lebensbaum, der so groß ist, daß ein flüchtiges Roß hundert Jahre nöthig hat, um den Schatten desselben auszumessen. Die Aeste sind mit jeder Art von köstlichem Obst beladen und neigen sich der Hand derjenigen zu, welche sie pflücken wollen.
    Die Bewohner dieses wonnereichen Gartens sind in Gewänder gekleidet, welche von Edelsteinen funkeln; sie tragen goldene, mit Perlen und Diamanten besetzte Kronen, wohnen in prächtigen Palästen oder seidenen Lusthäusern und lehnen sich auf schwellende Polster. Hier wird jeder Gläubige hundert Diener haben, welche goldene Schüsseln und Becher tragen, um ihm jede Art von ausgesuchten Speisen und Getränken vorzusetzen. Hier wird er essen ohne Uebersättigung und trinken ohne Berauschung; der letzte Bissen und der letzte Tropfen wird ihn gleicherweise ergötzen wie der erste; er wird keine Ueberfüllung verspüren und keine Ausleerung nöthig haben.
    Die Luft wird von der melodischen Stimme Izrafils und von den Gesängen der Töchter des Paradieses ertönen; sogar das Rauschen der Bäume wird eine bezaubernde Harmonie hervorbringen, während zahllose Glöcklein, die an ihren Aesten hängen, durch Lüfte von Allahs Throne in eine sanfte Schwingung versetzt werden.
    Ueber dies Alles wird der Gläubige mit weiblicher Gesellschaft in dem vollen Umfange sogar einer morgenländischen Einbildungskraft beglückt werden. Außer den Frauen, welche er auf der Erde hatte und die sich ihm in allen ihren ehemaligen Reizen zugesellen werden, wird er von den Hur al öyün oder Huris, so genannt von ihren großen schwarzen Augen, Bedienung empfangen; sie sind von Schönheit strahlende Wesen und frei von allen menschlichen Mängeln oder Gebrechlichkeiten; sie behalten ununterbrochen ihre Jugend und Schönheit und erneuern ihre Jungfrauschaft. Zweiundsiebenzig derselben sind jedem Gläubigen zugedacht. Der Umgang mit demselben wird je nach ihrem Wunsche fruchtbar sein oder nicht, und der Sprößling wird in einer Stunde zu derselben Größe, welche die Aeltern haben, heranwachsen. Damit der Gläubige für die Genüsse dieser wonnereichen Region vollständig ausgestattet sei, so wird er in der Blüthe der Männlichkeit, in dem Alter von dreißig Jahren und in Adams Gestalt, welcher dreißig Ellen maß, aus dem Grabe auferstehen; er wird auferstehen mit allen seinen Fähigkeiten, welche für einen Zustand übernatürlicher Vollkommenheit erhöht sind; mit den Geschicklichkeiten von hundert Menschen und mit den Wünschen und Begierden, welche durch den Genuß eher gereizt als übersättigt werden.
    Diese und ähnliche Seligkeiten sind dem geringsten unter den Gläubigen verheißen; es giebt jedoch Grade ebenso der Wonne wie des Verdienstes; aber was die Genüsse betrifft, welche den treuesten Dienern bereitet sind, so fand Mohammed die Kraft zur Schilderung erschöpft und machte gern von der biblischen Stelle Gebrauch, daß es solche Dinge sein sollten, welche kein Auge sehen, kein Ohr gehöret hätte, und die in das Herz keines Menschen gedrungen wären.
    Die Erklärer des mohammedanischen Gesetzes unterscheiden sich in ihren Ansichten über den Sinn der
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