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Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)

Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)

Titel: Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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Handlungen gelegt. Das Gewicht eines Sonnenstäubchens oder Senfkorns läßt die Schaalen sinken und steigen, und von dem Uebergewicht der einen oder der andern hängt die Beschaffenheit des Richterspruches ab. In diesem Augenblick erfolgt die Ausgleichung jedes Unrechtes und jeder Beleidigung. Derjenige, welcher den Nächsten ungerecht behandelte, muß demselben mit einem Theil seiner eigenen guten Thaten entschädigen, oder wenn er sich keiner rühmen kann, eine verhältnißmäßige Last von den Sünden des andern auf sich nehmen.
    Auf die Prüfung durch die Waage folgt das Gottesurtheil der Brücke. Die ganze versammelte Menge muß Mohammed über die Brücke Serat folgen, welche so fein wie die Schneide eines Säbels ist und über den Schlund der Gehenna oder Hölle führet. Ungläubige und sündige Moslemen werden auf derselben in Finsterniß hinkriechen und in den Abgrund stürzen; aber die Gläubigen werden mit Hülfe eines strahlenden Lichtes mit der Schnelligkeit der Vögel über dieselbe schreiten und in das Reich des Paradieses eingehen. Die Vorstellung von dieser Brücke und von dem schrecklichen Reiche der Hölle soll theilweise von den Juden, hauptsächlich aber von den Magiern entlehnt sein.
    Die Hölle ist eine von allen Arten von Schrecknissen starrende Gegend. Sogar die Bäume haben sich krümmende Schlangen statt der Aeste, und diese tragen statt der Früchte Teufelsköpfe. Wir enthalten uns, bei den Einzelheiten dieses fürchterlichen Ortes zu verweilen, da sie mit peinlicher und oft Ekel erregender Ausführlichkeit geschildert werden. Nach der Beschreibung besteht sie aus sieben Abtheilungen, welche sich unter einander befinden und in der Art und Größe der Qualen verschieden sind. Die erste Abtheilung ist für die Gottesleugner bestimmt, welche den Schöpfer und die Schöpfung in Abrede stellen und wähnen, daß die Welt von Ewigkeit her sei; die zweite für die Manichäer, welche zwei Urwesen annehmen, und für die arabischen Götzendiener aus Mohammeds Zeitalter; die dritte für die Brahminen Indiens; die vierte für die Juden; die fünfte für die Christen; die sechste für die Magier oder Feueranbeter Persiens; die siebente für die Heuchler, welche ohne Glauben nur mit dem Munde bekennen. Der grimmige Engel Thabeck, d. h. der Vollstrecker, hat über dieses Schreckensgebiet die Herrschaft.
    Wir müssen bemerken, daß die allgemeine Beschaffenheit der Hölle und die Vertheilung der Strafen in derselben zu mannichfaltigen Erläuterungen unter den moslemischen Lehrern Veranlassung gegeben haben. Einige von ihnen behaupten, und es ist auch eine beim Volke beliebte Lehre, daß Keiner von denen, welche an Allah und seine Propheten glauben, zu ewiger Strafe verdammt werde. In angemessenen Leidenszeiten, welche von neunhundert bis zu neuntausend Jahren aufsteigen, würden die Sünden derselben abgebüßt. Einige von den menschenfreundlichsten unter den Lehrern bestreiten die Ewigkeit der Höllenstrafen für irgend eine Classe der Sünder, indem sie sagen, daß sogar die Ungläubigen, da Gott allbarmherzig ist, muthmaßlich Vergebung erlangen würden. Diejenigen, welche einen Vermittler haben, wie die Christen an Jesus Christus, würden zuerst befreit werden. Die Freisinnigkeit dieser ehrenwerthen Ausleger dehnt sich jedoch nicht so weit aus, daß sie dieselben in das Paradies unter die wahrhaft gläubigen Moslemen eintreten lassen, sondern sie halten dafür, daß dieselben nach einer langwierigen Bestrafung durch Vernichtung von ihren Qualen befreit werden würden.
    Zwischen der Hölle und dem Paradiese liegt Al Araf, d. h. die Trennung, eine freudlose Gegend, welche zur Aufnahme der kleinen Kinder, der Wahnwitzigen, der Blödsinnigen und anderer solcher Wesen bestimmt ist, die weder Gutes noch Böses gethan haben; für solche auch, deren gute und böse Thaten sich gegenseitig aufheben, obschon diese durch Mohammeds Vermittelung in das Paradies eingelassen werden können, wenn er durch Anbetung die Waage zu Gunsten derselben neigt. Die Bewohner dieses Raumes können auf jeder Seite mit ihren Nachbarn, mit den Seligen und mit den Verdammten, verkehren, so daß Al Araf für die in der Hölle als Paradies und für die in dem Paradiese als Hölle erscheint.
Al Jannat oder der Garten.
    Wenn der wahre Gläubige alle Untersuchungen oder Proben bestanden und alle Sünden abgebüßt hat, so erquickt er sich in dem Pool des Propheten. Das ist ein See mit wohlriechendem Wasser, der eine Monatsreise im Umfange
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