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Das Leben Findet Heute Statt

Das Leben Findet Heute Statt

Titel: Das Leben Findet Heute Statt
Autoren: Bruder Paulus Terwitte
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war eindeutig: «Deswegen sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, dass ihr etwas zu essen habt, noch um euren Leib und darum, dass ihr etwas anzuziehen habt. Ist nicht das Leben wichtiger als die Nahrung und der Leib wichtiger als die Kleidung? Seht euch die Vögel des Himmels an: Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in Scheunen; euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie? Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Zeitspanne verlängern?» . (Mt 6, 25   –   27)
    Diese Haltung bewirkte, dass sie auf ihre Mitmenschen angewiesen waren. Wer nichts besitzen will, verweist darauf, dass alles in dieser Welt sein Besitz ist, da alles von Gott, dem Schöpfer aller Dinge, geschaffen wurde. Jede Ordnung, die Menschen sich geben, muss im Blick behalten, dass alles in dieser Welt für alle gegeben ist. Eine Wirtschaftsordnung oder eine Arbeitsordnung, die das übersieht, steht im Widerspruch zum Willen des Schöpfers. Jeder ist auf jeden angewiesen. Keiner darf sich etwas für sich allein so zurücklegen, dass er anderen dauerhaft etwas wegnimmt. Jeder muss sich eine Offenheit bewahren für dieMitmenschen, ja sogar die Mitgeschöpfe, und immer im Blick haben, ob er zum Wohlergehen aller beiträgt.
    Man kann die Entdeckung dieses Aspekts der christlichen Botschaft durch Franziskus nicht hoch genug einschätzen: Der Gottessohn war arm, weil er die Menschen von ihrem verkrampften Festhalten an sich selbst und ihrem Besitz loslösen wollte. Wer ihn hat, hat nichts davon. Wer zu Jesus kommt, wird etwas durch ihn: nämlich ein neuer Mensch, der plötzlich erkennt, dass in dieser Welt alles zusammenhängt. Die Folge dieser Erkenntnis: Wer diese Zusammenhänge zerschneidet, schneidet Menschen vom Reichtum der Welt ab, der allen zur Verfügung stehen soll. Die am meisten bemühte Begründung dafür: Man muss ja schließlich für morgen sorgen. Das ist der Grund, warum die Menschheitsgeschichte ein blutiger roter Faden durchzieht, der zu einem dauerhaften Krieg um Besitz geworden ist. Es gibt keinen mehr, der nicht schon erlitten hätte, dass ihm unrechtmäßig etwas genommen worden ist. Es fehlt an Menschen, die aus dem Wie-du-mir-so-ich-dir ausbrechen. Wie verständlich, dass Jesus im meistgebeteten Basisgebet, dem Vaterunser, den Jüngern die Bitte in den Mund legt: «Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.» Und Franziskus bestimmt für seine Brüder, dass sie ausgewählt sind, die Botschaft vom Reich Gottes zu verkünden: dass sie weder Zank noch Streit beginnen, sondern um Gottes willen jeder menschlichen Kreatur (1   Petr 2, 13) untertan sein sollen und bekennen, dass sie Christen sind.
    Franziskus hat kein Hilfswerk für die Armen gegründet. Unser Gastraum hilft zwar manchem, der uns um Hilfe bittet, aber jeder Arme, der bitten muss, ist für uns Brüder ein Stich ins Herz. Er fordert uns auf, mit ihm nach Möglichkeiten zu suchen, wie er am Reichtum dieser Welt teilhaben kann. Und er stellt uns inFrage, ob wir mit unserem Kloster, so klein und bescheiden es auch sein mag und sowenig es uns auch gehören mag, letztlich nicht doch mitmachen in dieser Welt, in der die Menschen sich auf ihre Besitzinsel retten und dort still hoffen, dass sie ihnen niemand streitig macht. Aus diesem Grund haben die Kapuziner immer wieder neue Wege gesucht, die Notwendigkeiten des Lebens (Alte müssen versorgt, Junge verlässlich ausgebildet werden, Arbeitsorte brauchen ihre Ausstattung) und die Herausforderung, mit den Armen zu leben, in Einklang zu bringen. Denn keiner kann ganz glücklich sein, solange es noch einen Menschen gibt, der in dieser Welt Not leidet.
    Franziskus erkennt, dass Jesus die Grenzen, die Menschen unter sich aufgebaut haben, durchbrochen hat. Er entdeckt die soziale Revolution, die mit der religiösen einherging. Im Lukasevangelium ist das prägnant festgehalten: «Jesus kehrte, erfüllt von der Kraft des Geistes, nach Galiläa zurück. Und die Kunde von ihm verbreitete sich in der ganzen Gegend. Er lehrte in den Synagogen und wurde von allen gepriesen. So kam er auch nach Nazaret, wo er aufgewachsen war, und ging, wie gewohnt, am Sabbat ins Gotteshaus. Als er aufstand, um aus der Schrift vorzulesen, reichte man ihm das Buch des Propheten Jesaja. Er schlug es auf und fand die Stelle, wo es heißt: ‹Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat
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