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Das Landmädchen und der Lord

Das Landmädchen und der Lord

Titel: Das Landmädchen und der Lord
Autoren: ANNE HERRIES
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–, würde das alles nicht geschehen. Eigentlich hätte sie wissen müssen, dass du unfähig bist, auf dich selber aufzupassen.“
    „Wäre es Tante Agathas Wunsch gewesen, dich zu ihrem Erben einzusetzen, hätte sie es sicher getan.“ Obwohl Amelia in ruhigem Ton sprach, schwang kontrollierter Zorn in ihrer Stimme mit. „Wie sie mir erklärte, hat sie dich und deine Söhne zur Genüge bedacht. Wir haben zwar denselben Vater, Michael, aber verschiedene Mütter, und Tante Agatha liebte meine Mutter.“
    „Da sie Vaters Tante war, besitze ich die gleichen Rechte wie du, Amelia. Trotzdem werde ich das Testament nicht anfechten. Sonst würde ich einen Skandal heraufbeschwören. Und wie du sehr wohl weißt, hasse ich es, unliebsames Aufsehen zu erregen. Aber du solltest einiges wiedergutmachen und wenigstens deinen Neffen helfen.“
    „Vielleicht werde ich mich irgendwann dazu entschließen, wenn ich den Eindruck gewinne, sie würden es verdienen. Aber das ist einzig und allein meine Entscheidung. Von dir lasse ich mir keine Vorschriften machen …“
    Schuldbewusst zuckte Susannah zusammen, als ein Zweig knackte, auf den offenbar jemand getreten war. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie schamlos lauschte. Sie kehrte in die Richtung des Hauses zurück und begann zu laufen, denn sie vermutete, Miss Royston und der Mann würden die Laube verlassen. Natürlich wollte sie nicht gesehen werden.
    Beklemmende Verlegenheit trieb ihr das Blut in die Wangen. Offenbar hatte sie einen Streit zwischen Miss Royston und ihrem Bruder, Sir Michael, mit angehört. Welch eine aufschlussreiche Diskussion! Wäre Mamas Name nicht erklungen, hätte sie sicher nicht gelauscht. Aber sie hatte wissen wollen, worum es bei dieser Debatte gegangen war. Die arme Miss Royston! Also hatte Mama nicht grundlos befürchtet, die Freundin wäre von ihrer Familie schlecht behandelt worden. Kein Wunder, dass Amelia nicht mehr bei ihren Verwandten wohnen mochte …
    In der Nähe der Zufahrt blieb Susannah stehen und ordnete ihre Gedanken. Hinter Büschen verborgen, beobachtete sie, wie Miss Royston ins Haus ging. Gleichzeitig erklang das Räderrollen einer Kutsche, die davonfuhr.
    Einfach schrecklich, dass Sir Michael glaubte, Mama und sie selbst würden die Großzügigkeit seiner Schwester ausnutzen! Hätte sie nur das gehört, würde sie ihre Mutter bitten, sofort mit ihr abzureisen. Aber Miss Royston hatte ihre Gäste energisch verteidigt. Außerdem war es offensichtlich, dass der Gentleman sich nur deshalb so ärgerte, weil er Tante Agathas Erbe für sich selbst beanspruchte. Welch ein widerwärtiger Mensch musste das sein, der mit seiner Schwester in diesem schroffen Ton sprach!
    Letzten Endes entschied Susannah, das belauschte Gespräch sollte ihr die Freude auf die Londoner Saison nicht verderben, und sie wandte sich zum Haus. In diesem Moment öffnete sich die Tür, und die Haushälterin winkte sie zu sich.
    „Kommen Sie, Miss Hampton, Miss Royston wartet auf Ihre Mutter und Sie.“
    „Oh, vielen Dank.“ Susannah folgte ihr in die Halle. „Hoffentlich bin ich nicht zu lange durch den Garten gewandert.“
    „Selbst wenn es so wäre, würde Miss Royston Ihnen nicht zürnen, Miss. Sie ist sehr gutmütig. Aber ich kann Sie beruhigen, Sie haben sich nicht verspätet“, versicherte Mrs. Winters.
    „Ich war nur in der Nähe der Rosenlaube“, erklärte Susannah und errötete. „Hat Miss Royston oft Besuch?“
    „Seit Lady Agatha Sawles Tod führte sie ein sehr zurückgezogenes Leben. Hin und wieder lädt sie jemanden ein – nur Freunde ihrer Tante.“
    „Kommt ihre Familie manchmal hierher?“
    „Nein, Miss.“ Mrs. Winters presste die Lippen zusammen. Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: „Seit Tagen spricht Miss Royston nur noch von Ihrem Besuch, und ich sah sie nie zuvor in so guter Stimmung … Ah, da ist Ihre Mama. Miss Royston wartet im Kleinen Salon.“
    Lächelnd musterte Mrs. Hampton ihre Tochter. „Bist du bereit, Liebes?“
    Wenige Sekunden später klopfte die Haushälterin an eine Tür und öffnete sie, um die Ankunft der Gäste zu melden.
    Susannah spähte an ihr vorbei und sah die Hausherrin am Fenster stehen. Sobald Miss Royston die Stimme der Frau hörte, drehte sie sich um.
    Hätte Susannah den Streit nicht belauscht, wäre ihr der Kummer in Amelia Roystons Augen verborgen geblieben. Ihre Mutter bemerkte nichts dergleichen. Freudestrahlend betrat sie den Salon, während Susannah im Hintergrund wartete.
    „Amelia,
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