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Das Land des letzten Orakels

Titel: Das Land des letzten Orakels
Autoren: David Whitley
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Zungenbrecher. Wenn Theo jemals seine Ideen in Bezug auf die Wahlen umsetzt, wirst du dir etwas Griffigeres ausdenken müssen.«
    Mark lachte. »Ich wäre schon froh, wenn Astrea mich nicht ›der Junge‹ nennt, wenn sie glaubt, ich würde es nicht hören.«
    Seufzend nahm Lily Mark die Schriftrolle ab und fing an, sie auszurollen. »Behalte Astrea im Auge«, sagte sie. »Ich weiß, dass Theo den Rat von jemandem braucht, der Erfahrung mit der Regierungsarbeit hat. Aber wenn man ihr die Chance gibt, wird sie vielleicht versuchen, die Macht wieder an sich zu reißen.«
    Mark zuckte mit den Schultern. »Chefinspektor Greaves passt auf sie auf, und die Eintreiber sind ihm gegenüber loyal. Jetzt, da sie wieder aus dem Gefängnis heraus ist, hat sich sogar Poleyn beruhigt. Außerdem weiß Astrea, dass Theo ihren Gatten wieder einsperren lassen könnte, und sie würde seine Sicherheit nicht aufs Spiel setzen. Es wird schon gut gehen.«
    Das Dokument entrollte sich ganz und fiel bis auf den Boden. Während Mark den Inhalt las, wurde er unwillkürlich ein wenig nervös. Das Dokument war wirklich wunderschön, eine Rolle cremefarbenen Pergaments mit handgemalten Verzierungen. Ein Unikat.
    Aber sie waren übereingekommen, das hier gemeinsam zu tun.
    Mark nahm ein Ende der schweren Schriftrolle, Lily das andere. Gemeinsam traten sie an den Rand der Klippe.
    Mit einer schwungvollen Bewegung warfen sie das letzte Originalexemplar des Mitternachts-Statuts über die Felskante. Einen Moment verdrehte es sich anmutig. Dann fiel es hinab und verschwand unter der Wasseroberfläche.
    Lily stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. »Keine Prophezeiungen mehr«, sagte sie. »Keine weiteren Experimente, keine großen Pläne.«
    »Wir sind frei«, sagte Mark.
    Eine Weile blieben sie stumm stehen. Mark war, als stünden sie zum ersten Mal überhaupt aufrecht.
    Lily blickte zum Dock hinüber. In der Ferne, unter dem heller werdenden Himmel, konnte Mark eine rothaarige Gestalt ausmachen, die ihnen zuwinkte. Lily lächelte.
    »Sieht aus, als wären sie fertig«, sagte sie leise. »Jetzt kommen noch die Verabschiedungen.«
    Mark steckte die Hände in die Taschen. »Es gibt keinen Grund, sie allzu lange dauern zu lassen«, sagte er mit fester Stimme. »Ich meine, du gehst ja nicht für immer weg. Dieses Schiff ist nicht so groß, da kann es nicht allzu weit bis zu den alten Ländern sein.«
    »Es gibt jede Menge Platz an Bord«, sagte Lily voller Aufrichtigkeit. »Wenn du mitkommen möchtest, könnten wir bestimmt warten …«
    Mark lächelte. Er hatte darüber nachgedacht, das hatte er wirklich. Die Chance zu entdecken, warum die alte Welt sie im Stich gelassen hatte, wirklich zu erfahren, was dort draußen passiert war. Eine Reise, um ihre ganze Geschichte zu erkunden, ihre wirkliche Geschichte, bevor die Waage-Leute ihre Decke aus Geheimnissen darüber gelegt hatten. Es hörte sich wie ein Abenteuer an.
    Aber er hatte eine Zeitlang genug von Abenteuern. Und in Agora gab es viel zu tun. Die Stadt befand sich nach wie vor im Wiederaufbau. Es musste eine neue, freie Regierung aufgebaut und neue, gerechtere Gesetze verabschiedet werden. Diplomatische Gesandte aus Giseth und Naru mussten empfangen werden. Das allein schon war kompliziert, da die meisten Agoraner noch immer nicht mit der Vorstellung vertraut waren, dass es noch andere Länder gab. Und immer wieder gab es jene Tage, an denen der Direktor einfach jemanden brauchte, mit dem er reden konnte. Und da Lily, Laud und Ben davonsegelten, und sei es auch nur vorübergehend, würde Mark derjenige sein, an den sich der Direktor in den kommenden Monaten verstärkt wenden würde.
    Außerdem hatte er seinem Vater natürlich versprochen, ihn bei einem seiner Angelausflüge zu begleiten. Das wollte er sich um nichts in der Welt entgehen lassen.
    »Ich glaube, es wird genug Abenteuer in Agora geben, bis du wieder zurück bist«, sagte Mark, während er Lilys Blick begegnete. »Außerdem kämpfe ich schon seit sechzehn Sommern«, fügte er hinzu. »Ich glaube, mir käme ein ruhigeres Jahr jetzt ganz gelegen.«
    Lily nickte verständnisvoll. »Tja, ich glaube, es wird Zeit aufzubrechen …«, sagte sie, während sie über die Schulter blickte. »Laud sieht aus, als würde er gleich explodieren, wenn ich mich nicht beeile.«
    Mark konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Du weißt aber schon, warum das so ist, nicht wahr?«, sagte er. Lily hob die Augenbrauen. Mark wies dorthin, wo die roten und
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