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Das Lächeln der Kriegerin

Das Lächeln der Kriegerin

Titel: Das Lächeln der Kriegerin
Autoren: Pilipp Bobrowski
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erschrocken über den Durchmesser der Kriegspfeile, der in etwa dem ihres Daumens entsprach. Blut quoll aus den Wunden und einen Moment lang war Lothiel wie gelähmt.
    Doch der Mann lebte und sie musste helfen. Ohne weitere Vorsicht stürzte sie zu ihm und kniete neben ihm nieder. Der Reiter öffnete die Augen. Groß waren sie, tief und dunkel. Sie erkannte die Verwirrung in ihnen und meinte auch Furcht zu entdecken, doch nachdem sie Lothiel von oben bis unten gemustert hatten, schien der Verwundete erleichtert.
    »Was ist geschehen?«, fragte Lothiel, während sie den Mann genauer untersuchte. Jetzt würde sich auszahlen, was sie von ihrer Mutter gelernt hatte.
    »Ich muss zur Königin … ich habe wichtige Nachrichten für sie!«
    Seine Stimme klang leise und brüchig. Doch die Wunden schienen Lothiel nicht lebensgefährlich. Der eine Pfeil war knapp unter dem rechten Schulterblatt eingedrungen, der andere hätte das Bein des Reiters um ein Haar verfehlt. Der Mann wirkte allerdings sehr geschwächt.
    »Was immer das für Nachrichten sind, sie müssen warten. Ihr müsst Euch erst erholen!«
    »Es bleibt keine Zeit … Rimgarth!«
    »Ihr würdet keine zehn Meilen weit kommen, selbst wenn Ihr es noch auf Euer Pferd schafftet.«
    Der Reiter schloss die Augen.
    Schöne Augen. Traurige Augen. Trotz der hilflosen La ge, in der sich der Mann befand, ahnte Lothiel den hochgewachsenen Krieger in ihm.
    »Kleines … die Botschaft muss nach Arminas … das nächste Dorf … dein Vater … dein Bruder …«
    Lothiel sprang auf. »Da werdet Ihr wenig Glück haben. Vater liegt selbst mit Verletzungen danieder. Einen Bruder habe ich nicht. Die nächste Siedlung ist Waldruh, zu der Ihr in eurem Zustand sicher einen halben Tag unterwegs wäret. Und es liegt in der falschen Richtung. Selbst zu Pferd werdet Ihr vier oder fünf Tage brauchen, um nach Iden zu gelangen. Vorausgesetzt Ihr seid gesund und könnt reiten. Ihr müsst also mit meiner Hilfe und dem Hof vorlieb nehmen, denn weiter werdet Ihr jetzt nicht kommen.«
    Den Reiter schien der harsche Ton in ihrer Stimme zu belustigen, doch er klang sehr ernst, als er flüsterte: »Ich bin Rochon … Rimgarth, die Grenzfeste, wird belagert … vielleicht ist sie schon gefallen … es ist Naurhir … ganz Laindor ist in Gefahr!«
    Lothiel erschrak. »Die Grenzfeste? Ich werde Euch beistehen, so gut ich kann. Ich bringe Euch zu unserem Hof.«
    »Kannst du mir aufs Pferd helfen?«
    »Ich werde es schon schaffen.«
    Es war nicht einfach. Rochon fiel es schwer, sein Stöhnen zu unterdrücken. Zweimal verlor er das Bewusstsein und nur der Schmerz brachte ihn in den Wachzustand zurück. Er konnte Lothiel daher kaum unterstützen, während sie versuchte, ihn auf den Fuchs zu stemmen, dem das auch nicht sonderlich gefiel. Neben dem Gewicht Rochons bereiteten ihr die Pfeile Sorgen, auf die sie Rücksicht nehmen musste, wollte sie seinen Zustand nicht noch verschlimmern. Endlich hatte sie es geschafft. Sie griff dem Pferd in die Zügel und führte es durch den kleinen Bach.
    »Wer hat Euch diese Wunden zugefügt?«, fragte sie, doch sie erhielt keine Antwort. Als sie sich umschaute, sah sie, dass Rochon wieder das Bewusstsein verloren hatte. Er lag vornübergebeugt auf dem Rücken des Pferdes, den Kopf an dessen kräftigen Nacken gelehnt. Lothiel führte das Tier, so schnell sie es wagen konnte, ohne Rochon zu schaden.
    Sie dachte über die wenigen Worte des Boten nach. Wurde die Grenzfeste tatsächlich belagert? War sie vielleicht schon eingenommen? Lothiel konnte sich nicht vorstellen, wie jemand die befestigten Tore einreißen oder die starken und hohen Mauern überwinden sollte.
    Aber hatte sie nicht davon geträumt? Wieder sah sie die brennenden Häuser und Türme der Stadt. Es war nur ein Traum gewesen, doch hatte sie in ihm auch den Reiter gesehen, dem sie nun begegnet war. Er musste es sein!
    Sie erreichte den Hof und rief nach Naneth. Lothiel erzählte hastig, was geschehen war. Gemeinsam schafften sie den stöhnenden Verletzten ins Haus und legten ihn auf Naneth’ Schlafstatt. Dann hieß die Mutter Lothiel das Pferd versorgen. Lothiel wäre gern bei dem jungen Mann geblieben. Sie brachte den Fuchs in den Stall, gab ihm Hafer und rieb ihn mit Stroh ab. Dabei ging sie sorgsam vor, beeilte sich aber, wieder ins Haus zu kommen.
    Rochon lag unverändert neben Adar und hatte die Augen geschlossen. Der Vater betrachtete ihn nachdenklich. Naneth hatte Wasser aufgesetzt und braute mit viel
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