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Das Lächeln der Kriegerin

Das Lächeln der Kriegerin

Titel: Das Lächeln der Kriegerin
Autoren: Pilipp Bobrowski
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habe ich den Torwächtern schon manchen Streich gespielt«, sagte Gilborn.
    »Ob sich eine solche Qual dafür lohnt?« Lothiel betrachtete ihr Kleid. Es war an den Seiten aufgerissen und darunter zogen sich blutige Striemen über ihre Haut.
    »Warte ab.«
    Sie liefen durch die Unterstadt zum Haupttor und grüßten die Wachen mit lauten Rufen und ausladenden Gesten. Den Männern stand der Mund offen und sie machten dumme Gesichter. Hinter dem Tor blieben die beiden stehen, denn sie konnten ihr Lachen nicht mehr zurückhalten.
    »Du hast Recht«, sagte Lothiel. »Dafür kann man die Quälerei in Kauf nehmen.«
     
    Zurück auf dem Markt kauften sie bei Meister Basthir ein Brot und brachten es zu Cennan, der mit seiner Arbeit längst fertig war.
    Der Abschied von Gilborn fiel Lothiel nicht leicht, doch sie versprach, ihn wieder zu besuchen, wenn sie ihren Va ter zum Frühjahrsmarkt begleitete. Dann kehrte sie zu Adar zurück. Er war nahezu alles losgeworden, was er zum Verkauf mitgebracht hatte: den Kohl, die Rüben, einen Sack Gerste, zwei Sack Roggen, die getrockneten Kräuter, den Käse, die Eier, den Honig, die Ferkel und einiges von der Seife, die Naneth gemacht hatte.
    Sie packten zusammen und spannten Tass vor den kleinen Wagen. Lothiel erbettelte sich bei Adar ein paar Nod, mit denen sie von dem großen Spieß, von dem es so verführerisch roch, ein saftiges Stück Wildschweinbraten erstehen konnte. Vater machte noch einige Einkäufe und sie brachten den Hafer für den Grafen zum Stallmeister. Dann begaben sie sich wie am Vorabend zu den Quartieren der Wache im zweiten Ring, wo Adar immer Unterkunft fand. Lothiel bereitete sich ihre Schlafstatt in einer Ecke des großen Speiseraums im Wachgebäude. Sie fühlte sich wohl, dachte noch ein wenig über die Ereignisse des Tages nach, lauschte den gedämpften Stimmen der Männer, die sich mit Vater unterhielten, und sank in einen tiefen Schlaf.
     
    Am nächsten Morgen machten sie sich früh auf den Weg. Ihr Hof lag nah am westlichen Rand der Grafschaft und sie hatten eine lange Tagesreise vor sich. Mit dem Sonnenaufgang verließen sie die Grenzfeste auf der Oststraße nach Westen, die die Feste mit Arminas, der Königsstadt, verband. Außerhalb der äußeren Stadtmauern drängten sich noch eine Weile die neueren Häuser der Unterstadt an der Straße. Als die Stadtgebäude schließlich von Gehöften abgelöst wurden, kamen sie zu Suldurs Mühle. Hier holten sie den Sack Roggen ab, den sie dem Müller auf der Herfahrt zum Mahlen gebracht hatten, und verkauften ihm den zweiten Sack Gerste.
     
    Vater Adar war auf der Rückfahrt schweigsam. Lothiel wusste, dass ihn Sorgen plagten. Der letzte Winter war streng gewesen, der Sommer zu trocken. Sie hatten weit weniger für den Verkauf am Markt übrig gehabt als in den Jahren zuvor. Drei ihrer Schweine hatten den Winter nicht überlebt. Nun blieben ihnen nur noch zwei Säue und der Eber. Die Ferkel hatten sie dennoch alle verkaufen müssen. Auch einige Hennen waren ihnen eingegangen und sie hatten eine Ziege verloren. Dann die schlechte Ernte …
    Vielleicht wäre es einfacher, den Hof aufzugeben und in die Grenzfeste zu ziehen. Beschützt von den strammen Wachen in ihren schicken Waffenröcken. In einer Stadt, in der das Leben brodelte. Und mit der Möglichkeit, Freunde zu finden. Einen hatte sie ja schon. Aber Adar und Naneth hatten nach den Grenzkriegen genug vom Leben in der Fe ste gehabt. Der Hof, abseits von allem Trubel, war ihr Traum gewesen. Seit fast zwanzig Jahren lebten sie nun in der Stille am Weidenbach und Lothiel gefiel es dort gut. Sicher würden ihr in der Stadt bald die Straßen zu eng, die Menschen zu viele und sie würde sich nach dem plätschernden Bach, den weiten Wiesen und dem schattigen Wald sehnen. Aber sie spürte auch, dass an Adar und Naneth die Zeit nicht spurlos vorübergezogen war. Lothiel half, wo sie nur konnte, doch es war nicht zu übersehen, dass sich ihre Eltern zunehmend Sorgen um die Zukunft des Hofes machten.
    »Wir werden es schon schaffen«, sagte sie und kuschelte sich an Vaters Schulter. Er drückte sie an sich und gab ihr lächelnd einen Kuss auf die Stirn.
     
    Auf der belebten Oststraße gab es für Lothiel viel zu sehen. Bauern trieben Vieh zum Markt, Händler fuhren mit ihren Waren in die Stadt, Gaukler und Spielmänner waren in die eine oder andere Richtung unterwegs, hin und wieder trafen sie auf einen Mann der Bräuche. Selbst in diesen friedlichen Zeiten stießen sie auf
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