Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lächeln der Kriegerin

Das Lächeln der Kriegerin

Titel: Das Lächeln der Kriegerin
Autoren: Pilipp Bobrowski
Vom Netzwerk:
gelehrt.«
    »Dürfte ich dann höflichst darum bitten, hier nicht ste hen zu bleiben? Ich dachte, wir wollen zum Markt.«
    Lothiel lachte. Gilborns Fröhlichkeit gefiel ihr.
    »Wer zuerst am Stand deines Vaters ist!«, rief er und flitzte davon.
    Lothiel hatte Mühe, ihm zu folgen. Sie besaß keine Übung darin, durch die engen Gassen zu jagen und sich an den vielen Menschen vorbeizudrängen. Immer wieder musste sie ihren Lauf bremsen. Sie stieß mit schimpfenden Bürgern zusammen oder stolperte über gackerndes und quiekendes Vieh. Als sie schließlich keuchend und stöhnend bei Vater Adar anlangte, grinste ihr Gilborn schon frech entgegen.
    »Erster!«, rief er ihr zu.
    »Zweite«, antwortete Lothiel und diesmal mussten beide laut lachen.
    Vater Adar betrachtete sie verwundert, dann aber lächel te er. »Na, wen haben wir denn da?«
    »Das ist Gilborn«, erklärte Lothiel, »der neue Lehrbub von Meister Cennan. Er will auch Kesselflicker werden.«
    »Noch lieber ginge ich ja zur Wache wie mein Vater. Aber in diesen verdammt friedlichen Zeiten braucht der Graf keine Männer mehr.«
    »Na, junger Mann«, scherzte Adar, »würdest du dich denn ein Weilchen um meine Tochter kümmern und sie auf euren Wegen beschützen?«
    »Natürlich.«
    Lothiel strahlte. »Braucht Ihr mich denn nicht, Vater?«
    »Nun, heute werde ich ohne dich auskommen. Sei nur rechtzeitig zurück und vergiss den Kessel nicht. Und bleibe immer bei Gilborn.«
    Lothiel kamen die nächsten Stunden wie die schönsten ihres Lebens vor. Zwar gab es auch auf dem heimischen Hof viel Beschäftigung – und nicht immer war es harte Arbeit – , doch das war etwas anderes. Gilborn zeigte ihr seine Lieblingsecken in der Feste, stellte sie anderen Kindern vor, sie spielten Fangen und Verstecken, kletterten über Zäune und Wälle und wenn sie müde wurden, setzten sie sich, redeten über das Leben in der Stadt oder Lothiel erzählte von ihren Jagderlebnissen. Dann zeigte Gilborn ihr das Haus seiner Eltern in der Unterstadt.
    Als sie auf dem Rückweg den Wachen am Haupttor zunickten, schien Gilborn eine Idee zu haben. Er zog Lothiel von der Hauptstraße weg. »Kannst du ein Geheimnis bewahren?«
    Lothiel sah ihren neuen Freund an. »Sicher«, flüsterte sie aufgeregt.
    »Dann komm!«
    Wieder zog er sie hinter sich her. Sie liefen ein gutes Stück südwärts, Lothiel konnte das Tor längst nicht mehr sehen, bis sie zu einem kleinen Kanal kamen, der unter der Außenmauer hinausführte.
    Gilborn betrachtete Lothiel von oben bis unten, dann ließ er sich auf die Knie nieder. »Schau!«
    Lothiel hockte sich neben ihn und spähte durch das niedrige Loch in der Mauer. Es wurde auf beiden Seiten von Dornenbüschen überwuchert. Der Kanal floss hier über eine schmale Stufe abwärts. Zwei rostige Eisenstangen teilten das Wasser unter der Mauer. Lothiel schaute zu Gilborn und zuckte die Schultern.
    »Komm mir einfach nach«, sagte er.
    Lothiel schüttelte entschieden den Kopf. »Kein Mensch passt da durch.«
    Gilborn antwortete nicht. Er kroch in den Kanal und rüttelte an einer der Stangen. »Unten ist sie lose.« Er zwängte sich in den noch immer sehr schmalen Spalt. Die Dornen, die sich in seine Kleidung bissen, beachtete er nicht. Er schaukelte vor und zurück.
    Bei Tyaro, jetzt steckt er fest. Lothiel überlegte, wie sie ihm helfen könne.
    Doch Gilborn gab nicht auf. Schließlich kam er frei. »Versuch es«, rief er von der anderen Seite.
    »Ich weiß nicht …« Lothiel betrachtete die Dornen. Selbst wenn sie es schaffen sollte, würde es sicher sehr schmerzhaft werden.
    »Traust du dich nicht?«
    Lothiel ballte die Fäuste und schob sich vorwärts. Schwer umspülte sie die dunkle Brühe. Wie frisch und klar war dagegen das Wasser des Weidenbachs. Sie drehte sich auf die Seite und presste sich zwischen die Eisenstäbe. Der rechte schob sich ein wenig zur Seite, doch das schaffte kaum mehr Platz für ihren Körper. Sie bewegte sich hin und her, ver suchte sich vorwärts zu stemmen. Ein stechender Schmerz im Rücken. Sie ignorierte ihn, biss, als weitere Stiche folgten, die Zähne zusammen. Die Stäbe zwängten sie ein, sie begann wild zu strampeln, kam nicht vor, nicht zurück.
    »Ruhig«, hörte sie Gilborn. »Ganz ruhig.«
    Lothiel atmete tief durch. Dann hielt sie die Luft an, drehte sich ein wenig seitlich und schaukelte, wie sie es bei Gilborn gesehen hatte. Jetzt spürte sie, wie sie nach und nach ein Stück nach vorn rutschte. Endlich kam sie frei.
    »So
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher