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Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Titel: Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut
Autoren: Rebecca Gabl
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geregelt.“
    Robin hob leicht die Schultern. „Das Entscheidende ist, dein Urgroßvater war ein unfähiger König. Das Land war zerrissen und in Aufruhr, so wie jetzt. Dabei war er immer voll guter Absichten. Er wäre gerne ein guter König gewesen, da bin ich sicher. Richard hingegen …“
    „Ja, wir wissen alle, wie Richard ist. Er ist ein Despot, ein Tyrann, vielleicht sogar wahnsinnig.“
    „Das halte ich durchaus für möglich. Und du willst uns ihm weiterhin preisgeben, damit die Chronisten schreiben, ‘Henry of Lancaster war ein guter Junge’?“
    „Ich bin nach England gekommen, um mir mein Erbe zu erkämpfen. Lancaster. Mehr will ich nicht.“
    „Aber England will mehr von dir. Du kannst jetzt nicht Lancaster nehmen und den Rest untergehen lassen. Du musst es tun.“ Er unterbrach sich kurz und sah mitfühlend auf den gesenkten, dunklen Kopf. „Ich weiß, es ist schrecklich. Und ich kann dir nicht einmal versprechen, dass die Nachwelt nicht mit dem Finger auf dich zeigt. Doch das darf dich nicht schrecken. Denn es ist zum Wohle Englands.“
    „Oh, bitte, Robin, sag das nicht.“
    „Aber es ist die Wahrheit.“ Er dachte einen Moment nach. Dann lächelte er schwach. „Es erinnert mich beinah an damals, als dein Vater mich zwang, der Earl of Burton zu werden. Ich wollte auch nicht. Ich hatte viele gute Gründe, nicht so edle wie deine, aber immerhin. Und dann hat er mich gefragt, ‘Robin, wie könnt Ihr nur widerstehen, wo Ihr doch daraus machen könntet, was Ihr wollt?’. Ich habe später oft daran gedacht. Es war das beste Argument von allen. Henry, nimm England. Du brauchst nur die Hand auszustrecken, und es gehört dir. Du könntest es wieder zu dem machen, was es einmal war, wer weiß, vielleicht sogar mehr. Tu es, Henry!“
    Die Earls of Northumberland und Worcester, Bischof Arundel und ein paar weitere Würdenträger begaben sich zum Tower und sprachen mit dem König. Sie machten ihn mit den unschönen Realitäten vertraut und appellierten an seine Vernunft. Unter bitteren Tränen dankte König Richard ab. Das Parlament, das sich daraufhin in Westminster versammelte, war das erste wirklich handlungsfähige seit vielen Jahren, und im Bewusstsein ihrer wiedererlangten Macht trugen Lords und Commons Henry of Lancaster die Krone an. Der designierte König führte die Anklage wegen Hochverrats gegen Mortimer Dermond. Es wurde ein recht kurzer Prozess. Die Tatsachen sprachen für sich. Darum, so sagte das Gesetz, konnte man auf eine Anhörung auch gleich verzichten.
    Der Morgen der Hinrichtung war kühl und nebelig, es war Anfang Oktober. Doch noch während sich die Massen der Schaulustigen in Tyburn versammelten, löste der Nebel sich auf, und die Sonne brach hervor. Robin war allein gekommen. Es war noch dunkel gewesen, und er war einer der ersten. Er sah zu, wie die Londoner erst einzeln und gruppenweise, dann in Scharen auf dem großen Platz mit den Galgenulmen eintrafen. Die Frühaufsteher wurden mit den besten Plätzen gleich unter den Bäumen belohnt. So auch Robin. Er saß reglos auf seinem Pferd, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Die Menschen hielten respektvoll Abstand, nicht weil sie ihn erkannten, sondern weil das mächtige Schlachtross gelegentlich nervös tänzelte.
    Als der Zug von Soldaten endlich erschien, erhob sich wie immer ein wildes Gejohle. Kein Henkerskarren war zu sehen. Derartige Bequemlichkeiten standen Verrätern nicht zu.
    Mortimer lag mit dem Gesicht nach unten auf einem hölzernen Gestell, an das er an Händen und Füßen gefesselt war. So hatten sie ihn hergeschleift. Das Gestell hatte die schlimmsten Auswirkungen des Schleifens verhindert; es war eigens zu dem Zweck erdacht worden, dass die Verurteilten nicht schon tot an der Hinrichtungsstätte ankamen, was früher gelegentlich geschehen war. Doch es war weit vom Tower bis nach Tyburn und unendlich schmachvoll, den Weg durch die ganze Stadt auf diese Weise zurückzulegen. Als sie Mortimer losbanden und auf die Füße zerrten, sah Robin, dass er von Kopf bis Fuß mit Dreck und Straßenkot beschmiert war, und er stand leicht gekrümmt. Vermutlich hatte er sich ein paar Rippen gebrochen.
    Die Menge zischte bedrohlich, Kohlköpfe und Eier prasselten auf ihn nieder. „Tod dem Verräter!“ brüllten sie. Eine Gruppe von Tuchmacherlehrlingen skandierte: „Reißt ihm das Herz raus, reißt ihm das Herz raus!“ Keine fröhlichen, wenn auch oft makabren Segenswünsche ertönten, wie die Londoner sie den
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