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Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)

Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)

Titel: Das Labyrinth von Ragusa: Roman (German Edition)
Autoren: Gisbert Haefs
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Dann erkundigte er sich nach der Druckerei, und ich erzählte ihm von dem Drukker aus Speyer, der bei Johannes Gutenberg in Mainz gelernt hatte und dann nach Venedig gewandert war, um dort mit der neuen Kunst Geld zu verdienen. Lauras Großvater hatte mit ihm zusammengearbeitet, Geld in das Geschäft gesteckt und dieses schließlich übernommen. Als Lauras Vater das Erbe antrat, gab es in Venedig über einhundertfünfzig Druckereien, die Bücher, Einladungen, Gesetzestexte, amtliche Verlautbarungen und alles mögliche andere druckten – schöne, gut gestaltete Bücher aus Venedig waren in ganz Europa begehrt, aber schließlich gab es mehr Angebot als Nachfrage, die Preise sanken, manche Drucker gaben das Geschäft auf, andere machten Schulden und hofften auf bessere Tage ...
    »Und das, was du da schreibst, willst du das in eurer Drukkerei zum Buch machen lassen?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Wen würde denn kümmern, was ich zu berichten habe? Die, die solche Geschichten mögen, können nicht lesen; und die lesen können, wollen schöne Ausgaben von Cicero, Plato, Aristoteles, Dante oder der Heiligen Schrift. Außerdem ...«
    »Ja, ja, ja, ich weiß, du wirst hier sterben.«
    »Und wenn es dir gelingt, alles nach Venedig zu schicken, zu meinen Kindern, wird man wahrscheinlich feststellen, daß ich einiges geschrieben habe, was nicht bekannt werden darf.«
    »Bellini und die Spione?«
    »Dies und anderes. Und selbst wenn meine Kinder es später einmal drucken lassen wollen, werden sie es nicht drucken dürfen.« Ich leerte den Becher und stand auf.
    »Und jetzt willst du, wie ich das sehe, weiter das schreiben, was eigentlich keiner lesen darf?«
    »So ist es, mein Freund. Ich hoffe, du weißt es zu schätzen, daß du es lesen darfst, bevor es den venezianischen Aufsehern in die Hände fällt.«
    Goran schüttelte den Kopf. »Ich darf nicht.«
    »Nein?«
    »Nein – ich muß.«

    Ein paar Tage nach dem Maskenball traf ich Bellini zufällig auf dem Markusplatz. Da er keineswegs in Eile zu sein schien, lud ich ihn in eine Schänke ein, die ein schmackhaftes Getränk anbot, das keinen eigenen Namen hatte: Zitronensaft, Wasser, Zimt, Honig, ein wenig Wein. Bellini kannte es noch nicht; nach dem ersten Schluck setzte er den Becher ab, starrte hinein und nickte.
    »Gut, sehr ... neuartig. Nicht billig, nehme ich an.«
    »Für einen alten Freund und ein paar neue Auskünfte ist mir nichts zu teuer.«
    Er grinste. »Hätte ich mir ja denken können. Was willst du wissen?«
    »Was machen eure Spione?«
    »Kummer und Sorgen.«
    »Also nichts Neues?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Dann sag mir doch, was aus diesem Türken geworden ist.«
    »Karim Abbas? Der ist Araber.«
    »Habt ihr ihn heimgeschickt?«
    »Wir haben ihn gebeten, möglichst schnell die Lande der Serenissima zu verlassen und nicht bald wiederzukehren.«
    »Und?«
    Bellini zuckte mit den Schultern. »Er ist abgereist – natürlich. Aber nicht so, wie wir es erwartet hatten.«
    Ich überlegte. »Ihr habt angenommen, daß er das nächste Schiff zu einem türkischen Hafen nimmt oder nach Ragusa?«
    »Statt dessen ist er nach Mailand geritten. Keine Ahnung, was er da will.«
    »In der Lombardei ist doch sicher wie immer etwas los.«
    »Nicht viel. Nicht so viel wie sonst, sagen wir mal so. Die Spanier haben dort irgendwelche Regimenter aufgelöst und neue zusammengestellt, die in den nächsten Tagen herkommen und von hier aus nach Süden gebracht werden. Zur Flotte, die sich für den Krieg bereitmacht. Und sonst? Keine Ahnung.«
    »Vielleicht will Karim Abbas den Spaniern zuschauen. Wenn die zur Flotte sollen, geht’s ja gegen die Osmanen, und da könnte er vielleicht etwas Wichtiges sehen.«
    Bellini nickte. »Mag sein; aber darum sollen sich die Spanier selbst kümmern. Nicht mein Gebiet.«
    »Ich grüble immer noch, wo ich diesen Pater Corgoloin schon gesehen haben könnte.«
    »Deine Neugier ist erbaulich.« Er lachte. »Deshalb will ich dich ja nach Ragusa schicken. Neugierige Männer, die mit der Waffe umgehen können, sind selten geworden.«
    »Wo steckt Corgoloin jetzt? Kann man ihn irgendwo treffen?«
    »Willst du ihn fragen, ob er sich an dich erinnert? Da wirst du reiten müssen; er ist mit Karim Abbas und ein paar Händlern aufgebrochen.«
    Ich schnalzte leise. »Verwunderlich.«
    »Was?«
    »Ein burgundischer Priester, der für den Kaiser arbeitet? Ein Edelmann im Dienst des Sultans? Zusammen in der Lombardei unterwegs?«
    Bellini leerte seinen
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