Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Labyrinth der Wörter

Titel: Das Labyrinth der Wörter
Autoren: Marie-Sabine Roger
Vom Netzwerk:
intelligent sein eine Sache des Willens wäre, dann wäre ich ein Genie, das kann ich wohl sagen. Denn angestrengt habe ich mich! Aber es ist, als wollte ich mit einem Suppenlöffel einen Graben ausheben. Alle anderen haben Schaufelbagger, nur ich stehe da wie ein Trottel. Im wahrsten Sinn des Wortes.

 
    D en Abend habe ich nicht mit ihnen verbracht. Als Julien gegen zehn Uhr in der Kneipe aufgetaucht ist und gefragt hat: »Na, wie steht’s mit der Revanche für gestern?«, da habe ich gesagt: »Nee, ich muss noch was besorgen.«
    »Um zehn Uhr abends? Meinst du nicht eher … eine Lieferung?«, hat Landremont gemeint und sich zwischen die Beine gefasst. »Wenn es der Laden ist, den ich vermute, brauchst du dir keine Sorgen machen, der hat die ganze Nacht auf. Grüß Annette schön von mir, ja?«
    »Fahr zur Hölle!«, habe ich geantwortet.
    Er hat sich kaputtgelacht und weiter das Maul aufgerissen: Ich hätte im Grunde schon recht, Mädchen wären wie Flaschen – erst zur Brust nehmen, dann wegschmeißen.
    Manchmal ist er wirklich ordinär.
    Ich habe gesagt: »Damit kennst du dich ja gut aus … mit Flaschen.«
    Jojo hat von der Küche her gepfiffen. »Hoho! Ein Punkt für dich, Germain! Und ein schöner dazu!«
    »Das hat gesessen, wie?«, meinte Marco in Landremonts Richtung.
    Der hat nur mit den Schultern gezuckt, aber er war beleidigt, und das hat mich gefreut.
    Francine war gerade dabei, den Tresen abzuwischen, sie hat gelacht und gesagt: »Was glaubt ihr denn? Germain ist der Hellste von euch vieren! Und der Netteste dazu!Stimmt’s, Germain? Die anderen sind nur neidisch, die können dir den Buckel runterrutschen!«
    Ich habe ja gesagt und mich mit zwei Küsschen von ihr verabschiedet. Francine nimmt mich immer in Schutz, ich glaube, sie hat mich gern. Ich glaube sogar, ein bisschen mehr als das, aber für den Fall, dass ich falschliege, will ich der Sache lieber nicht auf den Grund gehen. Außerdem ist Youssef ein guter Kumpel, da werde ich ihm nicht hinterrücks ein Kind anhängen, das ist eine Frage des Anstands.
    Davon abgesehen ist sie mir persönlich auch ein bisschen zu alt.
    Ich bin zu Annette gegangen. Nicht nur, um Sachen mit ihr zu machen. Bei Annette kann ich mich ausruhen – sozusagen, denn wenn wir uns sehen, drehen wir selten Däumchen.
    Das erste Mal zwischen ihr und mir habe ich nicht vergessen. Es war nach dem Fest am 1. Mai. Wir hatten miteinander getanzt, und dann ist plötzlich ein Gewitter losgegangen. Es hat gegossen wie aus Kübeln. Der Wind ist stürmisch geworden, und es wurde auf einen Schlag kalt. Annette hatte ihr Auto gleich neben dem Dorfplatz geparkt, da hat sie angeboten, uns nach Hause zu fahren. Wir haben ja gesagt. Bei dem Wetter würden wir ja wohl kein Taxi ausschlagen! Und sicherer war es auch, denn Marco war sternhagelvoll.
    Wir haben Marco und Landremont zuerst abgesetzt, hinter dem Ortsausgang. Dann sind wir umgedreht, um Julien und seine Freundin Laetitia heimzubringen, die inzwischen nicht mehr seine Freundin ist, jetzt hat er Céline, und das war ein guter Tausch, denn Laetitia war schon ein ziemliches Miststück. Jetzt darf man das sagen, die Sache ist verjährt.
    Zum Schluss sind wir dann zu mir gefahren. Und da hat Annette mich gefragt: »Regnet es bei dir nie rein bei so einem Wetter, in deinen Wohnwagen?«
    »Nein, nie. Aber ich werde mir heute Nacht sicher einen abfrieren. Mein Ölradiator hat den Geist aufgegeben, und ich habe nicht daran gedacht, mir einen neuen zu kaufen. Im Mai, wer denkt denn da an so was!«
    »Willst du bei mir schlafen?«
    Und da sie schon so fragte, mit einer Hand auf meinem Schenkel, und weil mich die Blues-Tanzerei ganz heißgemacht hatte, habe ich ja gesagt. Was hätten Sie denn getan?
    Ich war noch nie bei Annette gewesen. Ich fand ihre Wohnung hübsch eingerichtet, aber ich war nicht zum Besichtigen gekommen. Annette hat uns einen Kaffee gekocht, und dann hat sie sich zu mir gesetzt. Ich fragte mich gerade, wie ich die Sache anfangen sollte, aber da hat sie die Initiative ergriffen. Das hat mich nicht mal schockiert. Dabei mag ich es eigentlich nicht besonders, wenn Mädchen gleich über einen herfallen. Das ist nicht sehr weiblich, finde ich. Aber abgesehen davon ist es praktisch, das muss ich schon zugeben. Na ja, jedenfalls war das damals meine Meinung. Ich war noch etwas ungehobelt. Seitdem ist einiges passiert. Ich sehe die Dinge nicht mehr so wie früher, auch was Sex angeht. Mein Gehirn ist oben, mein Schwanz ist
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher