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Das Labyrinth der Ratten

Das Labyrinth der Ratten

Titel: Das Labyrinth der Ratten
Autoren: Philip K. Dick
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das gleich erledigen willst. Verstehst du?«
    »Ich verstehe.«
    »Selbsterhaltung.«
    »Ja.« Er nickte.
    »Ich habe diesen Instinkt. Du nicht? Wo ist er bei dir?«
    »Fort«, sagte er.
    »Fort selbst dann, wenn ich das Büro in Paris übernehme?«
    Er griff mit der einen Hand nach dem Tomatensaft, steckte mit der anderen die drei Tabletten in den Mund, hob das Glas ... er schloß die Augen, spürte den kühlen, feuchten Rand des Glases an den Lippen und dachte an die harte, kühle Dose Bier, die Lilo Toptschew ihm vor so langer Zeit, bei der ersten Begegnung in Fairfax, gegeben hatte. Als sie versuchte, mich zu töten, dachte er.
    »Warte«, sagte Lilo.
    Er öffnete die Augen, behielt die drei Tabletten im Mund, unaufgelöst, weil sie, um das Schlucken zu erleichtern, mit einem Überzug versehen waren.
    »Ich habe ein Gerät, das umgeschmiedet wurde von Artikel – na, es spielt keine große Rolle, woher es stammt«, sagte Lilo. »Du hast es schon benutzt. Ich habe es hier gefunden.
    Orville.«
    »Sicher«, sagte er undeutlich, wegen der Tabletten auf seiner Zunge. »Ich weiß, ich erinnere mich. Wie geht es Orville denn so?«
    »Hol seinen Rat ein, bevor du es tust«, sagte Lilo.
    Das klang vernünftig. Er spuckte die unaufgelösten Tabletten vorsichtig aus und schob sie, klebrig, wie sie waren, in seine Pyjama-Brusttasche, blieb sitzen und wartete, während Lilo das komplizierte elektronische Ex-Lenksystem holte, das zur Hausbelustigung und Krypto-Gottheit geworden war: Orville. Den glatten, kleinen Kopf, den, und das wußte Lilo nicht, er zuletzt in Gesellschaft von Maren Faine konsultiert hatte.
    Sie legte Orville vor ihn auf den Frühstückstisch.
    »Orville«, sagte Lars, »wie, zum Teufel, geht es dir heute?« Du, der du einmal Waffenentwurf 202 gewesen bist, dachte er. Aufmerksam auf dich hat mich übrigens Maren Faine gemacht. Du und deine vierzehntausend – oder sind es sechzehn- oder achtzehntausend? – Miniaturbauteile, du arme, umgeschmiedete Mißgeburt. Kastriert, wie ich, vom System.
    »Mir geht es gut«, erwiderte Orville telepathisch.
    »Bist du derselbe, genau derselbe Orville, den Maren Faine...«
    »Derselbe, Mr. Lars.«
    »Wirst du mir wieder Richard Wagner im Original zitieren?« fragte Lars. »Denn wenn du das tust, wird es diesmal nicht genügen.«
    »Das ist richtig«, krächzten Orvilles Gedanken in seinem Gehirn. »Das erkenne ich. Mr. Lars, wollen Sie mir eine bestimmte Frage stellen?«
    »Du begreifst die Situation, vor der ich stehe?«
    »Ja.«
    »Sag mir, was ich tun soll.«
    Es gab eine lange Pause, als die riesige Zahl von Miniaturbauteilen des ursprünglichen Lenksystems 202 in Aktion trat. Er wartete.
    »Wollen Sie die sorgfältig ausgearbeitete, voll dokumen tierte Antwort mit allen Zitaten«, fragte Orville schließlich, »einschließlich des Quellenmaterials in attischem Griechisch, Mittelhochdeutsch, Latein und ...«
    »Nein«, sagte Lars. »Kondensier das.«
    »Ein Satz?«
    »Oder weniger. Wenn möglich.«
    Orville antwortete: »Nehmen Sie dieses Mädchen, Lilo Toptschew, mit ins Schlafzimmer und üben Sie Geschlechtsverkehr mit ihr aus.«
    »Statt ...«
    »Statt sich zu vergiften«, sagte Orville. »Auch statt vierzig Jahre zu vergeuden, indem sie auf etwas warten, das aufzugeben Sie sich schon entschlossen hatten – und das haben Sie nicht berücksichtigt, Mr. Lars –, als Sie nach Fairfax flogen, um Miss Toptschew das erstemal zu treffen. Sie hatten schon aufgehört, Maren Faine zu lieben.«
    Es wurde still.
    »Ist das wahr, Lars?« fragte Lilo.
    Er nickte.
    »Orville ist schlau«, sagte Lilo.
    »Ja«, bestätigte er. Er stand auf, schob den Stuhl zurück, ging auf sie zu.
    »Du willst seinen Rat befolgen?« sagte Lilo. »Aber ich bin schon halb angezogen. In fünfundvierzig Minuten müssen wir an der Arbeit sein. Alle beide. Es bleibt keine Zeit.«
    Aber sie lachte glücklich, mit ungeheurer Erleichterung.
    »O doch«, sagte Lars. Und hob sie hoch und trug sie zum Schlafzimmer. »Es bleibt gerade genug Zeit.« Als er die Schlafzimmertür mit dem Fuß zustieß, sagte er: »Und gerade genug ist genug.«

    32

    Tief unter der Erdoberfläche, in der schäbigen, billigen Wohnung 2 A in dem am wenigsten begehrten Gebäude des großen Ringes von alten Häusern um die Festung Washington stand Surley G. Febbs am Ende eines wackligen Tisches, an dem fünf Personen saßen.
    Fünf beliebige, gemischte Personen, und dazu er. Aber sie waren von Univox 50 R, dem offiziellen
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