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Das Labyrinth der Ratten

Das Labyrinth der Ratten

Titel: Das Labyrinth der Ratten
Autoren: Philip K. Dick
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gestern gerauchten Zigarren und schnitt eine Grimasse.
    »Vom lateinischen Caritas. Was Liebe oder Hochschätzung bedeutet.«
    »Hm.«
    »Der heilige Hieronymus hat es als Übersetzung für das griechische Wort agape gebraucht, was noch mehr bedeutet.«
    Lilo trank stumm ihren Kaffee.
    »Agape«, sagte Lars am Fenster, auf die Wohnhäuser von New York hinausblickend, »heißt Ehrfurcht vor dem Leben, etwas in dieser Art. Es gibt keinen englischen Ausdruck dafür. Aber wir besitzen die Eigenschaft noch.«
    »Hm.«
    »Und die fremden Wesen hatten sie auch«, sagte er. »Das war die Handhabe, mit der wir sie vernichtet haben.«
    »Mach ein Ei.«
    »Okay.« Er drückte Knöpfe am Herd.
    »Kann ein Ei denken?« fragte Lilo plötzlich.
    »Nein.«
    »Kann es fühlen, was du gesagt hast? Agape?«
    »Natürlich nicht.«
    »Dann verlieren wir, wenn uns intelligente Eier angreifen«, sagte Lilo, als sie das warme, dampfende Spiegelei auf dem Teller gereicht bekam.
    »Hol dich der Teufel«, sagte Lars.
    »Aber du liebst mich. Ich meine, es macht dir nichts aus. In dem Sinn, daß ich sein kann, was ich bin und du nicht billigst; aber du läßt es mich trotzdem sein. Speck?«
    Er drückte andere Knöpfe, für ihren Speck und seinen Toast, Apfelmus, Tomatensaft, Marmelade, heiße Frühstücksflocken.
    »Für mich fühlst du also nicht Agape«, entschied Lilo, während der Herd nach Anweisung der Reihe nach die Speisen hervorbrachte. »Wenn, wie du sagst, Agape soviel wie Caritas bedeutet, und Caritas heißt, daß man sich kümmert. Es würde dich, zum Beispiel, nicht kümmern, wenn ich ...« Sie überlegte. »Angenommen, ich beschlösse, wieder nach Foks-Ost zurückzukehren, statt deine Niederlassung in Paris zu übernehmen, wie du möchtest«, sagte sie. »Wie du mich drängst.« Sie fügte nachdenklich hinzu: »Damit ich sie noch vollständiger ersetze.«
    »Das ist nicht der Grund, warum ich möchte, daß du mein Pariser Büro leitest.«
    »Hm ...« Sie aß, trank, überlegte. »Vielleicht nicht, aber gerade vorhin, als ich hereinkam, hast du zum Fenster hinausgeblickt und gedacht: Was wäre, wenn sie noch lebte? Nicht wahr?«
    Er nickte.
    »Ich hoffe zu Gott, daß du mir nicht vorwirfst, daß sie das getan hat«, sagte Lilo.
    »Ich gebe dir nicht die Schuld«, erklärte er, den Mund voll heißer Frühstücksflocken. »Ich begreife nur nicht, wo die Vergangenheit hingeht, wenn sie dahingeht. Was ist aus Maren Faine geworden? Ich meine nicht, was an dem Tag geschehen ist, als sie sich mit der – Beretta getötet hat. Ich meine, wo ist sie? Wo ist sie hingegangen?«
    »Du bist heute noch nicht ganz wach. Hast du dir das Gesicht kalt abgewaschen?«
    »Ich habe alles getan, was ich tun werde. Ich begreife es nur nicht. An einem Tag gab es eine Maren Faine, und dann plötzlich nicht mehr. Und ich war in Seattle und lief herum. Ich habe es nicht gesehen.«
    »Ein Teil von dir hat es gesehen«, sagte Lilo. »Aber auch wenn du es nicht gesehen hast, bleibt es dabei, daß es keine Maren Faine mehr gibt.«
    Er legte den Löffel hin.
    »Was kümmert es mich? Ich liebe dich. Und ich danke Gott – ich finde es unfaßlich –, daß nicht du es warst, die von dem Splittergeschoß getötet worden ist, wie ich zuerst dachte.«
    »Hättest du uns beide haben können, wenn sie am Leben
    geblieben wäre?«
    »Sicher.«
    »Nein. Ausgeschlossen. Wie denn?«
    »Ich hätte es auf irgendeine Weise fertiggebracht«, sagte Lars.
    »Sie am Tag, ich bei Nacht? Oder sie montags, mittwochs und freitags, und ich ...«
    »Der menschliche Geist könnte von dieser Situation einfach nicht besiegt werden, wenn die Chance vorhanden wäre. Eine vernünftige Chance, ohne diese Beretta und das, was sie getan hat. Weißt du, was mir der alte Vincent Klug gezeigt hat, als er als dieser sogenannte alte Kriegsteilnehmer zurückkam? Es ist nicht unmöglich, zurückzugehen.« Er nickte.
    »Aber jetzt noch«, sagte Lilo. »Vielleicht ist es in fünfzig Jahren möglich.«
    »Das ist mir egal«, erklärte er. »Ich möchte sie nur sehen.«
    »Und dann?«
    »Dann würde ich in meine eigene Zeit zurückkehren.«
    »Und du wirst dein Leben fünfzig Jahre lang, oder wielange es dauert, vertrödeln und darauf warten, daß sie den Zeitkrümmungsgenerator erfinden.«
    »Ich habe das von KACH prüfen lassen. Unzweifelhaft betreibt bereits jemand Grundlagenforschung. Nun, da man weiß, daß es so etwas gibt. Es wird nicht lange dauern.«
    »Warum schließt du dich ihr nicht an?«
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