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Das Kreuz der Kinder

Das Kreuz der Kinder

Titel: Das Kreuz der Kinder
Autoren: Peter Berling
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verachteten Namen
mit dem üblen Nachgeschmack selbststrafend auf der
Zunge zergehen – »dem ich zuvor nicht einmal meinen
Handschuh hingeworfen!«
Rik schnaubte nachträglich vor Erregung; die so weit
zurückliegende, längst verdrängte Vergangenheit drohte
ihn plötzlich wieder einzuholen, all die Unvernunft, Fehler
und Versäumnisse…
Der Emir klopfte ihm beruhigend auf die Schulter.
»Wenn es dich zu sehr erregt«, lenkte er ein, »in der ›IchForm‹ über dich Auskunft zu geben, dann versuche es
ruhig weiter als unbeteiligter Erzähler –.«
»Es geht um schonungslose Rechenschaft – und zwar
vor mir selbst!« hielt Rik trotzig dagegen, ›über ein
verpfuschtes Leben!‹ wollte er hinzusetzen, doch dann fiel
ihm ein, daß dies als unhöflich, ja undankbar angesehen
werden konnte, und er schwieg betroffen.
Kazar Al-Mansur machte sich Vorwürfe, den Freund
derart bedrängt zu haben, andererseits brannte er darauf,
alles in Erfahrung zu bringen, was mit Melusine irgendwie
zusammenhing. »Kehren wir also in den dunklen Wald
zurück, den ihr gerade betreten habt«, schlug er
vermittelnd vor. »Ich lasse euch jetzt endlich allein – mit
diesem so entsetzlich langsam schreibenden Gärtner?«
Er hatte sein Angebot fragend ausgesprochen, doch Rik
nickte nur grimmig. Der Emir schritt zur Tür und hieß den
Mönch wieder herbeiholen, doch dann wandte er sich
noch einmal um zu Rik. »Dieser Marius, der ja eine
Erzählung nur gerafft wiedergeben kann – so flink wie er
die Feder handhabt –.« flocht er spöttisch ein, »ist
wenigstens bei seiner Wortwahl hoffentlich nicht so
langweilig wie im Umgang mit Tinte und Pergament!«
»Mir ist es lieber, er nimmt sich seine Zeit« , verteidigte
Rik wider besseres Wissen den Mönch, »nicht die
niederschreibende Hand sollte die Erzählform bestimmen,
sondern allein der Erzähler.«
Diese Zurückweisung war Kazar Al-Mansur nicht
gewillt zu schlucken. »Und wann bringt der formende
Erzähler seine erhabene Sprache endlich« – seine Stirn
verfinsterte sich – »auf das eigentliche Anliegen, mein
Anliegen, um dessentwillen ich mir das alles anhören
muß, ritterliche Drachentöter, wundersame
Brunnenbohrungen, grüne Schafe und das geteilte Meer –
wie einst Abraham?«
»Moses!« wandte Rik schulmeisterlich ein. »Wenn Ihr
mich nicht gerade dann unterbrochen hättet, stünde
Melusine bereits vor Euch, so wie sie mir damals
erschienen – und wie Ihr sie erlebtet!«
Der Emir entschied sich gegen das Knallen der Tür und
umarmte stattdessen den Freund, zumal gerade der Mönch
erschien und dahinter Moslah, der Majordomus,
angewatschelt kam.
»Wir sind nicht in der Lage, Euren Freund, den Doktor
aufzutreiben. Ali el-Hakim ist weggezogen – in die
Wüste.«
Moslah hielt es nicht für nötig, Bedauern zu heucheln.
Der Emir hatte den Schatten der Enttäuschung über Riks
Gesicht huschen sehen. »Als Ersatz bemüht sich unser
Moslah« – er wies, ohne sich umzudrehen, auf den
neugierig hinter ihm Aufgetauchten – »um Timdal, den
Mohren des Obereunuchen von Tunis, der ihn uns mit
größtem Vergnügen zur Verfügung stellen soll!«
Moslah, der Baouab mochte seinen Unwillen über diesen
Auftrag nicht verbergen. »Dieser freche kleine Mohr –.«,
maulte er.
»– wird uns eine große Hilfe sein!« führte Rik den Satz
fort und warf erleichtert einen Blick auf Marius, den dieser
sofort dankbar auffing.
»Deswegen laß ich ihn mitnichten nach Mahdia
verbringen!« dämpfte der Emir geschickt zuerst die
Erwartungen, um sie dann sofort wieder aufleben zu
lassen. »Der Mohr hat mehr Phantasie im Herzen als
krause Haare auf dem Kopf!«
Sein Lob – ein versteckter Tadel für Rik – kannte keine
Grenzen. »Sein Reichtum an Ideen hat zudem den Vorteil,
daß er sie auch in Worte zu fassen weiß«, schwärmte
Kazar Al-Mansur. »Sein Witz wird euch Beine machen!«
Das sagte er zwar in Richtung des Mönches Marius, aber
Rik hatte verstanden. »– seine Kunst, so anschaulich zu
formulieren, daß man glaubt, es mit Händen greifen zu
können, soll die Euren« – der Mönch starrte betreten auf
seine plumpen Pranken, »beflügeln, Euren Federkiel
beschwingen, auf daß er den Leser davonträgt, wie auf
einem Fliegenden Teppich!«
Rik senkte betreten sein Haupt, in Wahrheit ärgerte er
sich, daß der Emir ihn so bloßstellte, vor allem vor
Moslah. »Ich wünsche mir«, schloß Kazar Al-Mansur
seine Eloge »daß dereinst Karim, wenn
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